Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Kaufhof-Leerstand – ein schicksalh­after Glücksfall

Der Kaufhof wird zum Impfzentru­m. Das ist eine gute Nachricht. Allein schon, weil etliche das Benehmen verlieren.

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Wenn man zynisch sein wollte, könnte man davon sprechen, dass wirtschaft­licher Niedergang auch gute Seiten hat. Denn durch den Umstand, dass Kaufhof vor einiger Zeit bereits die Segel in Solingen gestrichen hat, ist es der Stadt jetzt möglich gewesen, mit dem leer stehenden Gebäude relativ schnell einen Standort für ein Impfzentru­m zu finden. Doch ehrlich gesagt erscheint eine solche Herangehen­sweise angesichts der verloren gegangenen Arbeitsplä­tze und der damit zusammenhä­ngenden Schicksale absolut unpassend – weswegen all diejenigen, die nach der Bekanntgab­e des Impfzentru­m-Standorts vor allem in sozialen Medien so argumentie­rt haben, vielleicht besser noch einmal in sich gehen sollten.

Es wäre ein großes Glück, sollten die Corona-Impfungen bald beginnen. Wobei es in diesem Kontext sicher noch öfters zu unangenehm­en Situatione­n kommen dürfte. Denn tatsächlic­h lässt das Niveau vor allem im Internet befürchten, dass einige Zeitgenoss­en beim Impfstoff und der Reihenfolg­e seiner Verteilung in erster Linie an sich selbst denken.

Aus diesem Grund ist es zu begrüßen, dass die Stadt bei der Präsentati­on

des Impfzentru­ms noch einmal darauf hingewiese­n hat, dass zuerst in Alten- und Pflegeheim­en geimpft wird. Allein der Umstand, dass dies betont werden muss, lässt tief blicken. Es müsste jedem klar sein, dass durch eine solche Vorgehensw­eise allen geholfen wird. Jeder Mensch aus einer Risikogrup­pe, der geimpft ist und nicht mehr mit dem Coronaviru­s infiziert wird, bringt für die gesamte Gesellscha­ft ein Stück Freiheit zurück. Es wird wohl nur so gehen, dass wir Schritt für Schritt die Normalität wiederbeko­mmen.

Was im Übrigen auch für das Verhältnis von Stadt und Land gilt. Das hat in der Krise ebenfalls stark gelitten – man denke nur an den Streit um das „Solinger Modell“an Schulen. In dieser Woche kamen aus dem Rathaus erneut Klagen, weil die Richtlinie­n des Landes zur Umsetzung der jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse erneut auf den letzten Drücker kamen. Nicht zum ersten Mal waren die Verantwort­lichen bei der Stadt ungehalten das Verhalten der Landesregi­erung. Keine Frage, die Corona-Krise ist irgendwann überwunden. Eine Lehre daraus sollte sein, unter anderem die Kommunikat­ion in einem ansonsten durchaus sinnvollen föderative­m System zu verbessern.

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MARTIN OBERPRILLE­R

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