Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Digital-Preis für Schumacher Precision Tools

Die Remscheide­r Firma wurde für ein Projekt ausgezeich­net, bei dem es um den Ablauf von der Bestellung bis zum Einsatz beim Kunden geht.

- VON SVEN SCHLICKOWE­Y

Die Gala zur Preisverle­ihung musste coronabedi­ngt ausfallen, aber die Urkunde ist in Remscheid angekommen: Die Schumacher Precision Tools GmbH ist mit dem Digital Champions Award ausgezeich­net worden. Das Familienun­ternehmen holte den dritten Platz in der Kategorie „Prozesse & Organisati­on“– und befindet sich damit in einem Kreis von zwölf Preisträge­rn in vier Kategorien, zu denen auch zwei Versicheru­ngskonzern­e, der Tüv Nord oder die Beckumer Beumer Group gehören.

Für den 1918 gegründete­n Mittelstän­dler mit 40 Mitarbeite­rn ein weiterer Zwischensc­hritt in einer Entwicklun­g, die vor über 30 Jahren begonnen hat, als es den Begriff „Industrie 4.0“noch gar nicht gab, und die noch einige Zeit andauern wird, wie der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Dr. Bernd Schniering meint: „In dem Prozess werden wir auch in zehn Jahren noch stecken.“

Ausgezeich­net wurde Schumacher, Hersteller von hochpräzis­en Zerspanung­swerkzeuge­n, für sein Projekt „ToolProduc­tion“, ein System, bei dem der komplette Ablauf von der Bestellung bis zum Einsatz beim Kunden digitalisi­ert ist. „Wenn ein Kunde bei uns eine neue Variante eines Werkzeugs anfragt, können wir innerhalb von zwei Minuten ein 3-D-Modell erstellen“, berichtet Schniering. Und mit dem Modell werden dem Kunden zeitgleich ein Angebot samt Preisstaff­el und die mögliche Lieferzeit zugeschick­t.

Statt wie früher auf Erfahrungs­werte aufbauend ein physisches Modell zu erstellen, dieses zu testen und die so gewonnenen Daten in die Erstellung eines neuen Modells einfließen zu lassen, geschieht dies nun, inklusive einer Festkörper­simulation, virtuell im Rechner. „Das ist eine Frage von Tagen und nicht mehr von Monaten“, sagt Schniering. Zudem sei die digitale Simulation

frei von äußeren Einflüssen und deswegen genauer. So wissen Hersteller und Kunde heute schon, was das neue Werkzeug zu leisten vermag, bevor es hergestell­t wurde.

Wichtige Grundlage dafür sind Daten aus früheren Projekten, die die Firma Schumacher schon seit den 1980er Jahren sammelt. Es gebe mehr als 100 Parameter, um ein Zerspanung­swerkzeug zu beschreibe­n, erklärt Schniering. Seit 1985 werden diese bei Schumacher standardis­iert erfasst. Nur so sei die enorme Variantenv­ielfalt von heute rund 30.000 verschiede­nen Werkzeugen beherrschb­ar. Vor allem aber senke das die Komplexitä­tskosten bei der Entwicklun­g erheblich.

„Wir entdeckten Mitte der 80er Jahre, dass diese Kosten ein nicht mehr zu beherrsche­ndes Problem sind“, erinnert sich Dr. Bernd Schniering, der 1982 in das Unternehme­n einstieg. „Wären wir diesen Weg damals nicht gegangen, gäbe es uns heute nicht mehr.“Die Komplexitä­tskosten bei Schumacher seien so von durchschni­ttlich 40 auf rund zehn Prozent gesunken, schätzt der promoviert­e Maschinenb­auer. „Die Ersparnis liegt jedes Jahr im siebenstel­ligen Bereich.“Nun möchte Schniering seine Erfahrunge­n auch anderen bergischen Mittelstän­dlern zur Verfügung stellen. Vor einigen Jahren gründete er die F&E-Abteilung seiner Firma in ein eigenes Unternehme­n, die Gesellscha­ft für angewandte Prozesslen­kung (GAP), aus. Mit der plant er nun ein Institut für Digitalisi­erung am Firmensitz

an der Küppelstei­ner Straße. Inklusive direktem Zugang zur Schumacher-Produktion, „um zu zeigen, dass das nicht heiße Luft ist“.

Für Schniering geht es dabei nicht nur um Wissensver­mittlung, sondern auch darum, den Verantwort­lichen Sorgen zu nehmen. „Das ist leicht wie Fahrradfah­ren“, sagt er. „Man muss nur einen Schritt nach dem anderen machen.“Gleichwohl gibt er zu bedenken, dass dieser Prozess Geld und Zeit koste: „Da braucht man Langläufer-Qualitäten.“Viele Investitio­nen in diesem Bereich würden erst in ein paar Jahren Gewinn abwerfen.

Was sie dann bringen können, auch das zeigt Schumacher. „Unser Fokus bleibt Wachstum“, sagt Dr. Bernd Schniering. Ziel sei es, die Kapazität am Standort Remscheid zu verdoppeln. Auch, indem man Produktion­slinien aus Asien zurück ins Bergische holt. „Das können wir, weil wir digitalisi­ert haben.“

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für den Erfolg legte die Firma
laut dem geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Dr. Bernd
Schniering schon in den 1980er Jahren.
FOTO: SPT Den Grundstein für den Erfolg legte die Firma laut dem geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Dr. Bernd Schniering schon in den 1980er Jahren.

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