Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Panik bei Corona

Unsichere Zeiten und Krisensitu­ationen können bei manchen Menschen Panikattac­ken auslösen. Die sind harmlos, fühlen sich aber bedrohlich an.

- Unser Autor Sebastian Schöttes ist Facharzt für Psychiatri­e und Psychother­apie in Düsseldorf.

Unsere Leserin Petra Z. (34) aus Goch fragt: „Die Corona-Pandemie macht mir total Angst. Ich kann nicht mehr schlafen, bin unruhig und habe richtig Panik vor einer Ansteckung. Das setzt mir auch körperlich massiv zu. Was kann ich tun, um mich nicht völlig verrückt zu machen?“

Sebastian Schöttes

Die Corona-Pandemie treibt im Moment viele Menschen sorgenvoll um, aus unterschie­dlichen und sehr gut nachvollzi­ehbaren Gründen. Angst ist ein natürliche­s und überlebens­notwendige­s Gefühl. Sie macht uns auf Gefahren aufmerksam. Wir sollen aufpassen und schnell eine Lösung für ein Problem suchen.

Angst kann also gesund sein. Sie kann sich aber auch zur Panik steigern. Dann wird Angst zur Krankheit. Panik hilft nicht, sondern lähmt eher. Die körperlich­en Gefühle, die mit Angst einhergehe­n, wie Herzrasen, Unruhe, Schwitzen, trockener Mund, können uns vormachen, wir seien vielleicht krank. Es sind aber natürliche Phänomene, weil Angst Stresshorm­one freisetzt, die uns maximal wach machen, flucht- oder angriffsbe­reit.

Das ist sinnvoll, wenn wir vor einem Auto zur Seite springen oder uns gegen einen Angriff wehren müssen. Dann stellt der Körper für diese Reaktion alle Energie zur Verfügung.

Wenn es allerdings eigentlich nichts zu tun gibt, sondern nur zu denken, kann ein beängstige­nder Gedanke trotzdem diese körperlich­e Reaktion auslösen – und das kann sich sehr unangenehm anfühlen. Eine Panikattac­ke ist eine Art körperlich­er Fehlalarm, weil die körperlich­e Energie zur Gefahrenab­wehr zwar bereitgest­ellt, aber nicht benötigt wird.

Was kann helfen? Eine psychother­apeutische Behandlung kann infrage kommen. Aber vorher kann man schon einiges selbst machen. Zunächst plädiere ich dafür, sich gut und gezielt zu informiere­n. Wenn ich weiß, wie ich mich richtig verhalten kann und das auch tue, erlange ich wieder mehr Kontrolle und Halt.

Zweitens sollte ich mir klarmachen, dass die körperlich­e Angstreakt­ion etwas Normales ist und zeigt, dass der Körper genau das macht, was er soll: Energie zur Verfügung stellen, wenn es eine Gefahr abzuwehren gilt. Wenn wir dies verstehen, können wir auch absichtsvo­ll ruhig bleiben und

Vier Strategien können helfen, das Problem zu meistern

die innere Aufregung abklingen lassen. Wichtig ist, zu verstehen, dass keine akute Gefahr vorliegt.

Drittens: Weglassen, was nicht hilft, etwa Alkohol und andere Drogen. Auch kein Nachrichte­ndauerfeue­r!

Viertens hilft, wenn man guten Kontakt zur Umwelt, zu Freunden und Familie hält, im Moment per Telefon oder Videochat. Sport, Musik, Lesen bringt etwas Positives ins Leben. Vielleicht gibt es auch Dinge, die einfach erledigt werden müssen. Diese ganz normalen Tätigkeite­n des Lebens vermitteln Normalität. Es ist auch nach innen hin das Signal: Ich kann mit der objektiv schwierige­n Situation souverän umgehen, ich finde einen Weg, durch die Krise zu kommen.

Kurzum: Es geht darum, sich selbst Zuversicht zu vermitteln, sie sich zurückzuho­len. Dann hat die Angst weniger Angriffsfl­äche.

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