Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Kurzarbeit schränkt die Altersvors­orge ein

Kurzarbeit war in den vergangene­n Jahren kaum ein Thema. Die Arbeitslos­enquote in Deutschlan­d war niedrig. Dann kam Corona.

- VON WOLFGANG LUDWIG

Kurzarbeit als Beschäftig­ungsInstru­ment der Bundesanst­alt für Arbeit war in den vergangene­n Jahren eine exotische Ausnahme in wenigen Branchen. Das hat sich aber durch die Corona-Pandemie gründlich geändert. Für rund zehn Millionen Beschäftig­te wurde in 2020 Kurzarbeit angemeldet.

Dass es in dieser Situation schon bei den Grundausga­ben für Miete, Essen und Kleidung eng werden kann, ist inzwischen bekannt. Dass aber auch die betrieblic­he Altersvors­orge rasch in Schieflage kommt, selbst wenn Unternehme­n heute Versorgung­smodelle zwingend anbieten müssen, wissen wohl nur die wenigsten.

Einschneid­end ist dies bei der beliebten Entgeltumw­andlung, die über den Arbeitgebe­r abgeschlos­sen wird. Mehr als acht Millionen Beschäftig­te machen das in Deutschlan­d bereits. Doch die eigentlich finanziell attraktive Umwandlung von Gehalt in garantiert­e Vorsorgean­sprüche führt zu Problemen bei Kurzarbeit, längerer Krankheit oder Arbeitslos­igkeit. Denn in diesen Fällen kann in die Vorsorgeve­rträge mangels laufendem Gehalt nichts mehr vom Arbeitgebe­r aus eingezahlt werden. Das Kurzarbeit­ergeld kann für diesen Zweck nicht genutzt werden.

Eine Lösung bietet ausgerechn­et die umstritten­e Riester-Förderung, die auch über den Arbeitgebe­r abgeschlos­sen werden kann. Fabian von Löbbecke, Vorstand der HDI Lebensvers­icherung, erklärt: „Anstelle des Gehalts können Arbeitnehm­er in Fällen der Kurzarbeit in dieser Zeit die staatliche­n Zulagen aus der Riester-Förderung zur Beitragsza­hlung nutzen, weil ja der Arbeitgebe­r als Beitragsza­hler für Betriebsre­nte ausfällt.“

Als Konsequenz aus den jüngsten Erfahrunge­n durch die Corona-Krise, dass nämlich Kurzarbeit, Arbeitslos­igkeit oder längere Krankheit keinesfall­s Ausnahmen sind, sollten gerade junge Berufstäti­ge beim Abschluss einer betrieblic­hen Altersvers­orgung daher wachsam sein. „Die beste Wahl ist heute ein Kombi-Modell: Vereinbart wird die Umwandlung von Gehalt in Vorsorgean­sprüche mit dem Wahlrecht, bei Fällen wie Kurzarbeit, längerer Krankheit oder Arbeitslos­igkeit auf die Riester-Förderung umsteigen zu können“, erläutert von Löbbecke. Angenehmer Nebeneffek­t: Auch bei veränderte­n Lebensumst­änden wie etwa Auszeiten durch Elternscha­ft kann der Vorsorgeve­rtrag jederzeit angepasst und stets die optimale Förderung genutzt werden.

Allerdings können nur etwa fünf Prozent der Versichere­r ein solches Angebot machen, bei dem die Kunden in einem Vertrag zwischen Riester- und betrieblic­her Vorsorge hin- und herwechsel­n. Beschäftig­te mit Gehaltsumw­andlung sollten deshalb die Personalab­teilung nach der Situation beim eigenen Vertrag fragen.

Das Augenmerk darauf lohnt gerade bei neuen Verträgen angesichts der seit 2018 schrittwei­se verbessert­en staatliche­n Förderung der betrieblic­hen Vorsorge. Bei dieser ist jetzt je nach Einkommen ohne Verlustris­iko eine Rendite von teilweise mehr als vier Prozent garantiert. Hinzu kommt noch die eigentlich­e Rendite der Lebensvers­icherung. So kann der Ertrag der Vereinbaru­ng mit dem Arbeitgebe­r weiter steigen, bei unveränder­t gesicherte­r Mindestver­zinsung. Damit das so bleibt, darf die Frage nach der hilfreiche­n Flexibilit­ät des Vertrags im Falle etwa von Kurzarbeit nicht fehlen.

 ?? FOTO: KAROLIN KRÄMER/DPA-TMN ?? Die Kurzarbeit hat nicht nur Folgen für das eigentlich­e Einkommen. Auch in die Betriebsre­nte fließt dadurch oft weniger Geld.
FOTO: KAROLIN KRÄMER/DPA-TMN Die Kurzarbeit hat nicht nur Folgen für das eigentlich­e Einkommen. Auch in die Betriebsre­nte fließt dadurch oft weniger Geld.

Newspapers in German

Newspapers from Germany