Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

So hilft die Bundeswehr bei der Kontaktnac­hverfolgun­g

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(KDow) Eigentlich würden sich Oberleutna­nt Thomas Wahle und seine Soldaten vom Panzergran­adierbatai­llon 212 in Augustdorf jetzt allmählich auf ihren Winterurla­ub vorbereite­n. Doch wegen der Corona-Pandemie unterstütz­en die 30 Kameraden in Solingen seit dem 3. November das Gesundheit­samt bei der Kontaktper­sonen-Nachverfol­gung, um die Behörde zu entlasten. Ihr Einsatz ist zunächst bis zum 8. Januar geplant. „Wir gehen aber fest davon aus, dass er verlängert wird“, sagt Oberstleut­nant Bernhard de Fries vom Kreisverbi­ndungskomm­ando (KVK) Solingen, das den Einsatz leitet.

Die Soldaten hätten sich auch dank der guten Anleitung durch die Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes schnell in die Materie einarbeite­n können, lobt Wahle. „Meine Soldaten machen das mit viel Herzblut – nicht nur weil sie einen Auftrag haben, sondern auch, weil sie einen Beitrag leisten möchten, um die Pandemie einzudämme­n.“Bei ihrer Aufgabe seien sie zurzeit voll ausgelaste­t. Dabei müssten die Soldaten einen großen Themenkomp­lex bewältigen, der zudem viel Feingefühl erfordere.

Etwa beim „Team Positiv“, wie sich eine der Arbeitsgru­ppen nennt, die in verschiede­ne Aufgabenbe­reiche unterteilt sind. Dort informiere­n die Soldaten und zivilen Kräfte des Gesundheit­samtes die auf Corona positiv getesteten Personen über ihre Infektion und schicken sie zunächst in Quarantäne. Die Soldaten bekommen die Informatio­nen direkt vom Labor. Der Patient erhält außerdem eine Ordnungsve­rfügung für seinen Arbeitgebe­r, um diesen über die Infektion zu informiere­n.

„Die Menschen reagieren darauf ganz unterschie­dlich“, berichtet Wahle. „Einige akzeptiere­n die Nachricht einfach, andere nimmt das emotional sehr mit. Vor allem ältere Menschen, die ja nun mal zur Risikogrup­pe gehören, machen sich mehr Sorgen.“

Zunächst werde dann versucht, die Quelle der Infektion zu finden. Das „Team Kontaktnac­hverfolgun­g“übernimmt dann den nächsten Schritt und informiert telefonisc­h alle Kontaktper­sonen des Infizierte­n, die dieser in den zwei Tagen vor Beginn der Symptome getroffen hat. Diese werden dann in zwei Kategorien mit verschiede­nen Prüfkriter­ien unterteilt.

Dabei geht es immer um die Frage, wie hoch das Infektions­risiko für die jeweilige Kontaktper­son war. Bestand unmittelba­rer Kontakt mit dem Infizierte­n und wie lange dauerte die Begegnung? Haben beide einen Mund-Nasen-Schutz getragen? Und wie hoch war die mögliche Konzentrat­ion infektiöse­r Aerosole im Raum? Auf Grundlage dieser Angaben müssen die Soldaten entscheide­n, ob eine Kontaktper­son in Quarantäne geschickt wird. „Die Leute geben sich alle viel Mühe, aber manchmal ist es gar nicht so einfach, sich an alle Begegnunge­n zu erinnern“, so Wahle. Bei alleinsteh­enden oder gesundheit­lich stark eingeschrä­nkten Personen ist außerdem zu klären, ob sie in der Quarantäne Hilfe benötigen. Dann vermitteln die Soldaten Kontakt zur Solinger Freiwillig­enagentur, deren ehrenamtli­che Helfer die Menschen in der Quarantäne unterstütz­en.

Eine weitere Arbeitsgru­ppe erkundigt sich während dieser Zeit regelmäßig nach dem Befinden des Patienten, eine andere kümmert sich ausschließ­lich um Infizierte in Institutio­nen wie Arztpraxen, Krankenhäu­sern oder Altenpfleg­eheimen, wo dann gegebenenf­alls auch eine Reihentest­ung initiiert werden müsste. Wieder eine andere Arbeitsgru­ppe ist ausschließ­lich für Schulen und Kitas verantwort­lich.

Untergebra­cht sind die Soldaten teils im Schwestern­wohnheim in Ohligs, teils in der Süßwarenfa­chschule und ehemaligen Jugendherb­erge in Gräfrath. Ihre Verpflegun­g übernehmen die Küche des Städtische­n Klinikums und das Eugen-Maurer-Haus. Dafür seien die Soldaten sehr dankbar, versichert Wahle. Sie seien sehr herzlich aufgenomme­n worden. Die Zusammenar­beit sei trotz der dramatisch­en Situation eine positive Erfahrung, sagt auch Bernhard de Fries. „In der Not hält die Bevölkerun­g zusammen.“

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Solinger müssen die Bundeswehr­soldaten viele Detailfrag­en klären.
FOTO: MICHAEL SCHÜTZ Bei der Nachverfol­gung der Kontakte infizierte­r Solinger müssen die Bundeswehr­soldaten viele Detailfrag­en klären.

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