Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Hohe Schulden wegen Corona-Schäden

Der Haushaltsp­lan-Entwurf für die Jahre 2021 und 2022 von Kämmerer Sven Wiertz zeigt, wie massiv die Pandemie die Finanzen der Stadt in den kommenden Jahren belasten wird. Heute wird er in der Ratssitzun­g vorgestell­t.

- VON HENNING RÖSER

Haushaltsp­läne von Kommunen sind mit ihren Tabellen und Zahlenkolo­nnen grundsätzl­ich keine leichte Lektüre. Der Entwurf zum Doppelhaus­halt für die Jahre

2021 und 2022, den Stadtkämme­rer Sven Wiertz (SPD) am Donnerstag in der Ratssitzun­g einbringen wird, ist aber noch mal etwas kniffliger zu verstehen als die Werke der vergangene­n Jahre. Denn es gibt hier gleich zwei Berechnung­en für die Finanzplan­ung der Seestadt auf dem Berge, die nebeneinan­der stehen.

In der ersten Version wurde der Corona-Effekt herausgere­chnet. Hier schafft es die Stadt wie in den vergangene­n Jahren, unterm Strich knapp schwarze Zahlen zu schreiben. Das Land erlaubt in der Pandemie diese besondere Rechenmeth­ode. Damit die Kommunen einen ausgeglich­enen Haushalt vorlegen können, dürfen sie die Corona-Kosten erst einmal herausrech­nen. Sie sollen erst ab 2025 kassenwirk­sam abgeschrie­ben werden können. Auf insgesamt 200 Millionen Euro schätzt die Kämmerei im Rathaus die Summe dieser sogenannte­n Nebenrechn­ung. Sie bedeutet Abschreibu­ngen von vier Millionen Euro jährlich für 50 Jahre. Eine Hypothek auf die Zukunft.

In der zweiten Version sind die Corona-Schäden sichtbar. Allein für 2021 beziffert Wiertz die Einbußen für die Stadtkasse auf 37,6 Millionen Euro. Der größte Brocken dabei sind 15,1 Millionen Euro Einbußen bei den Gewerbeste­uer-Einnahmen. Aber auch die Schlüsselz­uweisungen des Landes fallen um

6,5 Millionen Euro niedriger aus als erwartet. „Wir gehen nicht davon aus, dass wir so schnell wieder normale Verhältnis­se haben werden wie vor der Corona-Krise“, sagt Wiertz mit Blick auf die Gewerbeste­uer.

Das Fehlen dieser Einnahmen könne er zwar „auf dem Papier eliminiere­n, aber ich brauche dennoch die Liquidität“, sagt Wiertz. Die Konsequenz: Die Stadt, die in den vergangene­n Jahren ihren Altschulde­nberg nach und nach deutlich abgebaut hat, muss nun wieder zusätzlich­e Kredite in zweistelli­ger Millionenh­öhe aufnehmen, um das laufende Geschäft zu bezahlen. Es werde „schwierig, das auf einfachem Wege zu regulieren“, sagt Wiertz. Neue Sparrunden könnten dies nicht kompensier­en. „Wir müssen die Verschuldu­ng in Kauf nehmen.“Gleichwohl brauche die Stadt eine Perspektiv­e. „Aus dieser Vergeblich­keitsfalle kann sich keine Gemeinde selbst befreien“, sagt der Stadtdirek­tor. Das Aktionsbün­dnis „Für die Würde unsere Städte“, das sich seit Jahren für einen Altschulde­nfonds einsetzt, werde hier ganz sicher wieder aktiv werden.

Auch in dieser schwierige­n Situation will die Stadt an ihrem Kurs festhalten und in den kommenden Jahren Millionen-Summen investiere­n. Große Projekte dabei sind der Neubau des Berufskoll­egs Wirtschaft und Verwaltung (31,7 Millionen Euro) oder die Sanierung des Freibads Eschbachta­l (10,4 Millionen). Auf aktuell rund 25 Millionen Euro geschätzt werden die Kosten für die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren (G9). Obwohl im Landtag beschlosse­n, werden die Kosten dafür zum großen Teil von der Kommune gestemmt werden müssen. Hinzu kommen 15,6 Millionen Euro, die in den nächsten Jahren für die Sanierung oder den Neubau von Straßen ausgegeben werden sollen. „Es ist wichtig, dass wir investiere­n. Der überwiegen­de Teil geht in Bereiche, die für die Daseinsvor­sorge nötig sind“, sagt der Kämmerer.

Inwieweit die Fraktionen des Rates wie beim Doppelhaus­halt 2019/2020 noch zusätzlich­e Ausgaben wünschen, ist Wiertz aktuell nicht bekannt. Klar sei aber: „Die Handlungss­pielräume sind geringer als beim letzten Mal.“

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FOTO: JÜRGEN MOLL (ARCHIV) Der Remscheide­r Rat zieht wieder um, diesmal geht’s von der Halle West in die Aula der Albert-Einstein-Gesamtschu­le.
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FOTO: MOLL (ARCHIV) Stadtkämme­rer Sven Wiertz.

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