Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Stadt will bei Kita-Schließungen einspringen
Kibiz-Reform: Diakonischen Werk befürchtet weitere Schließungen von kirchlichen Kindergärten.
Auch wenn freie Träger wie die Diakonie Kindergartenstandorte aufgeben, will die Stadt eine wohnortnahe Versorgung mit Kita-Plätzen gewährleisten. Das versicherte Rathaussprecherin Stefanie Mergehenn auf Anfrage. Wenn es zu Schließungen komme, werde die Stadt sich in einem ersten Schritt um einen neuen freien Träger bemühen, sagte sie. Gelinge dies nicht, müsse die Stadt selbst einspringen, wenn Kindergartenplätze benötigt würden. Dabei plane man sozialraumgemäß. Soll heißen: Fallen in einem Stadtteil Plätze weg, sollen sie auch im gleichen Quartier neu entstehen. Die träfe nach Mergehenns Angaben auch auf Merscheid zu. Dort hatte die Evangelische Kirchengemeinde die Schließung ihrer Kindertagesstätte zum Sommer 2022 angekündigt. Warnende Worte kamen vom Diakonischen Werk, das die evangelischen Kitas in Solingen betreibt. Dessen Geschäftsführerin Ulrike Kilp rechnet damit, dass es nicht bei diesem Einzelfall bleibe. Nicht nur bei der Diakonie sei man wegen der im NRW-Kinderbildungsgesetz festgeschriebenen Finanzierung verunsichert. Dies gelte auch für andere Träger.
Sollten sich die nichtstaatlichen Anbieter zurückziehen, käme dies für die Stadt teuer. Laut Mergehenn fielen dann pro Gruppe Mehrkosten von 15.000 Euro pro Jahr und Gruppe an. Dieser Betrag variiere je nach Art des Trägers und dem Eigenanteil, den diese zu schultern haben. Bei kirchlichen Trägern ist dieser höher als bei anderen. Laut Kilp ist dies ein grundsätzlicher Fehler des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz). Kirchen als „reiche Träger“zu behandeln, sei nicht mehr zeitgemäß.
Die Situation der Diakonie kann auch Caritas-Chef Dr. Christoph Humburg verstehen. Die Caritas betreibt in Solingen zwei Kindertagesstätten, zehn weitere hat die katholische Kirche selbst. „Über Schließungen denken wir als Caritas derzeit nicht nach“, so Humburg. Mit nur zwei Kitas sei der Eigenanteil derzeit noch zu stemmen.
Im NRW-Kinderbildungsgesetz müsse aber dringend nachgebessert werden, richtet er seine Kritik Richtung Land. Während die kirchlichen Träger einen Eigenanteil von
10,3 Prozent zu tragen haben, liegt dieser bei anderen freien Trägern bei
7,8 und bei Elterninitiativen bei 3,4 Prozent. „Für den Trägeranteil gibt es Unterstützung von der Stadt“, erklärt Dr. Thorsten Böth, Kreisgeschäftsführer des Deutschen roten Kreuzes (DRK), das drei eigene Kitas betreibt und Kooperationspartner für die drei Pinocchio-Elterninitiativen
ist. Er hoffe weiter auf Lösungen des Landes. „Die Aufgabe kann die Stadt nicht alleine stemmen.“Das DRK möchte weiter seine Kitas betreiben. „Es ist wichtig, dass die Solinger Kita-Landschaft breit aufgestellt ist“, sagt Böth und setzt auf Vielfalt.
Um die freien Träger zu unterstützen, zahlt die Stadt laut Mergehenn pro Jahr freiwillige Zuschüsse in Höhe von 1,3 Millionen Euro aus. Die Kirchen erhielten für ihre Kindertagesstätten im vergangenen Jahr eine einmalige Sonderförderung. Dies könne angesichts der Kassenlage bei der Stadt aber kein Dauerzustand sein – zumal es ein Ziel der Kibiz-Reform von 2019 gewesen sei, dass die Finanzierung der Kitas strukturell auskömmlich sei.
Dies sei derzeit aber nicht der Fall. „Selbst wir als Stärkungspaktkommune müssen einen zusätzlichen Beitrag leisten“, bemängelt Mergehenn. Auch andere Städte würden an Lösungen für die Finanzierung arbeiten. Wie Bonn und Krefeld hatte die Stadt deswegen vor einem Jahr im Landtag eine Stellungnahme zur damals anstehenden Kibiz-Reform abgegeben. Laut Mergehenn haben viele Stärkungspakt-Kommunen die Kibiz-Finanzierung als Problem bezeichnet.