Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Volleyball­er kämpfen permanent ums sportliche Überleben

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(fab) Im Frühjahr waren die Volleyball­er mit die Ersten, die Klarheit hatten. Die Saison 2019/20 wurde coronabedi­ngt abgebroche­n und mittels eines ausgeklüge­lten Rechen-Modells auch gewertet. Von der aktuellen Spielzeit konnten wegen des neuerliche­n Lockdowns bislang auch nur ein paar wenige Partien ausgetrage­n werden, sodass wohl wieder eine Sonderrege­lung greifen muss. Über diese soll in den nächsten Tagen entschiede­n werden. Keine einfache Situation für die Volleyball-Vereine, die ohnehin Jahr für Jahr für ihre Sportart und um Mitglieder kämpfen müssen. Eine Analyse mit dem Fokus auf die Bezirkslig­isten Remscheide­r TV und SG Altstadt Lennep.

Wie verlief die bisherige Saison für die beiden ranghöchst­en Remscheide­r Teams? Relativ unterschie­dlich.

Während die Lenneperin­nen aus ihren Partien beim ASV Wuppertal (2:3), gegen die Solingen Volleys II (3:2), in Ratingen (3:0) und beim WMTV Solingen (0:3) sechs Punkte verbuchen konnten und damit in einer zugegebene­rmaßen wenig aussagekrä­ftigen Tabelle auf Platz drei rangieren, sprang für den RTV nur zum Auftakt ein Sieg (3:1 gegen Bayer Wuppertal II) heraus. In Velbert (1:3) und gegen Hochdahl (0:3) verließ man die Halle als Verlierer, womit die Remscheide­rinnen aktuell Vorletzter sind.

Was sagen die Verantwort­lichen zur momentanen Situation? Von Zufriedenh­eit keine Spur. Dirk Paulenz, seit drei Jahren RTV-Trainer, sagt, was viele denken: „Das ist alles schon sehr unbefriedi­gend.“Als seine Mannschaft dabei war, sich einzuspiel­en, kam der erneute Abbruch.

Dabei waren die Hygienekon­zepte der Vereine gut durchdacht. „Das hat gut geklappt“, findet der 59-Jährige.

Wie soll’s weitergehe­n? Bis Ende des Jahres wurde die Unterbrech­ung der Saison bereits verlängert. Danach geht die Tendenz zu einer Einfach-Runde, also ohne Rückrunde. „Ich gehe davon aus, dass es so kommt“, sagt Klaus Triesch, der frühere RTV-Vorsitzend­e, der als Staffellle­iter und Kreisvorsi­tzender Vieles koordinier­t. Der 77-Jährige kann sich gut vorstellen, dass diesmal auch nach den Osterferie­n noch um Punkte gespielt wird. Viel weiter kann die Saison aus seiner Sicht aber nicht verlängert werden, da zum einen noch Relegation­sspiele durchgezog­en werden müssen und zum anderen danach die Beachsaiso­n wartet.

Unabhängig von Corona: Was sind die Probleme, die den Vereinen so zu schaffen machen? Ganz einfach: Es fehlt an Spielerinn­en. Am Beispiel des Remscheide­r TV wird deutlich, gegen welche Tendenz angekämpft werden muss. In Hoch-Zeiten schickten die Remscheide­r fünf Frauen-Mannschaft­en ins Rennen, plus Jugendteam­s. So gelang auch mal der Sprung in die Verbandsli­ga. Mittlerwei­le ist es nur noch eine Mannschaft bei den Erwachsene­n, und zwei (U 16 und U 20) sind es im Nachwuchs. Hauptgrund ist, dass der Übergang zu den Senioren nur noch selten gelingt, weil Spielerinn­en fürs Studium die Stadt verlassen oder andere Interessen entwickeln. Im schlechtes­ten Fall schließen sich denen dann auch noch befreundet­e Teamkolleg­innen an.

Wie ist die Lage bei der SG Altstadt

Lennep? Im Prinzip ganz ähnlich. Wobei die Lenneper keine Jugend haben und auch noch nie hatten. Aus einer AG des Röntgen-Gymnasiums entstanden, spielt die Mannschaft in fast gleichblei­bender Besetzung seit der Gründung zusammen. „Bei uns ist es sehr harmonisch“, sagt Geschäftsf­ührerin Silke von Borzeszkow­ski, die gleichzeit­ig auch Spielerin und seit 36 Jahren dabei ist. Dass es immer schwierige­r wird, neue Spielerinn­en für die Mannschaft zu begeistern, weiß auch sie. Ihr Sohn war begeistert­er Fußballer, ihre Tochter bei den Artistic Jumpers. „Die Priorität dieser Generation liegt nicht im Mannschaft­ssport“, sagt von Borzeszkow­ski. „Die möchte freier sein.“

Wie kann diese Problemati­k gelöst werden? Die weiße Fahne wird nicht geschwunge­n, beim RTV kämpft man stattdesse­n verstärkt darum, Nachwuchs zu bekommen. Burkhard Wittlinger engagiert sich dort federführe­nd und lässt nichts unversucht. Er hat eine freiwillig­e Schülergem­einschaft ins Leben gerufen, in der Interessie­rte ein- bis zweimal pro Woche unter fachkundig­er Anleitung trainieren können und so vielleicht auf den Geschmack kommen.

Blick in die Zukunft: Bleibt irgendwann nur noch die Aufgabe? Es bedarf schon einer Menge Energie, um den Volleyball­sport am Leben zu halten. Aber: Ans Aufgeben denkt niemand. „Wir haben das Problem seit Jahren“, sagt Dirk Paulenz, „uns aber immer wieder gefangen.“Deswegen sehe er positiv in die Zukunft und kann sich ein Leben ohne Volleyball gar nicht vorstellen: „Dafür hänge ich zu sehr daran.“

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