Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Aus für fünf Kohlekraftwerke in NRW
Hunderte Mitarbeiter bei RWE, Uniper und Steag sind betroffen. Auch Hamburg-Moorburg wird stillgelegt.
Der Kohleausstieg geht voran: Bei einer Auktion der Bundesnetzagentur haben fünf Steinkohlekraftwerke aus Nordrhein-Westfalen den Zuschlag erhalten. Die Auktion ist Teil der beschlossenen Regelung zum Kohleausstieg bis 2038. Bei der Braunkohle hat der Bund direkt mit den Betreibern wie RWE verhandelt und Milliarden-Entschädigungen zugesagt. Bei der Steinkohle müssen sich die Firmen an einer Auktion beteiligen. Die günstigsten Angebote erhalten den Zuschlag. Die Auktionen sollen bis 2026 laufen. Zudem soll 2026 überprüft werden, ob es für junge Kraftwerke mit Baujahr ab 2010 noch eine andere Kompensation geben kann.
Die Kraftwerke, die in der Auktion den Zuschlag erhielten, dürfen ab Januar 2021 keinen Strom mehr verkaufen. Das sind das Uniper-Kraftwerk in Heyden mit 875 Megawatt (MW), die RWE-Kraftwerke Westfalen in Hamm und Ibbenbüren (je 800 MW ), das Steag-Kraftwerk Walsum
9 (370 MW) sowie das kleine Kraftwerk von Pfeifer & Langen in Jülich. Bundesweit erhielten elf Gebote mit einer Gesamtkapazität von
4788 MW den Zuschlag.
Die Auktion war überzeichnet, es wurden weitere Blöcke zur Stilllegung angeboten. Als Entschädigung gibt es insgesamt 317 Millionen Euro für die Betreiber. Der schwedische Konzern Vattenfall kann sein Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg ebenfalls gegen Geld stilllegen. Das umstrittene Kraftwerk war erst
2015 ans Netz gegangen.
„Für die Mitarbeiter ist das kurzfristige Aus ihres Kraftwerks eine bittere Nachricht“, sagte Roger Miesen, Chef der RWE-Tochter Generation. RWE beschäftigt im Kraftwerk Westfalen 166 und im Kraftwerk Ibbenbüren 88 Mitarbeiter. „Durch den Tarifvertrag ist jedoch sichergestellt, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt und die Stilllegungen sozialverträglich gestaltet werden“, betonte Miesen. RWE werde die Stilllegung seiner beiden letzten Steinkohlekraftwerke in
Deutschland mit der betrieblichen Mitbestimmung vorbereiten. Für beide Anlagen erhält das Essener Unternehmen 216 Millionen Euro.
Der Düsseldorfer Konkurrent Uniper äußerte sich ähnlich. „Je schneller wir Planungssicherheit für die Zukunft bekommen, desto konsequenter können wir unsere neuen Projekte, etwa im Bereich Wasserstoff, angehen“, sagte Uniper-Chef Andreas Schierenbeck. Für die Mitarbeiter in Heyden, deren Arbeitsstelle nun wegfällt, soll es Lösungen geben. „Wir sind in konstruktiven Gesprächen über einen Interessensausgleich“, so Schierenbeck.
Uniper will bis zum Jahr 2025 seine Kohlekraftwerke in Gelsenkirchen-Scholven, in Staudinger und Wilhelmshaven mit insgesamt 2,9 Gigawatt stilllegen. Das erst vor einem Jahr gestartete Kraftwerk Datteln 4 soll als letztes vom Netz gehen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist zufrieden: „Es ist erfreulich, dass die erste Ausschreibungsrunde
überzeichnet war. Das zeigt, dass es einen echten Wettbewerb unter den Bietern gab.“Nun sei es amtlich: Noch in diesem Jahr gingen Kohlekraftwerke mit vier Gigawatt vom Netz. Das Ministerium betonte: „Im Zeitraum 2027 bis 2038 findet die Stilllegung dann rein ordnungsrechtlich, ohne Kompensationen statt.“Das heißt: Wer bis 2026 nicht freiwillig geboten und abgeschaltet hat, bekommt danach keinen finanziellen Ausgleich mehr.
Beim Steag-Kraftwerk Walsum 9 sind rund 80 Mitarbeiter von der Schließung betroffen. Am Mittwoch will die Steag auf einer Betriebsversammlung informieren, zur Höhe der Entschädigung äußerte sie sich nicht. In Branchenkreisen vermutet man einen niedrigen zweistelligen Millionen-Betrag – das ist weit weniger, als die Steag sich erhofft hat. Aufsichtsratschef Guntram Pehlke hatte einmal 600 Millionen Euro je 1000 Megawatt gefordert. Steag war im Sommer in Karlsruhe mit einem Eilantrag gegen das Kohleausstiegsgesetz gescheitert.