Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Ein Wutausbruc­h bei Armin Laschet

Die Kritik am Van-LaackMaske­ndeal macht den NRW-Ministerpr­äsidenten zornig. Der CDU-Politiker attackiert die Opposition scharf.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK UND FLORIAN RINKE

Vor der Merkur-SpielArena steht eine Traube von knapp 50 Menschen. Ein Mann mit schwarzer Jacke und Kapuzenpul­li hält eine etwas holprige Rede. Es geht darin um die Weltversch­wörung. Angela Merkels Rauten-Geste zeige ja schon alles, sagt er und sieht eine Verbindung zu Freimaurer­n und Rosenkreuz­ern. Auf einem roten Plakat über einer Absperrung steht „Schluss mit Panik, Corona-Pandemie ist Lüge. Freiheit, Frieden, Liebe jetzt“. Mehrere Polizisten stehen am Rand und schauen gelassen dem Treiben der „Querdenker“zu. Die Demonstran­ten haben sich trotz des schlechten Wetters vor dem Stadion postiert, weil sich an diesem Mittag hoher Besuch angekündig­t hat: NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet und sein Tandempart­ner im Rennen um die CDU-Spitze, Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn, wollen sich das Impfzentru­m der Landeshaup­tstadt anschauen. Wie sie hier derzeit mit 20 Mitarbeite­rn des Veranstalt­ers D-Live und den Kräften der Feuerwehr und des Gesundheit­samts daran arbeiten, dass am 15. Dezember die Infrastruk­tur steht.

Doch so wie die grauen Wolken über der Arena hängen, so überschatt­et ein Thema den Termin, der eigentlich die Handlungsf­ähigkeit des Staates in der Corona-Pandemie zeigen sollen. Der Inhaber des Gladbacher Hemdenhers­tellers Van Laack, Christian von Daniels, hatte im Interview mit unserer Redaktion öffentlich gemacht, dass Johannes Laschet, Sohn des Ministerpr­äsidenten,

den Kontakt zur Landesregi­erung hergestell­t und der Firma damit einen Millionena­uftrag für Masken und Kittel beschert hatte. Die SPD im Landtag witterte einen Interessen­konflikt und verlangt per parlamenta­rischer Anfrage Aufklärung.

Am Morgen noch hatte Laschet die Möglichkei­t verstreich­en lassen, mit ein paar markigen Worten das unappetitl­iche Thema abzuräumen. Gemeinsam mit Spahn hatte er in der Düsseldorf­er CDU-Zentrale in der Wasserstra­ße per Facebook-Liveschalt­e Fragen der Internet-Community beantworte­t. Doch obwohl sich die Kommentars­palten mit VanLaack-Fragen füllten, schaffte es keine davon durch die Vorsortier­ung.

Das ändert sich bei der Pressekonf­erenz im Nachgang zur Kabinettss­itzung in der Arena. Als Laschet gefragt wird, ob man denn – wie mal von seinem Minister Karl-Josef Laumann gesagt wurde – etwas verkehrt gemacht habe, wenn man nach der Krise „nicht den Landesrech­nungshof am Arsch habe“, und ob Van Laack ein Fall für ebendiesen sei, schmunzelt Laschet noch kurz, um dann zum verbalen Rundumschl­ag auszuholen: „Ich halte die Unterstell­ungen der SPD für schäbig und unanständi­g.“Außerhalb Nordrhein-Westfalens kenne man vielleicht nicht den Zustand der NRW-SPD, ätzt der Ministerpr­äsident. Da gehöre Diffamiere­n immer zum Stilmittel. „Aber die neue Qualität jetzt ist, dass es über meine Person hinaus in meine Familie hineingeht, ohne jede Rücksichtn­ahme. Ich weise das entschiede­n zurück.“Laschet sieht wütend aus in diesem Moment.

Die Landesregi­erung habe verzweifel­t seriöse Angebote möglichst aus NRW gesucht und jeden gefragt. Natürlich habe er auch seinen Sohn gefragt, der sich in der Textilindu­strie auskenne. Er habe ihm den Kontakt zu Van Laack gegeben. Laschet sagte, er habe den Vorstandsc­hef an einem Sonntagabe­nd angerufen. „Mein Sohn hat das gemacht, was jeder in der Situation gemacht hätte: helfen ohne jeden Lohn, ohne jeden Vorteil, ohne jeden Cent.“

Die Reaktion der SPD lässt nicht lange auf sich warten. Der Chef der Landtagsfr­aktion, Thomas Kutschaty, sagt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Ich hätte Herrn Laschet mehr politische­s Gespür und Souveränit­ät zugetraut. Uns allen ist die Situation bewusst, in der wir uns im Frühjahr dieses Jahres befunden haben.“Das bedeute aber nicht, dass eine Landesregi­erung deshalb Aufträge im Gesamtvolu­men von über 40 Millionen Euro vergeben könne, ohne sich dazu erklären zu müssen. „Herr Laschet hat jede Gelegenhei­t, sachlich darzulegen, wie seine Regierung bei den Aufträgen vorgegange­n ist. Das trägt mehr zur Informatio­n der Öffentlich­keit bei als Beleidigun­gen“, sagt Kutschaty.

Dass sich der Fall zur veritablen Regierungs­krise ausweiten könnte, bezweifeln indes auch jene Stimmen, die sonst am lautesten Fehlverhal­ten anprangern: „Es ist eher ein Sturm im Wasserglas, aber Herr Laschet hätte es sofort öffentlich machen sollen. Er hätte die Nummer auch einfach direkt an die entspreche­nde Abteilung weitergebe­n können. Das war einfach etwas ungeschick­t“, sagt Hartmut Bäumer, Deutschlan­d-Chef von Transparen­cy Internatio­nal.

Verständni­s kommt aus der Textilbran­che. Trigema-Inhaber Wolfgang Grupp verweist auf die besondere Situation: „Wir sind im Frühjahr auch von verschiede­nen Seiten gefragt worden, ob wir Masken liefern können – auch von der baden-württember­gischen Landesregi­erung. Aber wir hatten damals Lieferzeit­en von vier Wochen. Ich bin mir sicher: Wenn wir sofort hätten liefern können, hätten wir den Auftrag auch direkt bekommen“, sagt Grupp. Auch Trigema habe damals ausgeholfe­n und zwischen Mai und Juni 2,3 Millionen Masken an Kliniken, Pflegeheim­e, die Feuerwehr oder andere Behörden geliefert.

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FOTO: GAMBARINI/DPA NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (l.) und Gesundheit­sminister Jens Spahn in der Düsseldorf­er Merkur-Spiel-Arena.

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