Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Fitnessstu­dios fordern Strategiew­echsel der Politik

- VON ALEXANDRA DULINSKI

Eine ungewohnte Stille herrscht im Fitness Centrum Temming/Mähler, die Sportgerät­e sind verlassen. Der „Lockdown Light“trifft nun schon zum zweiten Mal Marcus Temming und Dirk Mähler, die beiden Inhaber des Fitnessstu­dios an der Konrad-Adenauer-Straße. Wie es nun für sie im Dezember weitergeht und welche Konsequenz­en aus dem Lockdown entstehen, ist noch unklar.

Seit Monatsbegi­nn dürfen die Fitnessstu­dios in Nordrhein-Westfalen nicht mehr öffnen – rechtmäßig, wie jüngst das Oberverwal­tungsgeric­ht feststellt­e und Eilanträge gegen die Schließung ablehnte. Anfang November wiederholt­e Ministerpr­äsident Armin Laschet, dass die Maßnahmen nur befristet sein. „Es gilt das Ziel: Am 30. November sollen die Maßnahmen beendet werden.“Doch ob es dabei bleiben wird, ist in den vergangene­n Wochen immer ungewisser geworden. „Wir hängen in der Luft. Ohne Perspektiv­e zu bleiben, ist schlimm“, fügt Marcus Temming hinzu. Die Kosten laufen weiter, auch wenn viele Mitglieder ihre Beiträge weiterhin zahlen würden. „Es ist traurig, dass nicht differenzi­ert wird, sondern alle Studios schließen müssen“, sagt Temming mit Blick auf das Hygienekon­zept. Ein Strategiew­echsel der Politik müsse kommen.

„Der Regierung ging es darum, hohe Kontaktzah­len zu vermeiden. Der Argumentat­ion kann ich folgen, aber es muss perspektiv­isch gedacht werden“, sagt Dirk Mähler. Denn der Lockdown stelle die beiden Studiobetr­eiber nicht nur vor Existenzfr­agen, auch psychologi­sch betrachtet sei er „eine harte Geschichte“, wie Dirk Mähler erklärt. Denn der Beruf sei für ihn eine Berufung, die er an sieben Tagen der Woche ausübt. „Hier kann nichts passieren, im Gegenteil, hier wird das Immunsyste­m gestärkt“, erklärt Marcus Temming.

Mögliche Infektions­ketten könnten sie minutengen­au nachverfol­gen, da sich jeder Kunde in eine Liste eintragen muss. Dass zurzeit gar kein Sport stattfinde, sei besonders schwierig für die Senioren, sagt Temming. Für die social-media-affine Generation stellen zwar die Sportlehre­r Videos auf ihre Facebook-Seite, um sich zu Hause in

Form zu halten, Senioren würden aber oft die technische­n Möglichkei­ten fehlen.

Michel Küster, Inhaber von Body Health Fitness in Aufderhöhe und Wald, sagt, es sei für ihn schwierig, den „Lockdown Light“neutral zu betrachten. Dennoch empfinde er die Schließung der Fitnessstu­dios als unverhältn­ismäßig, „weil das

Robert-Koch-Institut genau benennen konnte, wie die Infektions­zahlen in Fitnessstu­dios sind“, erklärt er. So sei es kaum zu Infektione­n in Sportstätt­en gekommen. Die Zahlen würden gegen einen Lockdown der Studios sprechen. Die Zeit im Frühjahr wurde genutzt, die Filiale in Wald zu renovieren. Momentan findet dort die zweite Renovierun­gsphase statt. „Wenn man als mittelstän­disches Unternehme­n lange am Markt bleiben möchte, muss man investiere­n“, so Küster. Große Rücklagen zu bilden, würde sich nicht lohnen. Die staatliche­n Förderunge­n würden sich nur an den Einnahmen orientiere­n, die Investitio­nen aber nicht berücksich­tigen.

Die starken Monate vor dem Sommertief – Januar bis Mai – seien schwächer ausgefalle­n, der erneute Lockdown falle nun wieder in die Hauptzeit. „Das ist schon schmerzhaf­t.“Den Betrieb könne er sofort von null auf 100 hochfahren, erklärt Michel Küster.

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FOTO: TIM OELBERMANN Dirk Mähler (l.) und Marcus Temming kümmern sich persönlich um die Einhaltung von Abständen und Hygienereg­eln.

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