Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Corona: Kliniken holen Notfallpläne raus
Die Stadt verschärft ihre Kontrollen zu Maskenpflicht, verbotenen Treffen in Gruppenstärke und bei der Einhaltung der Quarantäneregeln. Klinikum und Remigius-Krankenhaus ordnen Personal aus OP-Bereich auf die Intensivstationen ab.
LEVERKUSEN Der Silberstreif am Horizont ist da, der Wind bis dahin weht allerdings noch sehr rau. So lässt sich der Corona-Lagebericht der Stadt am Freitag beschreiben. Rau in zweierlei Hinsicht:
1. Kontrollen Die Stadt geht strenger gegen Corona-Sünder vor. In dieser Woche ertappte sie 320 Maskenmuffel, sprach 291 Verwarnungen aus und 29 Bußgelder. Der Kommunale Ordnungsdienst spürte 28 verbotene Treffen im öffentlichen Raum auf: fünf Verwarnungen und
23 Bußgelder. „Wir haben unsere Kontrollen intensiviert, auch auf die Einhaltung der Quarantäne-Regelungen hin“, sagte Krisenstabschef Markus Märtens. Der größte Teil der unter Quarantäne Stehenden halte sich an die Auflagen. Einer RP-Leserin war aufgefallen, dass in manchem Wettbüro beziehungsweise davor Betrieb herrsche. Erlaubt ist dies laut Märtens nicht. Dort „ist nur die Entgegennahme der Spielscheine, Wetten und so weiter gestattet. Ein darüber hinausgehender Aufenthalt in den betreffenden Einrichtungen ist unzulässig“, stellte er klar.
2. Krankenhäuser „Bei uns gab es eine Zuspitzung am Dienstag mit gleich zwölf neuen Corona-Patienten“, berichtet Utz Krug, Ärztlicher Direktor am Klinikum. Sechs Betroffene auf der Intensivstation würden beatmet, zwei seien sehr schwer erkrankt. Am Dienstag hatte es den Höchststand von 36 Fällen gegeben. Die Kapazitäten der Intensivstation seien soweit ausgeschöpft, dass das Klinikum vorsorglich drei Zusatzbetten einrichtete, zudem kann in der kommenden Woche eine weitere Überwachungsstation in Betrieb gehen. Dafür braucht es Personal. Das Klinikum zieht es aus dem OP-Bereich dafür ab. Geplante, nicht dringliche Operationen werden verschoben. Thomas Karls vom Remigius-Krankenhaus bestätigt die Zuspitzung der Lage zum Wochenende: Zehn Corona-Patienten im Remigius-Krankenhaus, zwei in Sankt Josef. Zwei liegen auf der Intensivstation, einer wird seit längerem beatmet. „Wir holen unsere Notfallpläne raus. Ab kommender Woche werden OP-Mitarbeiter auf der Intensivstation arbeiten, geplante Operationen werden abgesagt. Die Situation ist angespannt“, sagte er.
Besucherreglung Übers Wochenende bleibt sie wie gehabt. Am Dienstag wollen die Krankenhäuser sich erneut dazu beraten.
Gesundheitsamt/Tests 89 Kräfte sind in der neuen Corona-Einheit beschäftigt, von der Hotline für Kitas, Schulen und einzelne Anrufer bis zur Ordnungsverfügung. Kitas und Schulen haben eine direkte Durchwahl, betonte Gesundheitsdezernent Alexander Lünenbach. Und verteilte Lob an die 21 Helfer der Bundeswehr bei der Nachverfolgung. „Die Zusammenarbeit klappt hervorragend.“Die Umsetzung der Schnelltest-Strategie – 26.000 hat die Stadt bestellt, sie sollen zunächst in Alten- und Pflegeeinrichtungen zum Tragen kommen – soll bis Ende des Monats erfolgen.
Lage und Impfstoffaussicht Gesundheitsamts-Chef Martin Oehler unterstrich, dass Masketragen solange die Kernbotschaft sei, bis ein flächendeckender Impfstoff da ist. „In Leverkusen ist die Lage stabil, wir sind deutlich unter der 200er-Inzidenz-Marke. Das kann vorsichtig optimistisch stimmen.“Aber: NRWweit sei dies noch nicht geschafft. Verhalten optimistisch stimmen Oehler auch die beiden Impfstoffkandidaten, die bald zur Verfügung stehen könnten. „Aber erstmal nicht für alle. Wir müssen dann priorisieren“, kündigte er an.
Die Stadt hat die Planung eines Impfzentrums „plus mobile Formen“gestartet. „Die zentrale Frage ist: Welche Akzeptanz hat ein Impfstoff in der Bevölkerung.“Oehler räumte mit dem Vorurteil auf, die RNA-basierten Impfstoffe könnten in die DNA eines Menschen „reinpfuschen. „Das ist vollkommen ausgeschlossen, die Sorge ist absolut unbegründet.“Der Impfstoff auf RNA-Basis habe den Vorteil, dass die Antikörper vom Geimpften selbst produziert werden und nicht erst künstlich hergestellt werden müssten. Der Impfstoff stehe so viel schneller zur Verfügung.
Derweil überlegt das Klinikum an einer Studie zu „rekonvaleszentem Patienten-Plasma“, also zu Plasma von Corona-Genesenen, teilzunehmen. Diese „passive Impfung mit Antiköpern“könnte Schwerkranken helfen, bis die aktive Impfung möglich sei, berichtete Utz Krug. „Das ist aber nicht gesichert, sondern vorerst eine Studie“, ergänzte der Mediziner.