Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Die EU muss die Nerven behalten“
Im Brexit-Streit mahnt der Außenhandelschef Europa zur Hartnäckigkeit.
Herr Börner, der britische Premier Boris Johnson fährt einen harten Kurs in den Brexit-Verhandlungen. Welche Folgen hätte ein No Deal?
BÖRNER Den größeren Schaden hätten eindeutig die Briten. Aber auch für die europäische und insbesondere die deutsche Exportwirtschaft wäre ein Scheitern der Verhandlungen ein herber Schlag. Doch das Schlimmste für uns Deutsche ist schon eingetreten: Mit Großbritannien haben wir in der EU einen ganz wichtigen Partner verloren, der für Wettbewerb und freie Marktwirtschaft steht.
Will Johnson die EU erpressen?
BÖRNER Nein, das glaube ich nicht einmal. Sein Verhalten hängt mit seinem Charakter, seiner Erziehung und seiner Ausbildung zusammen mit der klassischen englischen Debating-Culture, wo einer am Ende als Gewinner vom Platz geht. Für Boris Johnson ist der Brexit ein Spiel. Das ist ein Mensch, der in einer Spielwelt lebt… …das ist doch brandgefährlich, oder nicht?
BÖRNER Ja, das ist brandgefährlich, aber er ist nun mal Premierminister und wir müssen damit umgehen. Johnson wird bis zum letzten alle Register ziehen. Es kann sein, dass dieses Spiel bis zwei Minuten vor Silvester weitergeht. Die EU muss unbedingt die Nerven behalten.
Trauen Sie EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zu, hart zu bleiben bis zum bitteren Ende?
BÖRNER Ihr wird nichts anders übrigbleiben. Wir können beim Punkt Wettbewerbsbedingungen nicht nachgeben. Das weiß Frau von der Leyen. Es darf nicht sein, dass ein Land sagt, ich trete zwar aus dem Binnenmarkt aus, will aber weiter alle Vorteile des Binnenmarkts genießen. Wenn wir da nachgeben würden, könnten wir die EU gleich begraben.
Wer hat im Moment die besseren Karten?
BÖRNER Die Karten sind für Boris Johnson eindeutig schlechter als für die EU. Sein großer Freund Donald Trump ist jetzt nicht mehr da, der ihn beschützt hat. Die Karten für Boris Johnson werden von Stunde zu Stunde schlechter, das heißt aber nicht, dass er einlenkt.
Welchen Appell richten Sie an die EU?
BÖRNER Ich sage an die Adresse der EU: Hart bleiben, hart bleiben, hart bleiben, keinen Millimeter nachgeben. Das darf sich die EU nicht leisten, sonst fällt sie auseinander.