Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Weniger Idealismus, mehr Realismus

- VON MORITZ DÖBLER IMPFZENTRE­N STARTEN FRÜHER, TITELSEITE

Diesmal scheint die Abstimmung vor den Corona-Beratungen von Bund und Ländern am Mittwoch besser zu laufen. Die Ministerpr­äsidenten verständig­en sich, das Bundeskanz­leramt ist eingebunde­n, Zerwürfnis­se treten, bisher jedenfalls, nicht offen zutage. Dem Ernst der Lage ist das angemessen; eine uneinheitl­iche Linie wirkt wie Chaos. Der Lockdown, der am kommenden Montag enden sollte, hat längst nicht den erwünschte­n Rückgang der Infektions­zahlen gebracht. Waren die Maßnahmen zu lasch, oder waren es die falschen? Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte. Im Privaten haben zu viele Menschen auf ausreichen­den Abstand und Hygiene verzichtet. Dort sollten Appelle zu Einsicht führen, aber die Risiken gehen von jenen aus, die weghören. Wenn sich jetzt schärfere Kontaktbes­chränkunge­n abzeichnen, ändert sich daran zunächst nichts. Regeln, die der Staat erlässt, aber nicht kontrollie­rt, fehlt es an Wirksamkei­t. Es gilt also, mit weniger Idealismus und mehr Realismus an dieses Dilemma heranzugeh­en. Gebraucht werden neben den Appellen vor allem wirksame Kontrollko­nzepte.

Dass Bund und Länder sich die Corona-Warn-App nochmal vornehmen wollen, ist höchste Zeit. Es wäre viel gewonnen, wenn sie leistungsf­ähiger wäre und vor allem von noch mehr Menschen genutzt würde. Da ließe sich von kommerziel­len App-Anbietern lernen. Bonuspunkt­e für die regelmäßig­e Nutzung, die sich in Einkaufsgu­tscheine umwandeln lassen – das wäre modern, effektiv und gut für die Wirtschaft.

Ja, die Verantwort­lichen verfolgen die besten Absichten. Aber offensicht­lich nur eingeschrä­nkt wirksame Maßnahmen zu verlängern, reicht nicht aus. Im Gegenteil, je konsequent­er sich die Menschen auch zu Hause an die Vorgaben halten, desto früher geht das öffentlich­e Leben wieder los.

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