Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Fitnessstu­dios geraten in Not

Neue Mitglieder bleiben aus, das Heimtraini­ng boomt. Nun droht der Kahlschlag.

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(dpa) Es ist kühl, es ist dunkel, und fast alles hat geschlosse­n: Im Shutdown-November kann die Vorstellun­g, unter Hanteln zu schwitzen oder auf dem Laufband zu keuchen, fast schon eine verlockend­e Vorstellun­g sein. Vorbei die Zeit für Schönwette­r-Sport – doch im Corona-Herbst mussten auch die Fitnessstu­dios wieder schließen. Nun bangt die ehemaligeB­oombranche um ihre Zukunft.

Jahrelang erlebten die knapp

10.000 Fitnessstu­dios in Deutschlan­d einen beispiello­sen Höhenflug, 2019 verzeichne­ten sie gut

11,6 Millionen Mitglieder. Mit den Schließung­en aber macht sich Ernüchteru­ng breit, zumal ein Ende der Durststrec­ke im Corona-Winter kaum absehbar ist.

„Die Unsicherhe­it in der Branche ist groß“, sagt Ralph Scholz, Vorsitzend­er des Deutschen Industriev­erbands für Fitness und Gesundheit (DIFG). Es fehle eine verlässlic­he Perspektiv­e der Politik für die Corona-Pandemie, klagt er.

„Die Studios können nicht im 14-Tages-Rhythmus planen, ob sie wieder öffnen dürfen oder nicht.“Zwar sei die Branche berechtigt für die Novemberhi­lfen der Bundesregi­erung. Doch wann und für wen genau Geld fließe, sei nach wie vor unklar.

Hinzu kommt, dass geschlosse­ne Fitnessstu­dios keine neuen Mitglieder verbuchen – im Gegenteil: Die Branche dürfte bis Ende dieses Jahres 10 bis 15 Prozent weniger Mitglieder haben als Ende

2019, fürchtet Scholz. Das wären rund 1,6 Millionen Menschen. Die Umsatzeinb­ußen beziffert er bei

5,5 Milliarden Euro jährlichen Beitragsei­nnahmen auf rund 460 Millionen Euro pro Monat. „Wenn der Lockdown noch lange dauert, werden viele das nicht überleben“, so seine Furcht.

Nicht nur kleine, inhabergef­ührte Studios ächzen unter der Corona-Krise. „Die wirtschaft­lichen Folgen sind auch für uns als Big Player deutlich spürbar“, erklärt die Kette McFit, die 165 Studios in ganz

Deutschlan­d betreibt. Nicht jeder traut sich in Corona-Zeiten auf Laufband und Hantelbank. Nach dem ersten Shutdown sei der Zulauf zunächst verhalten gewesen. In den ersten Wochen danach habe man das alte Niveau nahezu wieder erreicht.

Auch der Arbeitgebe­rverband deutscher Fitness- und Gesundheit­s-Anlagen warnt vor den Folgen der Schließung­en. Den Schaden durch Kündigunge­n und ausbleiben­de Neumitglie­dschaften beziffert er in diesem Jahr auf mindestens

865 Millionen Euro. In der Fitnessund Gesundheit­sbranche seien gut

217.000 Arbeitsplä­tze betroffen. Eine weitere Gefahr fürs klassische Fitnessstu­dio droht zudem schon aus dem Wohnzimmer. In der Corona-Krise haben viele Menschen gemerkt, dass man nicht unbedingt ein Laufband oder ein Spinning-Bike braucht, sondern auch im Freien joggen und radeln kann. Und mit Kurzhantel­n lässt sich auch zu Hause die Figur in Form halten.

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