Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
TVW setzt zum Höhenflug an
Die Handballabteilung des Vereins aus dem Höhendorf erlebt in jüngster Vergangenheit einen enormen Aufschwung.
Die Handballabteilung des Vereins aus dem Höhendorf erlebt in jüngster Vergangenheit einen enormen Aufschwung.
Die Querverbindungen nach Remscheid, Wermelskirchen, Hilgen oder Burscheid sind enorm. Klar, angesichts der geografischen Lage ist es kein Wunder, dass sich beim TV Witzhelden viele bekannte Handballerinnen und Handballer aus der Region tummeln. Gründe dafür gibt es aber weitere. Vor allem den Höhenflug der Höhendörfer, die sich sportlich wie gemeinschaftlich zu einer beliebten Adresse im Bergischen gemausert haben.
Kaum einer kann die Entwicklung besser beurteilen als Matthias Adam. Der 27-Jährige ist nicht nur Abteilungsleiter, sondern auch Spieler in seiner achten Saison im TVW-Trikot. „Wir haben in den vergangenen Jahren vieles entwickelt“, sagt er nicht ohne Stolz und verweist auf rund 230 Mitglieder und jeweils drei Senioren-Mannschaften. „Das war mal anders“, erinnert sich Adam an die Zeit, als sich der TVW aus der Spielgemeinschaft mit den Bergischen Panther wieder rauslöste, nur noch auf rund 150 Handballer und Handballerinnen kam und mit den ersten Männern erst einmal in die Kreisliga abschmierte. „Wir haben uns breiter aufgestellt“, sagt er zu den Gründen.
Dazu zählen aus seiner Sicht auch drei wesentliche Faktoren. Erstens: „Wir haben den Spaß in den Vordergrund gestellt.“Zweitens: „Wir versuchen, alle gleich zu behandeln.“So findet die alljährliche Weihnachtsfeier beispielsweise mit allen Mannschaften gemeinsam statt. Und drittens: „Die Trainer haben großen Anteil am Aufschwung.“
Streng genommen auch Achim Hagenbruch. Er ist seit Jahren der Hallensprecher in Witzhelden und genießt beinahe schon Kultcharakter. Bei den Toren spielt er für jede
Spielerin und jeden Spieler individuelle Jingles ein.
Blick zu den Frauen, wo Lidija Hepp in der zweiten Saison das Sagen bei der ersten Mannschaft hat. Die Witzheldenerin, die Anfang des Jahrtausends bei der Lenneper TG beziehungsweise HG Remscheid zum Durchmarsch in die Zweite Liga beigetragen und später bis 2014 die Handballerinnen des TuS Wermelskirchen trainierte, schloss sich dem TVW vor drei Jahren zunächst als Spielerin an, musste aber in der
Saison 2018/19 wegen Achillessehnenproblemen ihr Karriereende akzeptieren. „Mehr als leichtes Jogging ist seitdem nicht drin“, sagt die 45-Jährige.
Hepp hat sich damit abgefunden und fühlt sich in der Trainerrolle „total wohl“. Grund dafür sei vor allem das homogene Miteinander, der Zusammenhalt im Verein und das Verhältnis zu ihren Spielerinnen. „Ich kann mich auf alle total verlassen“, schwärmt sie regelrecht von ihrem Team. „Ich muss niemanden kontrollieren. Die Aufgaben, die ich stelle, werden zu 100 Prozent umgesetzt. Das macht mich glücklich.“Dass sie mit ihrem Ehemann Lars, der so oft es sein Trainerjob beim Drittligisten Leichlinger TV zulässt bei den ersten Männern spielt, „nur fünf Minuten“von der Halle entfernt wohnt, sei ein zusätzlicher Wohlfühlfaktor.
Auch sportlich läuft es voll nach ihrem Geschmack. In der Oberliga steht für die „Turmladies“derzeit Platz vier zu Buche, dieser war es auch in der abgebrochenen Vorsaison. „Das ist das, wo wir hingehören“, findet Lidija Hepp und betont: „Die Nordrheinliga ist überhaupt kein Thema. Da würden wir uns keinen Gefallen mit tun.“Dagegen spräche unter anderem die Tatsache, dass viele der Spielerinnen Mütter sind und „eine Menge Kompromisse“eingehen, um am Training teilzunehmen. Mehr als ein bis zwei Einheiten pro Woche würde aber niemand schaffen.
Zu ihrem Trainerteam gehören mit Katja Maurer (coacht die Torhüterinnen) und „Statistik-Steffi“van Walsem ehemalige Mitstreiterinnen aus Wermelskirchen. Bekannte Gesichter tummeln sich auch im Spielerkader: mit der Lüttringhausenerin Anja Mohr, Jessica Hantusch (früher unter dem Namen Niederstetter bei den Panthern aktiv) oder Sonja Strauf (TuS/HCW).
Blick zu den Männern, wo zeitgleich zu Lidija Hepp bei den Frauen Rainer Hantusch den Trainerposten zur Saison 2019/20 übernommen hat. Der frühere Klasse-Handballer, der es bis in die Zweite Liga geschafft und bei der TG Hilgen beziehungsweise den Bergischen Panthern gespielt hat, führte den TVW direkt in seiner ersten Saison und nach elf Jahren Abstinenz in die Landesliga, wo in den ersten sechs Partien nur 4:8-Punkte heraussprangen. „Wir haben uns nicht gut präsentiert“, findet der Burscheider, der das bisherige Abschneiden aber einzuordnen weiß: „Für viele ist die Landesliga Neuland.“
Für Jens Cornelsen, Manuel Wichert, Flo Streit und Niki Empersmann gilt dies freilich nicht. Das Quartett kam vor der Saison vom HC Wermelskirchen ins Höhendorf. Den gleichen Weg hatte zuvor schon Torhüter Joe Mientus eingeschlagen. Auch dessen Pendant zwischen
den Pfosten, Sebastian Kallien, kennt man aus Wermelskirchen. Und aus Remscheid. Hantusch: „Wir haben eine coole Truppe.“
Mit dieser verfolgt er verschiedene Ziele. Einerseits den Klassenerhalt in der Landesliga, andererseits aber vor allem eine gewisse Nachhaltigkeit. „Wir wollen eine Identifikation mit Witzhelden schaffen“, verdeutlicht der Trainer. Außerdem ginge es darum, den TVW für junge Spieler attraktiv zu machen.
Das Gemeinschaftsgefühl liegt dem 43-Jährigen dabei besonders am Herzen. Wie wichtig dies sei, habe er in seiner aktiven Zeit erlebt. „Da gehe ich voll drin auf“, sagt Hantusch, „das ist das Größte.“Es ist dem früheren Rückraumshooter, der nach einer Meniskus-Operation und acht weiteren Eingriffen die Schuhe an den Nagel hängen musste, anzumerken, dass ihm der Trainerposten liegt. „Ich möchte den Jungs etwas beibringen“, sagt Hantusch, der zugibt: „Manchmal erwische ich mich dabei, dass ich zu viel will.“