Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Nette Toilette“: Wenig Unterstütz­er für das Angebot

Vor allem Senioren wünschen sich mehr Möglichkei­ten für den Notfall. Auf dem Ohligser Friedhof ist das „Örtchen“nur bei Beerdigung­en geöffnet.

- VON PHILIPP MÜLLER

Eine Leserin ärgerte sich, als sie für ein dringendes Bedürfnis die Toilettena­nlage des evangelisc­hen Friedhofs in Ohligs aufsuchen wollte. Ein Schild habe darauf hingewiese­n, dass die Türen wegen Corona verschloss­en seien. Pfarrer Thomas Förster bestätigt dies. Er ist der Pressespre­cher des Evangelisc­hen Kirchenkre­ises Solingen. Tatsächlic­h würde die Toilettent­üre nur bei Beisetzung­sfeierlich­keiten geöffnet. Das könne das Personal auf den evangelisc­hen Friedhöfen so regeln.

Die Leserin fragt aber auch nach, ob denn die öffentlich­en Toiletten im Stadtgebie­t geöffnet seien. Das sei so, bestätigte das Rathaus auf Nachfrage: Die städtische­n Toiletten Brückenpar­k, Botanische­r Garten und Neumarkt seien geöffnet, ebenso die Ströer-Toiletten Breidbache­r Tor und Bremsheypl­atz.

Die Not gerade von Senioren, plötzlich einmal auf die Toilette zu müssen, hatte schon länger den Seniorenbe­irat der Stadt beschäftig­t. Mit viel Aufmerksam­keit wurde die Aktion „Nette Toilette“ins Leben gerufen. Oberbürger­meister Tim Kurzbach (SPD) rief Gastronome­n und Geschäftsl­eute dazu auf, sich daran zu beteiligen.

Die Erfahrunge­n seien allerdings eher ernüchtern­d, berichtet Herbert Gerbig. Der Beiratsvor­sitzende erzählt, dass er und weitere Mitglieder

des Gremiums sich in viele Gespräche mit Besitzern von Gaststätte­n und Einzelhand­elsgeschäf­ten begeben hätten. Das Ziel war, sie vom Mitmachen zu überzeugen und den Aufkleber „Nette Toilette“gut sichtbar ins Schaufenst­er zu hängen. Doch das funktionie­rte nur bedingt. „Wir haben eine große Bereitscha­ft erlebt, mitmachen zu wollen.“Doch zugleich hätten sich auch Hürden aufgetan, sagt Gerbig. In Gaststätte­n lägen die Toiletten oft im Keller. Treppen sind aber für einige Senioren bereits unüberwind­bare Hinderniss­e.

Die angesproch­enen Geschäftsl­eute hätten verständli­cherweise immer dann ein Problem, sich offensiv an der Aktion zu beteiligen, wenn nur eine Person bediene und die Toilette etwa im Lager befindlich sei. Niemand wolle den Laden dann gerne alleine lassen oder die Nutzer unbeobacht­et in die Geschäftsr­äume lassen.

Zugleich erklärt Herbert Gerbig, die meisten Geschäftsl­eute forderten die Senioren jetzt einfach auf, selbst nach der Möglichkei­t zu fragen, die Toilette einmal benutzen zu dürfen. In der Regel werde das nicht verweigert – nur ein dauerhafte­s Angebot wolle niemand so schnell etablieren. Außer eine Selbstbedi­enungsbäck­erei in Ohligs, die werbe offensiv mit dem Angebot, das dringende Bedürfnis erledigen zu könne. Auch in der Innenstadt machten vereinzelt Geschäfte mit.

Nach der Corona-Zeit will Gerbig das Thema im Seniorenbe­irat nochmals auf die Tagesordnu­ng setzen und Mitstreite­r für die Aktion „Hallo, ich muss mal“suchen, wie „Nette Toilette“jetzt heißt.

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FOTO: CHRISTIAN BEIER Die Toilette in Ohligs ist nur bei Beerdigung­en geöffnet.

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