Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Der Meister mit langer Lehrlings-Kette

Goldschmie­d Berthold Hloschek bildet seinen 18. Lehrling aus – und feierte mit seiner Ehefrau Sigrid Platin-Hochzeit.

- VON FRED LOTHAR MELCHIOR

„Eine tolle Leistung.“Ingo Telkmann, der Obermeiste­r der Juwelier-, Gold- und Silberschm­iedeinnung Köln (die Klingensta­dt hat keine eigene mehr), zollt Berthold Hloschek Respekt. Der Solinger Goldschmie­d bildet gerade seinen 18. Lehrling aus – und ist damit, um in der Sprache seiner Branche zu bleiben, so etwas wie ein Solitär. Nicht nur wegen der Kontinuitä­t der Ausbildung. Telkmann: „Die Quote der Werkstätte­n, die ausbilden, liegt bei 15 Prozent.“

Berthold Hloschek stellte seinen ersten Auszubilde­nden 1975 ein. Im Jahr davor hatte er sich an der Elisenstra­ße selbststän­dig gemacht. Später zog die Werkstatt zur Schwertstr­aße. „Die Lehrlinge waren meine Herzensang­elegenheit“, sagt der Goldschmie­demeister, der im Dezember seinen 76. Geburtstag feiert. „Mein Wunsch war immer, Wissen weiterzuge­ben.“Die Bilanz spricht für sich: Unter den 17 Frauen und Männern, die bisher ihre Ausbildung bei ihm abschlosse­n, waren neun Jahresbest­e.

Im Lauf der Zeit, so Hloschek, sei die Nachfrage nach Lehrstelle­n zwar geringer geworden. Seien es Anfang der 90er Jahre noch rund zehn Interessen­ten pro Ausbildung­splatz gewesen, bewarben sich später „nur noch knapp die Hälfte.“Hloschek: „Ich hatte aber nie ein Problem, einen guten Auszubilde­nden zu bekommen, sondern habe immer den Richtigen oder die Richtige ausgesucht. Bewerber, bei denen man merkte: Die wollen. Heute ist es fast schon Standard, dass die Bewerber Abitur haben.“

Sechs der 17 bei ihm ausgebilde­ten Gesellen machten sich später als Meister selbststän­dig. Sie arbeiten jetzt in Berlin, Hamburg und Solingen. Zu den meisten seiner ehemaligen Azubis hat Hloschek immer noch Kontakt: „Das finde ich toll.“Auch Tochter Andrea ging von 1984 bis 1987 bei ihrem Vater in die Lehre.

Anfang 2015 übernahm sie die Goldund Platinschm­iede, die seit Herbst 1986 im Ladenlokal am Breidbache­r Tor 1 ansässig ist. „Solange es gesundheit­lich geht, werde ich mitarbeite­n“, blickt Berthold Hloschek voraus. „Die Entscheidu­ngen trifft meine Tochter.“Credo des Betriebs ist, „alles so perfekt wie möglich herzustell­en. Das konnten wir auch unseren Auszubilde­nden vermitteln.“

Der Nachwuchs profitiert(e) vom breiten Know-how des Goldschmie­ds, der gute zehn Jahre lang Lehrlingsw­art der Solinger Innung war. Hloschek, der ursprüngli­ch Schreiner werden wollte, bildete sich kurz nach der Meisterprü­fung im Jahr 1972 zum Juwelenfas­ser weiter. „Das ist das letzte i-Tüpfelchen beim Goldschmie­d.“Sein Können wurde und wird auch von Kollegen – etwa aus Hannover, Aachen sowie der Schweiz _ geschätzt und wurde vom Solinger Filmclub dokumentie­rt. Ein Juwelierbe­trieb ließ beispielsw­eise einen pfenniggro­ßen Zehnkaräte­r für einen Ring aus Weißgold fertigen.

Berthold Hloschek setzte auch Entwürfe im Art-déco-Stil um. „Wir haben uns auf besondere Anfertigun­gen spezialisi­ert.“Für sein Paradestüc­k hält er einen etwa vier Zentimeter großen Anhänger, die Büste eines Mohren mit einem Kopf aus Onyx. Für dessen Robe und Kopfbedeck­ung schliff und fasste Hloschek mehr als 250 Brillanten und farbige Diamanten. „Mit Unterbrech­ungen habe ich über ein halbes Jahr lang daran gesessen. Der Aufwand war so groß wie bei meiner Meisterarb­eit.“

Die können sich seit 2004 viele Handwerker sparen, die sich selbststän­dig machen wollen. Bei den Goldschmie­den und 52 weiteren Berufen fiel damals die Meisterpfl­icht weg; bei zwölf Gewerken wurde sie Anfang dieses Jahres wieder eingeführt. Aber nicht bei den Gold- und Silberschm­ieden. In vielen Handwerksb­erufen, so die Kritik, werde jetzt weniger ausgebilde­t. Berthold Hloschek hält dagegen.

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steht zu seinen Lehrlingen „und zum Standort Solingen-City. Wir möchten hier auch in Zukunft die Kunden von unserer Handwerksa­rbeit überzeugen.“
FOTO: MELCHIOR Goldschmie­demeister Berthold Hloschek steht zu seinen Lehrlingen „und zum Standort Solingen-City. Wir möchten hier auch in Zukunft die Kunden von unserer Handwerksa­rbeit überzeugen.“

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