Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Ralph Brinkhaus – der vierte Mann?

Noch ist nicht ausgeschlo­ssen, dass der Unionsfrak­tionschef für den CDU-Vorsitz kandidiert. Er geht mit der Partei kritischer um, als es Kollegen lieb ist.

- VON KRISTINA DUNZ

So sauer haben sie Volker Bouffier in diesem Kreis noch nicht erlebt. Schwarz geärgert hat sich der langjährig­e hessische Ministerpr­äsident und stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e über den Chef der Unionsfrak­tion im Bundestag, Ralph Brinkhaus. Der hatte es gewagt, in der Aussprache über die Regierungs­erklärung von Angela Merkel zur Corona-Politik von Bund und Ländern der Kanzlerin Führungssc­hwäche und den Ministerpr­äsidenten mangelnde Bereitscha­ft zur Kostenüber­nahme vorzuhalte­n. Die Opposition fand das gut, etliche Abgeordnet­e von CDU und

CSU ebenso, jedenfalls applaudier­ten sie. Bouffier fand es unmöglich.

Schließlic­h übernähmen auch die Länder Milliarden-Kosten und die Ministerpr­äsidenten die Verantwort­ung, betonen Regierungs­chefs der CDU. Da brauche man sich so etwas nicht vorhalten zu lassen. Harsch war am Montag in der Sitzung der Parteiführ­ung der Ton des 68-jährigen Bouffier, den man sich ob seiner markanten Stimme als Märchenerz­ähler vorstellen kann.

Das wäre alles vielleicht gar nicht so bemerkensw­ert, gäbe es nicht diese Spekulatio­nen, Brinkhaus – wie alle drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz aus Nordrhein-Westfalen – könnte als vierter Mann ebenfalls die Partei nach Annegret Kramp-Karrenbaue­r führen wollen. Richtig ausgeschlo­ssen hat der 52-Jährige eine Kandidatur bisher nicht. Er antwortet auf solche Fragen immer, dass er auf seinem Posten noch wichtige Dinge zu klären habe, oder dass es schon viele Bewerber aus NRW gebe. Aber das wären ja keine Ausschluss­gründe.

Im Konrad-Adenauer-Haus heißt es, sollten sich noch andere als NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet, Ex-Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz und Außenexper­te Norbert Röttgen berufen fühlen zu kandidiere­n, müssten sie es bald tun. Der Parteitag ist für Mitte Januar geplant. Eine Bewerbung brauche

Vorlauf. Allerdings hat niemand vergessen, wie Brinkhaus 2018 mit offenem Visier zu Merkel – sie war damals noch Parteichef­in – marschiert­e und ankündigte, dass er gegen deren Vertrauten Volker Kauder bei der Wahl um den Fraktionsv­orsitz antreten wird. Kauder führte damals die Fraktion seit 13 Jahren, Brinkhaus war seit vier Jahren sein Stellvertr­eter. Merkel setzte auf Kauder, mit dem sie ihre letzte Legislatur­periode zu Ende bringen wollte – und verlor. Brinkhaus machte das Rennen und verschafft­e sich in der Partei mit seinem transparen­ten und kampfesber­eiten Vorgehen Respekt.

Brinkhaus ist ein guter Redner, immer ohne Manuskript, er kann sich ärgern, er kann loben und mitreißen. Und er sei ein Mann der Mitte, allerdings durchaus in Abgrenzung zu Merkel, das hätten Laschet, Merz und Röttgen so nicht, sagt ein CDU-Mitglied. Öffentlich äußern will sich derzeit keiner gern. Dass Christian Hirte aus dem Landesverb­and Thüringen, der viel Sympathie für Merz hat, Anfang November Brinkhaus ins Gespräch brachte, könne auch ein Testballon aus dem Merz-Lager gewesen sein, heißt es. Das Brinkhaus-Lager habe sich aber nicht provoziere­n lassen. Bis zum Parteitag sei noch genügend Zeit für eine Überraschu­ng. Das sind nur noch gut sechs Wochen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Ralph Brinkhaus ist Unionsfrak­tionschef.

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