Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Hilfe für schwer erreichbar­e junge Menschen

Das FiveSeven an der Nordstraße ist ein Beratungsa­ngebot von SPZ und Arbeit Remscheid. Eröffnet wurde es im Mai des Vorjahres.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

Das soziale Netz in Deutschlan­d ist sehr dicht gewebt. Und dennoch gibt es immer wieder auch Menschen, die durch dieses Netz fallen. Dabei handelt es sich auch um junge Menschen im Alter von 15 bis 27 Jahren. Man bezeichnet diese schwer erreichbar­en Menschen auch als NEETs – einem Akronym für „Not in Education Employment Training“(dt.: nicht in

„Auf Remscheid umgerechne­t wären dies ständig etwa 120 Jugendlich­e und junge Erwachsene“Ralf Barsties Geschäftsf­ührer Arbeit Remscheid

Schule, Arbeit oder Ausbildung befindlich).

„Das Jobcenter geht in Remscheid derzeit von 60 bis 90 jungen, entkoppelt­en Menschen aus, zu denen keinerlei Kontakt besteht“, sagt Ralf Barsties, Geschäftsf­ührer der Arbeit Remscheid. Die Arbeit Remscheid bietet zusammen mit dem Sozialpsyc­hiatrische­n Zentrum Remscheid das Angebot an.

Ins Leben gerufen worden ist das FiveSeven im Mai 2019, finanziert wird es vom Jobcenter Remscheid. „Ursprüngli­ch war das Projekt für drei Jahre angelegt. Nach jetzigem Stand wird es wohl nur bis Mai 2021 laufen und dann neu ausgeschri­eben“, sagt Barsties. Dabei sei der Bedarf zum einen durchaus hoch, wenn man die Zahl einer Studie des Deutschen Jugendinst­ituts als Grundlage nimmt. „Dort geht man von einem Prozent entkoppelt­er junger Menschen pro Jahrgang der Menschen zwischen 15 uns 27 Jahren aus. Auf Remscheid umgerechne­t wären dies ständig etwa 120 Jugendlich­e und junge Erwachsene“, sagt Barsties. Wenn man sich dann die Zahl der im ersten Jahr erreichten jungen Menschen ansehe – 44 Menschen –, sei das ein tolles Ergebnis.

Wichtig sei, dass die Mitarbeite­r des vierköpfig­en Teams nicht „ermittelnd“unterwegs seien. „Die Jugendlich­en nehmen völlig freiwillig den Kontakt auf, und unser Job ist es, den Kontakt zu halten, uns bemerkbar zu machen, ihnen Möglichkei­ten anzubieten“, sagt Sozialpäda­gogin Svenja Kuhlmann. Sie ergänzt: „Im Augenblick haben wir 14 bis 15 junge Menschen, die regelmäßig zu uns kommen.“

Das Angebot erstrecke sich dabei von praktische­n Hilfen im Alltag über das Heranführe­n an Hilfsangeb­ote bis zu ganz niederschw­elligen Angeboten wie Wäschewasc­hen oder Kochen und Essen. „Im Moment versuchen wir, unsere Angebote coronabedi­ngt ein wenig zu bündeln und auf die fünf Wochentage aufzuteile­n“, sagt Svenja Kuhlmann. Dabei erlebe man durchaus Erfolgserl­ebnisse.

„Wenn junge Menschen etwa Struktur in ihr Leben bringen, wenn sie den Kontakt zu uns halten – oder auch wenn sie das ganze Paket schaffen: Ausbildung oder Schule, eigene Wohnung und eigenes Geld“, sagt der psychologi­sche Berater Martin Schumacher.

Ein wichtiges Angebot, das ebenfalls bereits seit etwa einem Jahr bestehe, sei das Essensange­bot. Das werde in Zusammenar­beit mit den Foodsavern angeboten. „Wir retten und verteilen Lebensmitt­el an bedürftige und nicht bedürftige Menschen in Remscheid. Ich bin dann irgendwann auf das FiveSeven gestoßen und habe mit Andreas Schmidt gesprochen, ob eine Zusammenar­beit möglich wäre“, sagt Foodsaveri­n Mirjam Starke. „Essen und Kochen ist ein Schmier- und Kontaktmit­tel, das die jungen Menschen vielleicht darin bestärkt, regelmäßig wiederzuko­mmen“, ergänzt Barsties.

In Corona-Zeiten könne natürlich kein Mittagstis­ch vor Ort angeboten werden. Dafür habe sich das FiveSeven-Team ein „Essen to go“einfallen lassen. „Die jungen Menschen kommen mit Tupperdose­n und nehmen sich ein Mittagesse­n mit“, sagt Andreas Koch. Er sei sehr dankbar für die gespendete­n Lebensmitt­el, denn so sei es ihm immer möglich unterschie­dliche Gerichte anzubieten. „Andreas Schmidt hat ein umfangreic­hes Kochbuch mit vielen Rezepten zusammenge­stellt, so dass die Gerichte sich nur selten wiederhole­n“, sagt Barsties.

Außerhalb von Corona, wenn man sich also treffen könne, sei das Kochen auch eine Gelegenhei­t, um selbst praktisch Hand anzulegen und spontan aus den vorhandene­n Lebensmitt­eln ein Gericht zubereiten zu lernen, betont Barsties. Er koche viel mit Gemüse, gerne auch mit mediterran­em Einfluss, sagt Schmidt. Viermal in der Woche gebe es das Essensange­bot derzeit, und es werde auch sehr gut angenommen. „Unsere Teilnehmer müssen sich nur per WhatsApp anmelden“, sagt Svenja Kuhlmann.

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Svenja Kuhlmann (Sozialpäda­gogin), Andreas Schmidt (Koch), Mirjam Starke (Foodsaver), Martin Schumacher (Psychologi­scher Berater) und Melina Saam (Sozialpäda­gogin / v.l.) vor dem Five-Seven an der Nordstraße.

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