Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ein Leutnant im Corona-Einsatz
Bei Anrufen von möglicherweise Infizierten verschweigt der 33-Jährige vorsichtshalber, dass er Soldat ist. Er gehört zu den Bundeswehr-Unterstützern bei der Kontaktverfolgung im Gesundheitsamt der Stadt.
Seit knapp zwei Wochen sind 21 Soldaten einer Marinefliegereinheit aus Nordholz in Leverkusen, um das Gesundheitsamt bei der Kontaktverfolgung zu unterstützen. Leutnant zur See Arthur Bock gewährt Einblicke in die Arbeit.
Wie sind Sie in Leverkusen aufgenommen worden?
Das war sehr positiv. Am Dienstagabend hat uns der Bürgermeister in Empfang genommen. Die Leute sind alle nett und zuvorkommend. Ich hatte das Gefühl, dass sich alle auf uns gefreut haben, weil es doch viel Arbeit ist. Mittwochvormittag haben wir eine Einweisung erhalten, dann konnten wir am Mittag schon mit der Arbeit beginnen.
Bock
Wie sieht die aus?
Wir unterstützen das Gesundheitsamt bei der Verfolgung von Coronapatienten und deren Kontaktpersonen. Das bedeutet, wir versuchen herauszufinden, mit wem die positiv Getesteten Kontakt hatten. Es ist viel bürokratische Arbeit beim Gesundheitsamt, es werden viele Akten bearbeitet, da helfen wir so gut es geht.
Bock
Wie läuft so eine Kontaktverfolgung ab?
Wir kriegen eine Akte von einem positiv auf Corona getesteten Menschen, den wir dann anrufen. Manchmal wissen die ihr Ergebnis schon, manchmal überbringen wir die Botschaft des positiven Tests. Wir fragen nach dem Wohlbefinden und ob die Person Symptome aufweist. Da haben wir von den Ärzten eine Einweisung erhalten, was abzufragen ist. Dann geht es darum, mit wem die Person in einem Haushalt wohnt, mit wem sie Kontakt hatte und wie intensiv der war.
Bock
Und die werden dann auch informiert?
Genau. Wenn wir die Kontaktdaten haben, melden wir uns bei ihnen und sagen, dass sie einen Corona-Test machen müssen und, je nachdem wie eng der Kontakt war, in Quarantäne gehen müssen.
Bock
Wie lange dauert so eine Verfolgung?
Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Mancher hat nur einen Kontakt, da geht es schnell, andere haben viele Kontakte, da werden die Listen schnell lang. Auch die
Bock
einzelnen Gespräche sind sehr unterschiedlich. Manchmal ist das in zwei, drei Minuten erledigt, bei anderen kann es auch mal eine Viertelstunde dauern, wenn die Menschen ins Plaudern kommen. Da ist Einfühlungsvermögen gefragt.
Welche Reaktionen erhalten Sie von den Leuten?
Meistens sind die Leute nett und entspannt, verhalten sich kooperativ. Es gibt aber auch Ausnahmen. Manche wollen davon gar nichts hören oder es heißt, man werde den Test verweigern.
Bock
Was für Schwierigkeiten können bei der Nachverfolgungsarbeit auftreten?
Wenn positiv Getestete Kontakt zu Menschen hatten, die in einem Zuständigkeitsgebiet eines anderen Gesundheitsamtes liegen, ist der bürokratische Aufwand etwas höher. Manchmal kommt es auch vor, dass wir nur Namen von Kontaktpersonen haben, aber keine weiteren Daten. Die müssen dann erst
Bock
aufgespürt werden. Und man erreicht ja auch nicht jeden sofort.
Melden Sie sich am Telefon als Leutnant zur See?
Nein, das mache ich nicht. Das würde die Leute vielleicht ein bisschen einschüchtern, das wollen wir nicht. Wir sagen, dass wir für das Gesundheitsamt im Einsatz sind. Wenn es sich im Gespräch ergibt, sage ich dann aber doch mal, dass ich von der Bundeswehr bin.
Bock
Eigentlich sind Sie ja in Nordholz, in der Nähe von Cuxhaven, stationiert. Wie sieht dort Ihr Alltag aus?
Ich bin Fluglotse, das heißt ich sitze im Tower und kommuniziere mit den Piloten in den Luftfahrzeugen. Meine Soldaten sind in der ABC-Abwehr (Infanterie), IT, Materialbewirtschaftung, Stabsdienst, Flugsicherheit (Fluglotse) und Platzmeisterei eingesetzt, also aus vielen verschiedenen Abteilungen, damit die Abläufe in Nordholz in unserer Abwesenheit sicher sind.
Bock
Kommt es häufig vor, dass Soldaten zu Sonderaufträgen abgezogen werden?
Es ist der erste Sonderauftrag dieser Art für mich. Andere Sonderaufträge kommen natürlich häufiger vor. Man bedenke die ganzen Auslandseinsätze. Ich persönlich war bereits dreimal im ISAF-Einsatz (Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe).
Bock
Wie empfinden Sie den Einsatz hier in Leverkusen?
Bock Meine Leute sind teilweise echt froh, mal rauszukommen und mal was anderes machen zu können. Weil uns die ganze Zeit das Gefühl vermittelt wird, dass wir willkommen sind und wir gebraucht werden, ist die Motivation sehr groß.
Bis kurz vor Weihnachten sollen Sie zunächst hierbleiben und helfen. Sind alle Soldaten die ganze Zeit vor Ort?
Wir arbeiten in einem Schichtsystem. Ich habe meine Leute so eingeplant, dass jeder mal alle zwei Wochen für ein Wochenende nach Hause zur Familie kann. Für die Familienväter ist das ganz gut. Ein Teil der Soldaten ist aber immer hier, auch am Wochenende.
Bock
Ein großer Unterschied zur Arbeit in Nordholz?
Viele leben da in der Nähe, da kriegen sie die Familie natürlich häufiger zu Gesicht.
Bock