Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Bewährungsstrafe nach Ohrfeige
Nach einem Vorfall auf dem Zöppkesmarkt legte das Opfer ein gutes Wort ein.
Mit einem alkoholkranken Vater aufgewachsen und dann noch die Ehefrau mit dem besten Freund durchgebrannt: Es war einiges schiefgelaufen im Leben des Angeklagten. Die nun vom Landgericht gegen ihn verhängte Bewährungsstrafe gehört eher nicht zu diesen „Genickschlägen“für den 39-Jährigen, der sich dort wegen Beleidigung und Körperverletzung zu verantworten hatte.
Zumindest dann nicht, wenn er den Wink des Gerichts für sich als Chance nutzt und begreift, wie gut dort alles für ihn gelaufen ist. Mit einem Opfer, dass er beim Zöppkesmarkt 2019 beleidigt und mit der Hand ins Gesicht geschlagen hatte – und das nun im Zeugenstand ein gutes Wort für den Angeklagten einlegte. Dieser sei mit den sechs Monaten Haft, die das Amtsgericht zuvor gegen ihn verhängt hatte, zu hart bestraft worden. Er selbst habe eine Risswunde an der Hand und eine geschwollene Wange gehabt.
Und ja, wenn er jetzt irgendwohin gehe, denke er schon darüber nach, ob die Lage eskalieren könne.
Damals beim Zöppkesmarkt sei der Schlag unerwartet gekommen. Er habe sich im Gedränge nach seiner Frau umgeschaut, und der Angeklagte habe ihn angerempelt. Es folgten Beleidigungen und besagte Ohrfeige. Der alkoholisierte Angeklagte soll auch damit gedroht haben, ihn mit seinem Gebiss zu verletzen. Für dessen Verteidiger bewegte sich der Übergriff am unteren Ende dessen, was im Umfeld des Zöppkesmarktes so möglich sei. Auch der Berufungsrichter hatte augenscheinlich schon berufliche Berührungspunkte mit dem Event und resümierte: „In diesem Jahr ist es ruhig geblieben, der Markt ist ausgefallen.“
Derweil aber zurück zum Angeklagten, der sich die Tränen aus den Augen wischte, als die Bewährungshelferin über seine Kindheit und Jugend mit dem alkoholkranken Vater sprach. Der mittlerweile 39-Jährige sei nach der Trennung der Eltern bei ihm geblieben, weil er ihn nicht habe allein lassen wollen. Noch immer gehe er über eigene Grenzen, um sich für andere einzusetzen – bis hin zur Selbstverleugnung. So habe er erst kürzlich eine obdachlose Bekannte in seiner Wohnung aufgenommen, und als die damit bedroht worden sei, dass man ihr einen Finger abschneiden wolle, habe sich der Angeklagte vor sie gestellt und den Peinigern gesagt, man möge doch seinen Finger nehmen.
Eine engagierte Bewährungshelferin, die das Gericht davon überzeugte, dass der 39-Jährige trotz einiger Vorstrafen noch eine Chance verdient habe: Auch das gehört zu den besonderen Begebenheiten dieses Berufungsprozesses, die der Mann nun nutzen könnte, um sein Leben in eine andere Spur zu bringen. Dann hob auch noch das Opfer den Daumen und wünschte dem Angeklagten, dass es mit seinem Leben besser weitergehen möge: Es kamen viel Gutes zueinander. Zu guter Letzt auch die erhoffte Aussetzung der Haftstrafe zur Bewährung.