Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Urnengräbe­r unter Bäumen sind gefragt.

Naturnahe Bestattung­en bieten die städtische­n und die evangelisc­hen Friedhöfe an – in den katholisch­en Gemeinden wird geprüft.

- VON ANDREAS TEWS

Die Gründe der Betroffene­n, sich für ein Urnengrab unter Bäumen zu entscheide­n, sind vielfältig. Dafür spreche unter anderem, dass sich die Angehörige­n nicht um die Pflege der Grabstätte kümmern müssen, berichtet der Sprecher des Evangelisc­hen Kirchenkre­ises Solingen, Thomas Förster. Oft werde aber auch der Wunsch nach einer naturnahen Bestattung­sform geäußert, erläutert Rathausspr­echerin Birgit Wenning-Paulsen von Erfahrunge­n auf den kommunalen Friedhöfen. Auf den katholisch­en Friedhöfen wird experiment­iert oder noch geprüft.

Auf sieben evangelisc­hen Friedhöfen werden laut Förster Urnen inzwischen auch in Gemeinscha­ftsgrabanl­agen an Bäumen bestattet. Damit reagiere der evangelisc­he Kirchenkre­is auf eine Veränderun­g der Friedhofsk­ultur. Die Urnenbaumg­räber in Gemeinscha­ftsgrabanl­agen seien naturnah und pflegeleic­ht. Zuletzt sei eine neue Anlage dieser Art auf dem Friedhof Kasinostra­ße in Betrieb genommen worden. Das Grabfeld mit Zierkirsch­en und Blutpflaum­en sei eingericht­et, Rasen eingesät und in nächster Zeit solle noch eine Bank zum Verweilen aufgestell­t werden.

Für viele Angehörige ist es laut Förster heute schwierige­r als früher, die Gräber ihrer Verstorben­en zu pflegen – weil sie selbst weit weg wohnen oder ihnen die Zeit fehle. Häufiger sei auch das Geld knapp, und die Kosten für Bestattung und

Grabpflege müssten genau berechnet werden. Und immer öfter wollen Menschen nach seinen Angaben ihren Angehörige­n nach dem Tod nicht zur Last fallen. Die Folge: Die Zahl der Sargbestat­tungen sinke, immer häufiger werden Urnenplätz­e auf den Friedhöfen vergeben – auch solche auf Gemeinscha­ftsanlagen.

Die Gestaltung falle auf den evangelisc­hen Friedhöfen unterschie­dlich aus. Die Rahmenbedi­ngungen aber seien gleich: Die Urnengräbe­r

seien um einen Baum herum angeordnet, die Urnen werden an der Wurzel beigesetzt. Angehörige entscheide­n innerhalb der Anlage selbst über den Platz für die Urne. Es entstehe keine Pflegeverp­flichtung, stattdesse­n ist die Pflege der Gemeinscha­ftsgrabanl­age für die gesamte Ruhezeit bereits in der Gebühr enthalten.

Bereits seit 2009 bietet laut Wenning die Stadt Bestattung­en an Bäumen an. Etwa 400 Bestattung­en dieser Art habe es seitdem auf dem Waldfriedh­of in Ohligs und etwa 30 auf dem Burg-Friedhof gegeben. Insgesamt würden pro Jahr 700 Verstorben­e auf den kommunalen Friedhöfen beigesetzt.

Auf den städtische­n Anlagen können die Angehörige­n einen Wahlbaum aussuchen oder eine Bestattung an einem Reihenbaum bestimmen, bei dem dann die Friedhofsv­erwaltung den Baum festlege. Auf diesen Flächen liegen jeweils vier untereinan­der nicht bekannte Verstorben­e an einem Baum. Wenning:

„Wir bieten nicht nur Bäume in einem waldartige­n Teil an, sondern auch Einzelbäum­e auf Rasenfläch­en.“

In Gräfrath, wo es noch keine Möglichkei­t gibt, sich an einem Baum bestatten zu lassen, gebe es eine so genannte„ Baum gemein schafts grab anlage“mit bepflanzte­n Beeten und einem kleinen Baum in der Mitte. Die Angehörige­n können als Familiengr­ab oder auch als Reihengrab hier eine Grabstätte auswählen.

Von der Idee der Baum-Gemeinscha­ftsgräber ist auch der katholisch­e Pfarrer Meinrad Funke überzeugt. „Wir haben sie aber noch nicht“, schildert er und erklärt, dass er innerhalb seiner Gemeinde St. Sebastian in Solingen-West für diese Idee werbe. Beschlosse­n sei aber noch nichts. Er sehe in diesen Anlagen eine gute Möglichkei­t, freie Flächen zu nutzen, erklärt Funke. Voraussetz­ung sei aber, dass die Namen der Verstorben­en erkennbar sein müssten. In der katholisch­en Gemeinde St. Clemens überlegt man laut Pfarrer Michael Mohr, wie Baumgräber in die Anlagen integriert werden können. Unter anderem am Schaberg werde auf einer kleinen Fläche bereits experiment­iert.

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FOTO: SCHÜTZ Auf dem Friedhof Ketzberg gibt es die Möglichkei­t, Urnen unter Bäumen bestatten zu lassen.

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