Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Inhaber-Wechsel bei der Bären-Apotheke

Nach mehr als 30 Jahren Selbststän­digkeit hat Ingeborg Gebhardt ihre zwei Apotheken verkauft und will kürzer treten.

- VON MANUEL BÖHNKE

Mit einem ungewohnte­n Gefühl ist Ingeborg Gebhardt zuletzt vermutlich aufgewacht. Denn zum ersten Mal seit 1988 trägt sie keine unternehme­rische Verantwort­ung. Nach 32 Jahren Selbststän­digkeit, davon mehr als 20 in Remscheid, tritt die 58-Jährige von nun an deutlich kürzer. Sie hat ihre Bären-Apotheke mit Standorten im Zentrum-Süd und an der Alleestraß­e verkauft. „Das fällt mir sehr schwer. Meine Mitarbeite­r und ich haben die ganze Woche geheult“, sagt sie schmunzeln­d.

Ihre Wurzeln hat die gebürtige Schwäbin in Biberach an der Riß.

Ingeborg Gebhardt

Inhaberin

Auch ihre Ausbildung machte sie im Ländle: An der Universitä­t Tübingen studierte sie Pharmazie, ist seit 1987 approbiert­e Apothekeri­n. Zunächst betrieb sie eine Apotheke im Schwarzwal­d, später in Thüringen. 1999 zog es sie nach Remscheid.

„Wir wollten aus Thüringen weg und waren auf der Suche nach attraktive­n Standorten“, erzählt sie. Im damals neuen Zentrum-Süd wurde Gebhardt fündig. Bereut hat sie diesen Schritt nie: „Mein Sohn ist hier zur Welt gekommen. Remscheid ist unsere Heimat geworden.“Immer wieder haben sich im Laufe der Jahre ihre Wege mit Stefan Grote (SPD) gekreuzt. Nun verabschie­dete der Bezirksbür­germeister des Südbezirks Gebhardt mit echtem Remscheide­r Honig.

Die 58-Jährige plant, deutlich öfter zu verreisen, sobald das wieder möglich ist. „Ich freue mich darauf, mehr Zeit für mich zu haben“, erzählt sie. Ganz dem Berufslebe­n den Rücken kehrt Gebhardt allerdings noch nicht. Die Pharmazeut­in plant, sich als Apotheken-Beraterin selbststän­dig zu machen. „Ich will mir rausnehmen können, auch mal vier Wochen nicht zu arbeiten, dafür aber zwischendu­rch eine 60-Stunden-Woche durchzuzie­hen.“Die gehörten in den vergangene­n Jahrzehnte­n zu Ingeborg Gebhardts Arbeitsall­tag. Zum Standort im Südbezirk gesellte sich 2005 eine Bären-Apotheke in Radevormwa­ld, 2008 folgte die Filiale an der Alleestraß­e. Mehr als 60 Mitarbeite­r zählte das Unternehme­n zwischenze­itlich, noch heute sind es mehr als 50. Die zu koordinier­en, ist ein zeitaufwen­diges Unterfange­n. Selbst beraten hat Ingeborg

Gebhardt deshalb nur noch selten. „Dafür war einfach keine Zeit mehr, weil Bürokratie und Dokumentat­ion immer mehr Raum einnehmen“, bemängelt sie. Viele Apotheker klagen über diese Entwicklun­g. Trotzdem würde Gebhardt, die ein Studium zur praktische­n Betriebswi­rtin für Pharmazie vorweisen kann, ihren berufliche­n Weg heute wieder einschlage­n: „Wenn man einem Kunden

weiterhelf­en konnte, ist der Tag gerettet.“

Ein Thema, das viele Pharmazeut­en beschäftig­t, sind Nachwuchss­orgen. Davon ist die 58-Jährige jedoch größtentei­ls verschont geblieben. Ihr Vorteil: Viele Mitarbeite­r habe sie jahrelang halten können. Teils arbeiten sie seit 1999 in der Bären-Apotheke. Dementspre­chend gut ist Gebhardts Verhältnis zu ihren Kollegen,

dementspre­chend schwer fällt ihr nun das Abschiedne­hmen. Auch viele Kunden wird sie vermissen. „Wenn ich hier in der Nähe einkaufen gehe, muss ich eine halbe Stunde länger einplanen, weil ich so viele Menschen treffe“, erzählt sie lachend.

Die Kunden müssen sich nicht neu orientiere­n. Sowohl die Filiale im Südbezirk als auch der Standort an der Allee bleiben erhalten. Jasmin Tomcin übernimmt. An sie hat Gebhardt vor knapp drei Jahren bereits ihre Apotheke in Radevormwa­ld verkauft. „Damit ist der Bären-Verbund wieder komplett“, sagt Gebhardt. Als größte Herausford­erung für ihre Nachfolger­in hat sie die Einführung des E-Rezeptes und die Digitalisi­erung im Allgemeine­n ausgemacht. Wenn sie darüber spricht, wirkt die 58-Jährige nicht traurig darüber, bei dieser Entwicklun­g nicht in der ersten Reihe zu stehen.

Am Sonntag hat sich Ingeborg Gebhardt via Zoom von ihren Kollegen verabschie­det. Sobald es Corona zulässt, möchte sie mit einer großen Party „Tschüss“sagen. Denn: „Feiern konnten die Bären schon immer.“

„Feiern konnten die Bären schon immer“

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echtem Remscheide­r Honig.
FOTO: DORO SIEWERT Sie kennen einander seit vielen Jahren: Ingeborg Gebhardt und Stefan Grote. Der Bezirksbür­germeister des Südbezirks verabschie­dete die Apothekeri­n mit einem Glas echtem Remscheide­r Honig.

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