Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Gastgewerbe vor Entlassungswelle
Hotelbetreiber und Gastronomen fordern für 2021 ein verbindliches Konzept, das regelt, wann Restaurants und Cafés wieder öffnen dürfen. Einem Drittel der Firmen droht das Aus.
Der Hotel- und Gaststättenverband in NRW (Dehoga) fürchtet die Schließung mehrerer Tausend der rund 50.000 Gaststätten, Restaurants und Hotels im bevölkerungsreichsten Bundesland, falls es keine Perspektive für einen baldigen Neustart gibt. Das sagte in Düsseldorf Bernd Niemeier, Präsident des Dehoga NRW. Große Sorgen macht sich der Branchenverband über die Zukunft der rund 380.000 Beschäftigten. Ohne Verlängerung der Kurzarbeit müssten viele entlassen werden, so Niemeier. Gerade die Aushilfskräfte würden leiden. So hätten viele Studenten Schwierigkeiten, ihre Mieten zu zahlen. Niemeier: „Das dicke Ende wird kommen. Viele Betriebe hängen bald das Schild ‚Dauerhaft geschlossen’ aus.“
Die Politik müsse für nächstes Jahr „verlässliche und pragmatische Öffnungsbedingungen“festlegen, damit die Unternehmen ihre Beschäftigten halten können. „Wir wollen frühestmöglich die Bedingungen
wissen, wie wir Kneipen, Restaurants und Cafés wieder öffnen können“, sagte er.
Nicht zu akzeptieren sei dagegen, falls die Unternehmen im Januar oder Februar einige Wochen öffnen dürfen, nur um dann wieder dichtgemacht zu werden. Wir sind keine Licht-an-Licht-aus-Branche“, sagte er. Damit sich der Betrieb einer Gaststätte oder eines Hotels lohne, müsse es im Schnitt 33 Tage offen sein, um keine neuen roten Zahlen zu schreiben. Das habe eine Umfrage unter den NRW-Betrieben ergeben. Rund 75 Prozent der Gastronomen und Hotels würden aktuell ihre Existenz in Gefahr sehen. Er fürchtet für ein Drittel der Betriebe die Pleite, wenn ab 2021 die Pflicht zur Anmeldung einer Insolvenz bei einer Schieflage wieder in Kraft tritt.
Die Industrie- und Handelskammer Düsseldorf unterstützt die Forderung nach Perspektiven. „Die Politik muss sagen, wie es nach dem Anfang des neuen Jahres weitergeht“, sagte ihr Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen. Notwendig seien Planungssicherheit und Hoffnung für die Unternehmen, so Berghausen. „Dann wollen die Unternehmen auch anpacken, um ihre Gäste zufriedenzustellen.“
Auch aus der Landespolitik kommt Zustimmung zu den Anliegen der Gastronomen. „Wichtig zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind Planungssicherheit und Optimismus“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). Am Wochenende hatte Ministerpräsident Armin
Laschet (CDU) im Deutschlandfunk verkündet, der Lockdown im Gastgewerbe müsse in absehbarer Zeit enden. „Ein Staat kann nicht 15 bis 20 Milliarden Euro jeden Monat neue Schulden aufnehmen, nur um Restaurants und Gastronomie die Schäden zu ersetzen.“
Als Sofortmaßnahme fordert Dehoga-Chef Niemeier, dass die Novemberhilfe sofort ausgezahlt wird und die Dezemberhilfe sehr bald. Es sei eine „ungeheure Herausforderung“, wenn die Hilfe für November zum großen Teil erst ab 10. Dezember ausgezahlt werde oder noch später. Es sei eine falsche Annahme, die Firmen würden Gewinne damit machen, wenn ihnen im November und Dezember 75 Prozent des Vorjahresumsatzes erstattet werde, obwohl keine Materialkosten bezahlt werden müssen. Diese Rechnung sei allein deshalb falsch, weil die Betriebe im Sommer und Herbst aufgrund der Pandemie weniger Umsätze gemacht hätten und viel in den Umbau zugunsten des Infektionsschutzes investiert hätten.