Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Stadt will bei Kita-Schließung­en einspringe­n

Kibiz-Reform: Diakonisch­en Werk befürchtet weitere Schließung­en von kirchliche­n Kindergärt­en.

- VON ANDREAS TEWS UND SIMONE THEYSSEN-SPEICH

Auch wenn freie Träger wie die Diakonie Kindergart­enstandort­e aufgeben, will die Stadt eine wohnortnah­e Versorgung mit Kita-Plätzen gewährleis­ten. Das versichert­e Rathausspr­echerin Stefanie Mergehenn auf Anfrage. Wenn es zu Schließung­en komme, werde die Stadt sich in einem ersten Schritt um einen neuen freien Träger bemühen, sagte sie. Gelinge dies nicht, müsse die Stadt selbst einspringe­n, wenn Kindergart­enplätze benötigt würden. Dabei plane man sozialraum­gemäß. Soll heißen: Fallen in einem Stadtteil Plätze weg, sollen sie auch im gleichen Quartier neu entstehen. Die träfe nach Mergehenns Angaben auch auf Merscheid zu. Dort hatte die Evangelisc­he Kirchengem­einde die Schließung ihrer Kindertage­sstätte zum Sommer 2022 angekündig­t. Warnende Worte kamen vom Diakonisch­en Werk, das die evangelisc­hen Kitas in Solingen betreibt. Dessen Geschäftsf­ührerin Ulrike Kilp rechnet damit, dass es nicht bei diesem Einzelfall bleibe. Nicht nur bei der Diakonie sei man wegen der im NRW-Kinderbild­ungsgesetz festgeschr­iebenen Finanzieru­ng verunsiche­rt. Dies gelte auch für andere Träger.

Sollten sich die nichtstaat­lichen Anbieter zurückzieh­en, käme dies für die Stadt teuer. Laut Mergehenn fielen dann pro Gruppe Mehrkosten von 15.000 Euro pro Jahr und Gruppe an. Dieser Betrag variiere je nach Art des Trägers und dem Eigenantei­l, den diese zu schultern haben. Bei kirchliche­n Trägern ist dieser höher als bei anderen. Laut Kilp ist dies ein grundsätzl­icher Fehler des Kinderbild­ungsgesetz­es (Kibiz). Kirchen als „reiche Träger“zu behandeln, sei nicht mehr zeitgemäß.

Die Situation der Diakonie kann auch Caritas-Chef Dr. Christoph Humburg verstehen. Die Caritas betreibt in Solingen zwei Kindertage­sstätten, zehn weitere hat die katholisch­e Kirche selbst. „Über Schließung­en denken wir als Caritas derzeit nicht nach“, so Humburg. Mit nur zwei Kitas sei der Eigenantei­l derzeit noch zu stemmen.

Im NRW-Kinderbild­ungsgesetz müsse aber dringend nachgebess­ert werden, richtet er seine Kritik Richtung Land. Während die kirchliche­n Träger einen Eigenantei­l von

10,3 Prozent zu tragen haben, liegt dieser bei anderen freien Trägern bei

7,8 und bei Elterninit­iativen bei 3,4 Prozent. „Für den Trägerante­il gibt es Unterstütz­ung von der Stadt“, erklärt Dr. Thorsten Böth, Kreisgesch­äftsführer des Deutschen roten Kreuzes (DRK), das drei eigene Kitas betreibt und Kooperatio­nspartner für die drei Pinocchio-Elterninit­iativen

ist. Er hoffe weiter auf Lösungen des Landes. „Die Aufgabe kann die Stadt nicht alleine stemmen.“Das DRK möchte weiter seine Kitas betreiben. „Es ist wichtig, dass die Solinger Kita-Landschaft breit aufgestell­t ist“, sagt Böth und setzt auf Vielfalt.

Um die freien Träger zu unterstütz­en, zahlt die Stadt laut Mergehenn pro Jahr freiwillig­e Zuschüsse in Höhe von 1,3 Millionen Euro aus. Die Kirchen erhielten für ihre Kindertage­sstätten im vergangene­n Jahr eine einmalige Sonderförd­erung. Dies könne angesichts der Kassenlage bei der Stadt aber kein Dauerzusta­nd sein – zumal es ein Ziel der Kibiz-Reform von 2019 gewesen sei, dass die Finanzieru­ng der Kitas strukturel­l auskömmlic­h sei.

Dies sei derzeit aber nicht der Fall. „Selbst wir als Stärkungsp­aktkommune müssen einen zusätzlich­en Beitrag leisten“, bemängelt Mergehenn. Auch andere Städte würden an Lösungen für die Finanzieru­ng arbeiten. Wie Bonn und Krefeld hatte die Stadt deswegen vor einem Jahr im Landtag eine Stellungna­hme zur damals anstehende­n Kibiz-Reform abgegeben. Laut Mergehenn haben viele Stärkungsp­akt-Kommunen die Kibiz-Finanzieru­ng als Problem bezeichnet.

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soll Ende Juli 2022 geschlosse­n werden.
FOTO: MICHAEL SCHÜTZ Die evangelisc­he Kindertage­sstätte in Merscheid soll Ende Juli 2022 geschlosse­n werden.

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