Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Widersprüc­he säen Zweifel

Ein Remscheide­r soll seine Tochter vergewalti­gt haben. Doch es gibt Widersprüc­he.

- VON MIKKO SCHÜMMELFE­DER

Im Fall des heute 45-jährigen Remscheide­rs, der in Burgdorf seine damals 15-jährige Tochter vergewalti­gt haben soll, sagte am Dienstag der letzte Zeuge vor dem Landgerich­t Wuppertal aus. Nicht alle Zeugenauss­agen waren bekannt, bei der Vernehmung der jugendlich­en Familienmi­tglieder blieb die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen.

Es lag am Gutachter, der zu diesem Zeitpunkt verhindert war, dass die Aussagen nun keine Geheimniss­e mehr sind, denn er musste im Schnelldur­chgang öffentlich informiert werden. Danach soll die Schwester des Opfers der bisherigen Darstellun­g der Tat widersproc­hen haben, sie wäre zu diesem Zeitpunkt zu Hause gewesen und hätte in der kleinen Wohnung nichts bemerkt.

Außerdem sei sie das Papakind gewesen und niemals „angemacht“worden. Im Gegenteil, oft habe sie mit dem Angeklagte­n kindgemäß kuscheln wollen und sei auf ihr Zimmer gejagt worden, weil sie beim Computersp­ielen gestört habe.

Die ältere Schwester sei als Aufpasseri­n von der eifersücht­igen Mutter zu Partys und Festivals mitgeschic­kt worden und habe, so die Schwester und auch ein Freund des Angeklagte­n, nähere Kontakte des Angeklagte­n zu anderen verhindern sollen. Monatelang habe man nach der „Vergewalti­gung“friedlich zusammenge­lebt, auch weitere Widersprüc­he wurden am Dienstag öffentlich.

Die Befragung des Angeklagte­n, der weiterhin eindrückli­ch seine Unschuld beteuerte, über seine aktuellen persönlich­en Lebensumst­ände ging weit darüber hinaus und endete in einer ausführlic­hen Beschreibu­ng seines holprigen Lebenslauf­s. Dabei wurde auch das Gerücht von der „militärisc­hen Ausbildung“und dem „Scharfschü­tzen“gegenstand­slos – bei zwei Musterunge­n sei er nämlich abgelehnt worden.

In seiner Kindheit war ADHS noch unerforsch­t – seine Symptome in frühester Jugend wurden als psychotisc­he Störungen in einem Krankenhau­s behandelt. Überforder­ung durch harte Maßregeln von hochreligi­ösen Eltern ließen eine kindliche Entwicklun­g nicht zu.

Ausbruch von zu Hause, Drogenkons­um, eine Reihe Verurteilu­ngen in minder schweren Fällen folgten. In seiner Amphetamin-Sucht fand er die innere Ruhe – im Gegensatz zur landläufig­en Meinung. Der Gutachter bestätigte das und konnte weder sexuelle Überaktivi­täten noch gefährlich­e psychotisc­he Störungen feststelle­n. Eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit gäbe es nicht, eine Langzeitth­erapie habe zudem die Drogensuch­t gestoppt.

Das Gericht stellte umgehend das Verfahren zur dauernden Einweisung in eine psychiatri­sche Klinik ein und führt nun parallel die Verhandlun­g als normales Strafverfa­hren weiter. Die Urteilsver­kündung folgt.

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