Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Fitnessstudios fordern Strategiewechsel der Politik
Eine ungewohnte Stille herrscht im Fitness Centrum Temming/Mähler, die Sportgeräte sind verlassen. Der „Lockdown Light“trifft nun schon zum zweiten Mal Marcus Temming und Dirk Mähler, die beiden Inhaber des Fitnessstudios an der Konrad-Adenauer-Straße. Wie es nun für sie im Dezember weitergeht und welche Konsequenzen aus dem Lockdown entstehen, ist noch unklar.
Seit Monatsbeginn dürfen die Fitnessstudios in Nordrhein-Westfalen nicht mehr öffnen – rechtmäßig, wie jüngst das Oberverwaltungsgericht feststellte und Eilanträge gegen die Schließung ablehnte. Anfang November wiederholte Ministerpräsident Armin Laschet, dass die Maßnahmen nur befristet sein. „Es gilt das Ziel: Am 30. November sollen die Maßnahmen beendet werden.“Doch ob es dabei bleiben wird, ist in den vergangenen Wochen immer ungewisser geworden. „Wir hängen in der Luft. Ohne Perspektive zu bleiben, ist schlimm“, fügt Marcus Temming hinzu. Die Kosten laufen weiter, auch wenn viele Mitglieder ihre Beiträge weiterhin zahlen würden. „Es ist traurig, dass nicht differenziert wird, sondern alle Studios schließen müssen“, sagt Temming mit Blick auf das Hygienekonzept. Ein Strategiewechsel der Politik müsse kommen.
„Der Regierung ging es darum, hohe Kontaktzahlen zu vermeiden. Der Argumentation kann ich folgen, aber es muss perspektivisch gedacht werden“, sagt Dirk Mähler. Denn der Lockdown stelle die beiden Studiobetreiber nicht nur vor Existenzfragen, auch psychologisch betrachtet sei er „eine harte Geschichte“, wie Dirk Mähler erklärt. Denn der Beruf sei für ihn eine Berufung, die er an sieben Tagen der Woche ausübt. „Hier kann nichts passieren, im Gegenteil, hier wird das Immunsystem gestärkt“, erklärt Marcus Temming.
Mögliche Infektionsketten könnten sie minutengenau nachverfolgen, da sich jeder Kunde in eine Liste eintragen muss. Dass zurzeit gar kein Sport stattfinde, sei besonders schwierig für die Senioren, sagt Temming. Für die social-media-affine Generation stellen zwar die Sportlehrer Videos auf ihre Facebook-Seite, um sich zu Hause in
Form zu halten, Senioren würden aber oft die technischen Möglichkeiten fehlen.
Michel Küster, Inhaber von Body Health Fitness in Aufderhöhe und Wald, sagt, es sei für ihn schwierig, den „Lockdown Light“neutral zu betrachten. Dennoch empfinde er die Schließung der Fitnessstudios als unverhältnismäßig, „weil das
Robert-Koch-Institut genau benennen konnte, wie die Infektionszahlen in Fitnessstudios sind“, erklärt er. So sei es kaum zu Infektionen in Sportstätten gekommen. Die Zahlen würden gegen einen Lockdown der Studios sprechen. Die Zeit im Frühjahr wurde genutzt, die Filiale in Wald zu renovieren. Momentan findet dort die zweite Renovierungsphase statt. „Wenn man als mittelständisches Unternehmen lange am Markt bleiben möchte, muss man investieren“, so Küster. Große Rücklagen zu bilden, würde sich nicht lohnen. Die staatlichen Förderungen würden sich nur an den Einnahmen orientieren, die Investitionen aber nicht berücksichtigen.
Die starken Monate vor dem Sommertief – Januar bis Mai – seien schwächer ausgefallen, der erneute Lockdown falle nun wieder in die Hauptzeit. „Das ist schon schmerzhaft.“Den Betrieb könne er sofort von null auf 100 hochfahren, erklärt Michel Küster.