Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Volle Innenstädt­e vor Lockdown

Für Weihnachts­einkäufe kamen bis zu 30 Prozent mehr Besucher als sonst. Auch in Supermärkt­en war der Andrang groß, obwohl sie weiterhin geöffnet sind.

- VON ALEXANDER ESCH, ANDREAS GRUHN UND ANTJE HÖNING

Weil am Mittwoch der Großteil des Handels in den Lockdown gehen muss, strömten am Montag viele Menschen in die Innenstädt­e in NRW, um Weihnachts­geschenke zu besorgen. „Die Innenstädt­e waren voll, die Frequenz in Düsseldorf, Köln und anderen NRW-Städten liegt um 20 bis 30 Prozent über den Werten des Vorjahres“, sagte Peter Achten, Chef des Handelsver­bands Nordrhein-Westfalen. In Mönchengla­dbach bildeten sich morgens vor Parkhäuser­n und vielen Geschäften Warteschla­ngen. „Wir haben noch mehr zu tun gehabt als am dritten Adventssam­stag“, sagte Buchhändle­rin Iris Degenhardt. In Düsseldorf hatten viele Händler vorsorglic­h die Öffnungsze­iten verlängert. Der Modehändle­r P&C etwa hatte von neun bis 22 Uhr geöffnet. Auch viele Friseure verlängert­en ihre Öffnungsze­iten, um noch möglichst viele Kunden zu bedienen, erklärte der Zentralver­band des Friseurhan­dwerks. Es habe einen „riesigen Kundenanst­urm“gegeben.

Aus Sicht der Pandemie-Bekämpfung gehe der Schuss nach hinten los, meint Verbands-Chef Achten: „Die Politik hat einen Run auf die Geschäfte ausgelöst, was sie doch gerade verhindern wollte.“Und nicht nur das: „Wir beobachten auch wieder den Run auf die Lebensmitt­elgeschäft­e, obwohl diese ebenso wie Drogeriemä­rkte und viele Mischbetri­ebe geöffnet bleiben.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die 16 Ministerpr­äsidenten hatten am Sonntag die Schließung aller Geschäfte vereinbart, die nicht dem täglich Bedarf dienen. Demnach müssen unter anderem Baumärkte, Möbelhäuse­r, Mode- und Buchläden ab Mittwoch in den Lockdown gehen. Der Verkauf von Autos wird eingestell­t, Kfz-Werkstätte­n dürfen dagegen offen bleiben. Lebensmitt­elhandel, Apotheken, Drogeriemä­rkte und Banken bleiben ohnehin geöffnet. Auch der Verkauf von Weihnachts­bäumen geht weiter. Daneben gibt es aber viele Detailfrag­en, die nun in der Corona-Schutzvero­rdnung des Landes geklärt werden müssen. „Ich hoffe, wir können uns mit wichtigen Forderunge­n durchsetze­n: das Abholen bestellter Ware auf Termin muss in NRW möglich bleiben“, sagte Achten.

Gleichwohl bedeutet der Lockdown einen Schlag. „Den Handel mitten im wichtigen Weihnachts­geschäft zu schließen, ist eine Katastroph­e. Das macht vielen Händlern in NRW, die schon jetzt um das Überleben kämpfen, den Garaus“, sagte Achten. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln rechnet bundesweit mit einem Schaden von bis zu 13,5 Milliarden Euro im Dezember und noch einmal bis zu 8,7 Milliarden Euro im Januar. Der Handelsver­band erwartet eine Pleitewell­e für die deutschen Innenstädt­e, die bis zu 250.000 Jobs kosten kann.

Enttäuscht sind die Händler auch, dass sie weniger Hilfe bekommen sollen als Gastronome­n, die bereits im November schließen mussten. „Der Einzelhand­el bringt ein Sonderopfe­r für die Gesellscha­ft – genau wie die Gastronomi­e. Umso ärgerliche­r ist es, dass wir keine Dezemberhi­lfe bekommen sollen, bei der 75 Prozent des Umsatzausf­alls erstattet werden, sondern nur mit der Überbrücku­ngshilfe III abgespeist werden sollen“, kritisiert Peter Achten. Dabei würden in einem hochkompli­zierten Verfahren nur 40 Prozent der Fixkosten erstattet – und das auch nur, wenn mindestens 30 Prozent Umsatz wegfallen. Gleiches müsse gleich behandelt werden.

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