Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ein Wutausbruch bei Armin Laschet
Die Kritik am Van-LaackMaskendeal macht den NRW-Ministerpräsidenten zornig. Der CDU-Politiker attackiert die Opposition scharf.
Vor der Merkur-SpielArena steht eine Traube von knapp 50 Menschen. Ein Mann mit schwarzer Jacke und Kapuzenpulli hält eine etwas holprige Rede. Es geht darin um die Weltverschwörung. Angela Merkels Rauten-Geste zeige ja schon alles, sagt er und sieht eine Verbindung zu Freimaurern und Rosenkreuzern. Auf einem roten Plakat über einer Absperrung steht „Schluss mit Panik, Corona-Pandemie ist Lüge. Freiheit, Frieden, Liebe jetzt“. Mehrere Polizisten stehen am Rand und schauen gelassen dem Treiben der „Querdenker“zu. Die Demonstranten haben sich trotz des schlechten Wetters vor dem Stadion postiert, weil sich an diesem Mittag hoher Besuch angekündigt hat: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und sein Tandempartner im Rennen um die CDU-Spitze, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, wollen sich das Impfzentrum der Landeshauptstadt anschauen. Wie sie hier derzeit mit 20 Mitarbeitern des Veranstalters D-Live und den Kräften der Feuerwehr und des Gesundheitsamts daran arbeiten, dass am 15. Dezember die Infrastruktur steht.
Doch so wie die grauen Wolken über der Arena hängen, so überschattet ein Thema den Termin, der eigentlich die Handlungsfähigkeit des Staates in der Corona-Pandemie zeigen sollen. Der Inhaber des Gladbacher Hemdenherstellers Van Laack, Christian von Daniels, hatte im Interview mit unserer Redaktion öffentlich gemacht, dass Johannes Laschet, Sohn des Ministerpräsidenten,
den Kontakt zur Landesregierung hergestellt und der Firma damit einen Millionenauftrag für Masken und Kittel beschert hatte. Die SPD im Landtag witterte einen Interessenkonflikt und verlangt per parlamentarischer Anfrage Aufklärung.
Am Morgen noch hatte Laschet die Möglichkeit verstreichen lassen, mit ein paar markigen Worten das unappetitliche Thema abzuräumen. Gemeinsam mit Spahn hatte er in der Düsseldorfer CDU-Zentrale in der Wasserstraße per Facebook-Liveschalte Fragen der Internet-Community beantwortet. Doch obwohl sich die Kommentarspalten mit VanLaack-Fragen füllten, schaffte es keine davon durch die Vorsortierung.
Das ändert sich bei der Pressekonferenz im Nachgang zur Kabinettssitzung in der Arena. Als Laschet gefragt wird, ob man denn – wie mal von seinem Minister Karl-Josef Laumann gesagt wurde – etwas verkehrt gemacht habe, wenn man nach der Krise „nicht den Landesrechnungshof am Arsch habe“, und ob Van Laack ein Fall für ebendiesen sei, schmunzelt Laschet noch kurz, um dann zum verbalen Rundumschlag auszuholen: „Ich halte die Unterstellungen der SPD für schäbig und unanständig.“Außerhalb Nordrhein-Westfalens kenne man vielleicht nicht den Zustand der NRW-SPD, ätzt der Ministerpräsident. Da gehöre Diffamieren immer zum Stilmittel. „Aber die neue Qualität jetzt ist, dass es über meine Person hinaus in meine Familie hineingeht, ohne jede Rücksichtnahme. Ich weise das entschieden zurück.“Laschet sieht wütend aus in diesem Moment.
Die Landesregierung habe verzweifelt seriöse Angebote möglichst aus NRW gesucht und jeden gefragt. Natürlich habe er auch seinen Sohn gefragt, der sich in der Textilindustrie auskenne. Er habe ihm den Kontakt zu Van Laack gegeben. Laschet sagte, er habe den Vorstandschef an einem Sonntagabend angerufen. „Mein Sohn hat das gemacht, was jeder in der Situation gemacht hätte: helfen ohne jeden Lohn, ohne jeden Vorteil, ohne jeden Cent.“
Die Reaktion der SPD lässt nicht lange auf sich warten. Der Chef der Landtagsfraktion, Thomas Kutschaty, sagt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Ich hätte Herrn Laschet mehr politisches Gespür und Souveränität zugetraut. Uns allen ist die Situation bewusst, in der wir uns im Frühjahr dieses Jahres befunden haben.“Das bedeute aber nicht, dass eine Landesregierung deshalb Aufträge im Gesamtvolumen von über 40 Millionen Euro vergeben könne, ohne sich dazu erklären zu müssen. „Herr Laschet hat jede Gelegenheit, sachlich darzulegen, wie seine Regierung bei den Aufträgen vorgegangen ist. Das trägt mehr zur Information der Öffentlichkeit bei als Beleidigungen“, sagt Kutschaty.
Dass sich der Fall zur veritablen Regierungskrise ausweiten könnte, bezweifeln indes auch jene Stimmen, die sonst am lautesten Fehlverhalten anprangern: „Es ist eher ein Sturm im Wasserglas, aber Herr Laschet hätte es sofort öffentlich machen sollen. Er hätte die Nummer auch einfach direkt an die entsprechende Abteilung weitergeben können. Das war einfach etwas ungeschickt“, sagt Hartmut Bäumer, Deutschland-Chef von Transparency International.
Verständnis kommt aus der Textilbranche. Trigema-Inhaber Wolfgang Grupp verweist auf die besondere Situation: „Wir sind im Frühjahr auch von verschiedenen Seiten gefragt worden, ob wir Masken liefern können – auch von der baden-württembergischen Landesregierung. Aber wir hatten damals Lieferzeiten von vier Wochen. Ich bin mir sicher: Wenn wir sofort hätten liefern können, hätten wir den Auftrag auch direkt bekommen“, sagt Grupp. Auch Trigema habe damals ausgeholfen und zwischen Mai und Juni 2,3 Millionen Masken an Kliniken, Pflegeheime, die Feuerwehr oder andere Behörden geliefert.