Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Nette Toilette“: Wenig Unterstützer für das Angebot
Vor allem Senioren wünschen sich mehr Möglichkeiten für den Notfall. Auf dem Ohligser Friedhof ist das „Örtchen“nur bei Beerdigungen geöffnet.
Eine Leserin ärgerte sich, als sie für ein dringendes Bedürfnis die Toilettenanlage des evangelischen Friedhofs in Ohligs aufsuchen wollte. Ein Schild habe darauf hingewiesen, dass die Türen wegen Corona verschlossen seien. Pfarrer Thomas Förster bestätigt dies. Er ist der Pressesprecher des Evangelischen Kirchenkreises Solingen. Tatsächlich würde die Toilettentüre nur bei Beisetzungsfeierlichkeiten geöffnet. Das könne das Personal auf den evangelischen Friedhöfen so regeln.
Die Leserin fragt aber auch nach, ob denn die öffentlichen Toiletten im Stadtgebiet geöffnet seien. Das sei so, bestätigte das Rathaus auf Nachfrage: Die städtischen Toiletten Brückenpark, Botanischer Garten und Neumarkt seien geöffnet, ebenso die Ströer-Toiletten Breidbacher Tor und Bremsheyplatz.
Die Not gerade von Senioren, plötzlich einmal auf die Toilette zu müssen, hatte schon länger den Seniorenbeirat der Stadt beschäftigt. Mit viel Aufmerksamkeit wurde die Aktion „Nette Toilette“ins Leben gerufen. Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) rief Gastronomen und Geschäftsleute dazu auf, sich daran zu beteiligen.
Die Erfahrungen seien allerdings eher ernüchternd, berichtet Herbert Gerbig. Der Beiratsvorsitzende erzählt, dass er und weitere Mitglieder
des Gremiums sich in viele Gespräche mit Besitzern von Gaststätten und Einzelhandelsgeschäften begeben hätten. Das Ziel war, sie vom Mitmachen zu überzeugen und den Aufkleber „Nette Toilette“gut sichtbar ins Schaufenster zu hängen. Doch das funktionierte nur bedingt. „Wir haben eine große Bereitschaft erlebt, mitmachen zu wollen.“Doch zugleich hätten sich auch Hürden aufgetan, sagt Gerbig. In Gaststätten lägen die Toiletten oft im Keller. Treppen sind aber für einige Senioren bereits unüberwindbare Hindernisse.
Die angesprochenen Geschäftsleute hätten verständlicherweise immer dann ein Problem, sich offensiv an der Aktion zu beteiligen, wenn nur eine Person bediene und die Toilette etwa im Lager befindlich sei. Niemand wolle den Laden dann gerne alleine lassen oder die Nutzer unbeobachtet in die Geschäftsräume lassen.
Zugleich erklärt Herbert Gerbig, die meisten Geschäftsleute forderten die Senioren jetzt einfach auf, selbst nach der Möglichkeit zu fragen, die Toilette einmal benutzen zu dürfen. In der Regel werde das nicht verweigert – nur ein dauerhaftes Angebot wolle niemand so schnell etablieren. Außer eine Selbstbedienungsbäckerei in Ohligs, die werbe offensiv mit dem Angebot, das dringende Bedürfnis erledigen zu könne. Auch in der Innenstadt machten vereinzelt Geschäfte mit.
Nach der Corona-Zeit will Gerbig das Thema im Seniorenbeirat nochmals auf die Tagesordnung setzen und Mitstreiter für die Aktion „Hallo, ich muss mal“suchen, wie „Nette Toilette“jetzt heißt.