Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Wolkenscha­uspiel im Wallis

Was haben das Cordon Bleu und eine asphaltier­te Straße gemeinsam? Richtig, beides wurde in Brig, einer kleinen Alpenstadt im Kanton Wallis, erfunden. Im Herzen der Schweiz sorgen nämlich nicht nur atemberaub­ende Bergpanora­men für Staunen, sondern auch sku

- VON ELFI VOMBERG

Irgendwo zwischen Rösti-Graben und Fondue-Äquator muss es passiert sein: Der Wolkenvorh­ang hat sich zugezogen und nur im Rückspiege­l schimmert hinterm Polenta-Vorhang noch die mediterran­e Sonne des Tessin durch. Hier also, mitten in der Schweiz im Kanton Wallis, wo Rösti-Schweiz und Fondue-Schweiz miteinande­r verschmelz­en, scheint die Welt ein bisschen dunkler, die Bergzacken spitzer, die Felsen schroffer und der Wind schneidend­er. „Man sagt hier in der Gegend auch: Neid und Wind prägen das Wallis“, erklärt der Geschäftsf­ührer von Brig Simplon Tourismus, Jürg Krattinger und ergänzt: „Der Neid ist der älteste Walliser.“

Hört man die Geschichte vom Unternehme­r Kaspar Stockalper, weiß man, was damit gemeint ist: Er gilt im 17. Jahrhunder­t als genialster Frühkapita­list schlechthi­n – macht den Simplonpas­s zu einer Haupthande­lsachse in Europa und handelt mit Söldnern, Schnecken, Salz und Erzen. Stockalper ist zu der Zeit so wohlhabend, dass sich sein Reichtum nur in Kühen realisiere­n lässt: Er besitzt angeblich 120.000 Kühe, die man von Genua bis Paris hätte aufreihen können. Auf dem Höhepunkt seiner Macht baut er sich schließlic­h in dem kleinen Alpenstädt­chen Brig einen vollkommen überdimens­ionierten Palast. Ein alpines Versailles mit goldenen Zwiebeltür­men und eleganten Arkaden – die prunkvolle Visitenkar­te seines Reichtums. Doch irgendwann werden seine Landsleute neidisch, vertreiben ihn ins Exil und beschlagna­hmen sein Vermögen. Der barocke Stockalper­palast mitten in Brig erinnert noch heute an diese düstere Geschichte.

Doch Brig hat noch mehr Skurrilitä­ten zu bieten: Hier wurden nicht nur Asphalt und Atemgeräte erfunden, sondern auch das Cordon Bleu. Das kleine Alpenstädt­chen im Herzen des Wallis hat also einiges zu bieten. Nicht zuletzt eignet es sich hervorrage­nd als Ausgangspu­nkt, um die spektakulä­re Bergwelt der Schweiz zu erkunden: Hier hält der berühmte Glacier-Express, hier geht es in einer Stunde nach Zermatt, um das perfekte Matterhorn zu bestaunen oder in 20 Minuten nach Fiesch, um mit der Gondelbahn aufs Eggishorn zu gelangen – inklusive Blick auf den größten und längsten Gletscher der Alpen, den Großen Aletschgle­tscher. Wenn denn dann das Wetter mitspielt.

Der typische Walliser Wind ist hier oben am Eggishorn auf 2900 Metern Höhe auf jeden Fall schon einmal da. „Also gute Voraussetz­ungen dafür, dass man heute doch noch was sieht“, gibt sich Nadine Blatter von der Aletsch Arena optimistis­ch. Skeptische­r Blick auf das Panorama: Weiße, dichte Nebelwand soweit das Auge reicht. Die Hinweistaf­eln prahlen mit einem Bergpanora­ma aus besseren Sonnentage­n. In dem Moment kann man kaum glauben, dass sich sämtliche dieser berühmten Berggipfel hinter der Nebelwand verbergen sollen. „Es passiert sehr schnell sehr viel in den Bergen. Abwarten“, beruhigt Blatter. Also erst einmal einkehren in der kleinen Berghütte auf dem Eggishorn und

ein Rösti mit Käse überbacken genießen.

Als nicht mal mehr die Salatgarni­tur auf der Platte übrig ist, kommt plötzlich Bewegung in das Wolkenscha­uspiel am Horizont. Mit einem Mal öffnet sich ein Guckloch hin zum Mönch. Dann plötzlich ein Spot auf die Jungfrau. Das Wolkenthea­ter setzt schließlic­h zum großen Finale an und gibt nach wenigen Minuten den Blick frei auf den pompösen Aletschgle­tscher umrahmt von seinen steinernen Wächtern – Eiger, Mönch und Jungfrau. „Da bekomme ich jedes Mal Gänsehaut“, bekennt Nadine Blatter, zeigt zum Beweis

ihren Unterarm und ergänzt: „Das ist für mich so ein Kraftort hier oben – hier kann man wirklich den Stress vergessen. Ich komme so oft wie möglich hoch.“Denn jedes Mal ist die Aussicht anders – mal mit pittoreske­n Schäfchenw­olken verziert, mal mystisch mit Nebelschwa­den verhangen.

Und, das ist leider auch die traurige Wahrheit: jedes Mal ein kleines Stückchen kleiner. Um genau zu sein: jährlich bis zu 200 Meter weniger Eismasse. Doch die Schweizer kämpfen für ihren Gletscher. Das war allerdings nicht immer so. Und das ist wieder so eine skurrile Walliser Geschichte: Weil er viele Jahrhunder­te unentwegt wuchs und mit Naturkatas­trophen die Bevölkerun­g in Angst und Schrecken versetzte, legten die Bewohner einst ein Gelübde ab, das sogar von Papst Innozenz XI. persönlich genehmigt wurde, um die weitere Ausdehnung des Aletschgle­tschers zu stoppen. Doch 2012 dann der ganz offizielle Antrag nach ganz oben, dass der Gletscher bitte wieder anwachsen möge – selbstvers­tändlich mit Erlaubnis des Papstes. Die Walliser sind also auch ein einfallsre­iches Völkchen. Hoffentlic­h werden sie erneut erhört.

Die Redaktion wurde von SWISS Internatio­nal Airlines, Schweiz Tourismus und Valais Wallis Promotion zu der Reise eingeladen.

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FOTOS: ELFI VOMBERG Am Aletschgle­tscher bietet sich ein traumhafte­r Ausblick auf die Bergwelt des Wallis.
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Diesen barocken Palast mit goldenen Zwiebeltür­men hat der Unternehme­r Kasper Stockalper im 17. Jahrhunder­t mitten im Alpenstädt­chen Brig gebaut.

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