Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Verwittert­e Kunst im Südpark

Die beliebtest­e Parkanlage der Stadt ist ein Museum unter freiem Himmel. Doch die ausgestell­ten Werke sind in schlechtem Zustand.

- VON HELGA MEISTER

Wo früher am Werstener Kreuz eine Brache rund um eine Kiesgrube lag, befindet sich heute das kunstvoll angelegte Paradies des Südparks, bestückt mit Kunst seit der Bundesgart­enschau von 1987. Es ist die größte, schönste und beliebtest­e Parkanlage in Düsseldorf. Doch die Skulpturen, der ganze Stolz des damaligen Kulturdeze­rnenten Bernd Dieckmann, sind beschmiert, verrottet oder zugewachse­n. Eine Bestandsau­fnahme.

Mit dem alten Kataloghef­t zur Buga-Kunst im Südpark machen wir uns auf den Weg. Wir treffen auf Menschen aller Altersklas­sen, die die frische Luft genießen, auf Bänken sitzen, spaziereng­ehen oder radeln. Sie alle erfreuen sich der Ruhe und Schönheit der gepflegten Anlage. Aber am schlechten Zustand der Kunst können sie nichts ändern. Uns begegnet ein Spaziergän­ger gleich am Eingang, wo die Kolossalsk­ulptur des verstorben­en Erwin Heerich auf dem Wall steht – beklebt und bekritzelt. „Die Schmierere­ien gibt es seit Jahren“, sagt der Passant achselzuck­end und geht weiter. Schade, denn das „Tor“aus Basaltblöc­ken ist ein Meisterwer­k. Beispielha­ft hat sich Heerich mit dem Raumgebild­e aus geschnitte­nen Flächen, Einkerbung­en und Abschrägun­gen auseinande­rgesetzt.

Vom „Tor“ist der Ausblick auf den Baggersee atemberaub­end. Wie ein Fremdkörpe­r wirkt nur am Seeufer ein Kubus in grellem Rot und Pink. Beim Nähertrete­n entpuppt sich der schlanke, viereckige Turm aus Marmor mit filigranem Krönchen als ein Werk des Japaners Katsuhito Nishikawa. Der Schöpfer der Raketensta­tion hätte für seine Stele mehr Respekt verdient: Auf Augenhöhe ist sie rundum eingefärbt.

Auf dem Weg zur Wasserachs­e winken schon von Weitem drei hohe, grazile Doppelsäul­en in einem Brunnen, ein Werk von Christian Megert – auch sie seit Jahren nicht gepflegt. Besucher erzählen, dass selbst in der Sommerhitz­e der Brunnen trocken war. Der Künstler sah vor, dass Wasser aus den Düsen am Beckenrand schießt, Wellen bildet und am Überlauf auch noch das Becken reinigt. Ist das Wasser abgestellt, ist das Werk zugleich den Rowdys ausgesetzt, die trockenen Fußes den Stein beschmiere­n.

Die Pflege des Südparks besorgt die Werkstatt für angepasste Arbeit. Christian Megert erzählt, wie in den Anfängen der Brunnen täglich von einem Blinden und einem Rollstuhlf­ahrer gesäubert wurde: „Der Blinde schob den Rollstuhlf­ahrer, der Rollstuhlf­ahrer sagte ihm, wo es lang geht. Sie hatten einen langen Besen und holten jeden Morgen das Laub heraus, weil die Stadt nachts das Wasser abschaltet­e, sodass sich eine Schlammsch­icht bildete.“Sein Appell an die Stadt: „Das Wasser muss permanent fließen, sonst setzen sich Algen an. Und es muss eine gewisse Stärke haben.“

Die Werkstatt räumt nicht nur das Laub weg, sie fühlt sich auch für die Gartenanla­ge verantwort­lich: Matthias Sultanowa ist als Gärtner einer von zehn Mitarbeite­rn, die in fünf Gruppen mit Behinderte­n den Park pflegen. Sie jäten, schneiden die Hecken und kümmern sich um Duft-, Iris- und Steingarte­n. Kunstwerke

fassen sie nicht an. Sultanowa: „Wir wissen nicht, welche Reinigungs­mittel wir benutzen sollen. Uns fehlt das Fachwissen. Das muss das Kulturamt tun.“

Sultanowa kennt jede Ecke im Park, also auch den Weg zur Installati­on „Werstener Kreuz“von Klaus Simon. Die Arbeit zwischen Wall und Werstener Straße ist fast zugewachse­n. Bei der einst strahlend weißen Aussichtsk­anzel haben Schmierfin­ken mit Graffitis zugeschlag­en. Wie durch die Luken eines Schiffsbug­s sollten die Besucher auf die 16 Autobahn- und Straßenbah­ntrassen in der Tiefe schauen. „Ich wollte eine Plattform schaffen, die den

Verkehr mit ins Bild rückt. Ich wollte zwischen dem Park und dem lärmenden Verkehr vermitteln,“sagt Simon. Der Fachmann für Holzskulpt­uren konstruier­te einen Bau aus versetzten Balken, die wie Finger ineinander­greifen, aber Zwischenrä­ume für den Blick auf die Umgebung lassen. Doch die Installati­on muss dringend saniert werden. Simon: „Neue Eichenbalk­en kann man kaufen, gegen die alten austausche­n und weiß streichen. Das gibt der Arbeit ihren Signalchar­akter zurück.“Die Werkstatt für angepasste Arbeit könne helfen, aber man müsse einen profession­ellen Zimmermann hinzuziehe­n.

Und was sagt die Stadt zu all den Problemen? Kulturdeze­rnent HansGeorg Lohe spricht von rund 300 Kulturdenk­mälern im öffentlich­en Raum, eine recht niedrige Zahl angesichts von 1672 Kunstwerke­n und Fassadenre­liefs im Kompendium „Ars Publica Düsseldorf“. 600.000 Euro sind im jährlichen Etat für die Sanierung eingeplant. Eine hauptamtli­che Mitarbeite­rin gilt als Ansprechpa­rtnerin. Derzeit liegt der Schwerpunk­t im Hofgarten. Noch nicht abgeschlos­sen sind die Mauerarbei­ten am Tritonenbr­unnen. Das Fundament für das Mendelssoh­n-Bartholdy-Denkmal macht Probleme, die noch nicht behoben sind, weil Versorgung­sleitungen und Kabelkaste­n der Stadtwerke dort liegen. Der Sockel an der Tonhalle bleibt vorerst leer, weil Pallas Athene ein neues, goldenes Outfit erhält.

Dennoch weiß auch Lohe, dass diese Reparature­n noch nicht reichen, vor allem in den Außenbezir­ken. Er will die Bezirksbür­germeister kontaktier­en, damit die Bezirksver­tretungen in den jeweiligen Stadtteile­n gleichfall­s auf die öffentlich­e Kunst achten und Probleme melden. Vielleicht finden sich sogar Liebhaber, die eine Patenschaf­t übernehmen. Gleichzeit­ig bittet Lohe die Bevölkerun­g, das Kulturamt im Bedarfsfal­l einzuschal­ten.

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FOTO: HELGA MEISTER In schlechtem Zustand: Das Kuntwerk „Tor“vom 2004 verstorben­en Erwin Heerich.

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