Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Wettbewerb mit Wattebäuschchen
Die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz stellen sich in einer ersten gemeinsamen Runde den Fragen von Mitgliedern und vermeiden dabei den Konflikt.
Der nächste CDU-Vorsitzende kommt aus Nordrhein-Westfalen, hat drei Kinder und stimmt – zumindest in Teilen – dem zu, was Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen vorschlagen. Beim ersten gemeinsamen virtuellen Kandidaten-Wettstreit vor den CDU-Mitgliedern werfen die drei Kandidaten am Montagabend mit Gemeinsamkeiten wie mit Wattebäuschchen um sich. Differenzen gibt es in Nebensätzen.
Den ersten fundamentalen Unterschied zwischen den drei Vätern von jeweils drei Kinder arbeitet Merz (65) gegenüber Laschet (59) und Röttgen (55) heraus: Er habe schon vier Enkel, bald sogar fünf. Laschet nicht und Röttgen „Gott sei Dank nicht“, stellen sie fest und lachen herzlich. Keiner lässt Nervosität erkennen. Keiner kann vom anderen noch überrascht sein, nachdem sie die Schwerpunkte schon bei der Dreier-Runde beim Junge-Union-Kandidaten-Pitch im Oktober gehört und darauf reagiert hatten. Damals war Merz auf Platz eins, Röttgen auf zwei und Laschet auf drei. Das Votum des CDU-Nachwuchses erwies sich als Schrittmacher für eine steigende Beliebtheit Röttgens, der zunächst nur als Außenseiter gehandelt worden war. Haben die Kandidaten Konsequenzen aus diesem ersten Kräftemessen gezogen? Steuert vor allem Laschet um?
Er sei 59 Jahre und Armin Laschet, stellt er zum Start seiner 90-sekündigen Vorstellung fest. Er stellt also nicht mehr sein Ministerpräsidentenamt in den Vordergrund, von dem viele meinten, es würde ihn in Krisenzeiten von alleine ins Vorsitzendenamt tragen. Er sei „leidenschaftlicher
Christdemokrat“, betont Laschet, Europäer, Familienmensch und vor allem Teamplayer.
Merz begtinnt mit einem Blick aufs Kanzleramt. „Wir stehen vor einem Superwahljahr“, lautet sein erster Satz, worauf er sofort auf die „Zäsur“zu sprechen kommt, die mit dem Abtritt Angela Merkels zusammenhänge. Auf sie bezieht er sich mehrfach. Etwa, als er unterstreicht, in der Politik gebe es „immer Alternativen“und er damit unausgesprochen Merkels Feststellungen von „alternativlosen“Konzepten konterkariert. Und auch 90 Minuten später fasst er die Diskussion zusammen mit dem Hinweis, die CDU habe die Diskussion neu entdeckt, weil sie sich auf die „Zeit nach Merkel“einzustellen beginne.
Röttgen bringt die Wechselfälle seiner Karriere in einem Satz zum Ausdruck, als er feststellt, er habe eine „ordentliche Ausbildung und Erfahrungen in Sieg und Niederlage“. Ihn „treibt es um“, welche umwälzenden Veränderungen stattfänden und die Frage, ob Deutschland darauf vorbereitet sei. Kleine Wortkorrekturen nimmt er vor, als er die Formulierung „wenn ich CDU-Vorsitzender wäre“in „werde“verändert und sich auch verbessert, als er bei der Frage nach einem höheren Frauenanteil in der CDU von „Mitgliederinnen“spricht. Die Frauenfrage scheint Merz zunächst etwas lästig zu sein. Dazu habe er „alles gesagt“. Dagegen legt sich Laschet fest, dass er für eine paritätisch aus Männern und Frauen zusammengesetzte Bundesregierung sorgen werde.
Laschet greift die neue Diskussionskultur auf, die Röttgen als „respektvollen Wettbewerb“bezeichnet und zu der Merz feststellt, dass sich nun auch diejenigen wieder etwas zu sagen trauten, die lange geschwiegen hätten. Und natürlich wollen alle drei das zum Kennzeichen ihrer Amtszeit machen, wenn sie denn Mitte Januar gewählt werden. Und natürlich denkt jeder auch weiter: An den Herbst 2021, wenn, so Laschet, das Ende der Pandemie und der Neuanfang nach der Bundestagswahl zusammenfallen.