Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Urnengräber unter Bäumen sind gefragt.
Naturnahe Bestattungen bieten die städtischen und die evangelischen Friedhöfe an – in den katholischen Gemeinden wird geprüft.
Die Gründe der Betroffenen, sich für ein Urnengrab unter Bäumen zu entscheiden, sind vielfältig. Dafür spreche unter anderem, dass sich die Angehörigen nicht um die Pflege der Grabstätte kümmern müssen, berichtet der Sprecher des Evangelischen Kirchenkreises Solingen, Thomas Förster. Oft werde aber auch der Wunsch nach einer naturnahen Bestattungsform geäußert, erläutert Rathaussprecherin Birgit Wenning-Paulsen von Erfahrungen auf den kommunalen Friedhöfen. Auf den katholischen Friedhöfen wird experimentiert oder noch geprüft.
Auf sieben evangelischen Friedhöfen werden laut Förster Urnen inzwischen auch in Gemeinschaftsgrabanlagen an Bäumen bestattet. Damit reagiere der evangelische Kirchenkreis auf eine Veränderung der Friedhofskultur. Die Urnenbaumgräber in Gemeinschaftsgrabanlagen seien naturnah und pflegeleicht. Zuletzt sei eine neue Anlage dieser Art auf dem Friedhof Kasinostraße in Betrieb genommen worden. Das Grabfeld mit Zierkirschen und Blutpflaumen sei eingerichtet, Rasen eingesät und in nächster Zeit solle noch eine Bank zum Verweilen aufgestellt werden.
Für viele Angehörige ist es laut Förster heute schwieriger als früher, die Gräber ihrer Verstorbenen zu pflegen – weil sie selbst weit weg wohnen oder ihnen die Zeit fehle. Häufiger sei auch das Geld knapp, und die Kosten für Bestattung und
Grabpflege müssten genau berechnet werden. Und immer öfter wollen Menschen nach seinen Angaben ihren Angehörigen nach dem Tod nicht zur Last fallen. Die Folge: Die Zahl der Sargbestattungen sinke, immer häufiger werden Urnenplätze auf den Friedhöfen vergeben – auch solche auf Gemeinschaftsanlagen.
Die Gestaltung falle auf den evangelischen Friedhöfen unterschiedlich aus. Die Rahmenbedingungen aber seien gleich: Die Urnengräber
seien um einen Baum herum angeordnet, die Urnen werden an der Wurzel beigesetzt. Angehörige entscheiden innerhalb der Anlage selbst über den Platz für die Urne. Es entstehe keine Pflegeverpflichtung, stattdessen ist die Pflege der Gemeinschaftsgrabanlage für die gesamte Ruhezeit bereits in der Gebühr enthalten.
Bereits seit 2009 bietet laut Wenning die Stadt Bestattungen an Bäumen an. Etwa 400 Bestattungen dieser Art habe es seitdem auf dem Waldfriedhof in Ohligs und etwa 30 auf dem Burg-Friedhof gegeben. Insgesamt würden pro Jahr 700 Verstorbene auf den kommunalen Friedhöfen beigesetzt.
Auf den städtischen Anlagen können die Angehörigen einen Wahlbaum aussuchen oder eine Bestattung an einem Reihenbaum bestimmen, bei dem dann die Friedhofsverwaltung den Baum festlege. Auf diesen Flächen liegen jeweils vier untereinander nicht bekannte Verstorbene an einem Baum. Wenning:
„Wir bieten nicht nur Bäume in einem waldartigen Teil an, sondern auch Einzelbäume auf Rasenflächen.“
In Gräfrath, wo es noch keine Möglichkeit gibt, sich an einem Baum bestatten zu lassen, gebe es eine so genannte„ Baum gemein schafts grab anlage“mit bepflanzten Beeten und einem kleinen Baum in der Mitte. Die Angehörigen können als Familiengrab oder auch als Reihengrab hier eine Grabstätte auswählen.
Von der Idee der Baum-Gemeinschaftsgräber ist auch der katholische Pfarrer Meinrad Funke überzeugt. „Wir haben sie aber noch nicht“, schildert er und erklärt, dass er innerhalb seiner Gemeinde St. Sebastian in Solingen-West für diese Idee werbe. Beschlossen sei aber noch nichts. Er sehe in diesen Anlagen eine gute Möglichkeit, freie Flächen zu nutzen, erklärt Funke. Voraussetzung sei aber, dass die Namen der Verstorbenen erkennbar sein müssten. In der katholischen Gemeinde St. Clemens überlegt man laut Pfarrer Michael Mohr, wie Baumgräber in die Anlagen integriert werden können. Unter anderem am Schaberg werde auf einer kleinen Fläche bereits experimentiert.