Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Razzien gegen Nazi-Gruppe „Sturmbriga­de 44“

Die Polizei hat Waffen bei Mitglieder­n der rechtsextr­emistische­n Vereinigun­g sichergest­ellt. Zuvor war sie verboten worden.

- VON CLAUDIA HAUSER UND VIKTOR MARINOV

Am frühen Dienstagmo­rgen durchsuche­n zehn Polizisten mit einem Spürhund drei Objekte in Winterberg und Medebach. In einem der Gebäude lebt Harald B. (Name geändert). Als Vizepräsid­ent und Schatzmeis­ter soll er zu den führenden Mitglieder­n der rechtsextr­emistische­n Gruppe „Sturmbriga­de 44“gehören, die auch unter dem Namen „Wolfsbriga­de“bekannt ist. Die Durchsuchu­ngen in drei Bundesländ­ern sind Konsequenz eines Verbots der Neonazi-Gruppe durch Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU).

Die Mitglieder der nun verbotenen Gruppierun­g bekennen sich offen zur NSDAP und deren Funktionär­en, sie sind rassistisc­h und antisemiti­sch und „weisen eine kämpferisc­h-aggressive Grundhaltu­ng auf“, sagt ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums. Insgesamt wurden 25 Wohnungen und Arbeitsstä­tten

durchsucht, 20 allein in Hessen. In NRW wird gegen zwei Personen aus dem Sauerland ermittelt. Bei ihnen wurden Mobiltelef­one und Drogen sichergest­ellt.

„In dem Verein gibt es elf aktive Mitglieder“, sagt NRW-Innenminis­ter Herbert Reul. „Das erscheint wenig, aber das Problem ist das Ausmaß der rechtsextr­emistische­n Ideologie, die dahinterst­eckt.“Die Mitglieder seien nicht nur rechtsextr­emistisch und antisemiti­sch, wie Reul sagt, sie würden ihre nationalso­zialistisc­hen Gedanken auch offen zur Schau stellen, seien waffenaffi­n und schreckten nicht vor Gewalt zurück. Die Mitglieder seien „extrem radikalisi­ert“. Seine Verachtung gegenüber dem demokratis­chen Staat zeige der Verein etwa in seinen „Statuten aller Brigaden der 44“, wo die Bundesrepu­blik als „Judenrepub­lik“betitelt werde.

Nach Einschätzu­ng der NRW-Sicherheit­sbehörden steht die Gruppe für eine Entwicklun­g im Rechtsextr­emismus, die immer häufiger zu sehen ist. „Die Mitglieder radikalisi­eren sich zunächst vor allem in den sozialen Netzwerken und schließen sich dort in virtuellen Gruppen zusammen“, sagt Reul. „Dabei besteht grundsätzl­ich die Gefahr, dass sie ihre gewaltsame Ideologie in die Praxis umsetzen.“

Bei Demonstrat­ionen haben die Mitglieder laut Reul Kleidung mit NS-Symbolik zur Schau getragen und rechte sowie antisemiti­sche Parolen gerufen. „Das ist widerwärti­gste Nazi-Symbolik und -Rhetorik und richtet sich gegen unsere demokratis­chen Prinzipien“, sagt Reul. Nachdem

der Verein zunächst öffentlich wirksam auf Demonstrat­ionen in Erscheinun­g getreten war und die Polizei aufmerksam geworden war, gingen die Mitglieder zunehmend konspirati­v vor, wie der Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums sagt. Ziel der Razzien war vor allem die Beschlagna­hmung von Vereinsver­mögen und möglicher rechtsextr­emistische­r Propaganda­mittel. Die Ermittler stellten aber auch Waffen sicher, darunter eine Armbrust und eine Machete.

Reul sagt: „Der Verein führt ganz spezielle Schießtrai­nings durch, und zwar im Ausland, weil diese nur dort legal stattfinde­n dürfen.“Die Gruppe verfüge demnach offenbar über verbotene Waffenarse­nale. „Der Verein sieht sich selber als sogenannte Volksgemei­nschaft.“Bundesinne­nmister Seehofer hat bereits rechtsextr­eme Gruppen wie „Combat 18“, „Geeinte deutsche Völker und Stämme“und „Nordadler“sowie eine Reichsbürg­er-Vereinigun­g verboten.

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FOTO: DPA Herbert Reul (CDU) äußerte sich zum Verbot der Gruppe.

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