Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Das Jahr der kuriosen Drive-in-Angebote
Mit dem Auto ganz nah ran: Im Corona-Jahr mauserte sich der Drive-in zu einer Geschäftsidee für all diejenigen, die sonst kein Geschäft hätten machen können – von Volksfest über Striptease und Kabarett bis hin zum Weihnachtsmarkt.
(dpa) Mit Drive-in-Stationen für Corona-Tests fing es an. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, richteten zahlreiche Kommunen im Frühjahr Testcenter ein, bei denen die Menschen nicht aus dem Auto steigen mussten. Kreative, findige Veranstalter übernahmen im Krisenjahr das simple Prinzip des Drive-in. So erlebte das Autokino einen Boom. Auch kuriose Angebote zum Durchfahren finden sich im Jahr 2020. Eine Sammlung.
Weihnachtsmarkt
Adventsstimmung auf vier Rädern sollen die Besucher eines Drive-in im niederrheinischen Kalkar erleben. Auf einer rund 2,5 Kilometer langen Strecke auf dem einstigen Kraftwerksgelände gibt es Kunstschnee, Musik, Eintopf und Glühwein sowie eine Krippe mit Kamelen. Das Angebot ist allerdings schon fast ausverkauft. In Walsrode in Niedersachsen gaben zwei Gastronomen Reibekuchen, Pilzpfanne und Erbsensuppe an Autofahrer aus. In Bochum gibt es auf einem Bauernhof einen Weihnachtsmarkt zum Durchfahren. Im Paket sind pro Auto Spanferkelbraten, Mandeln und Glühwein enthalten.
Nikolaus
In Rettenberg im Oberallgäu verteilte der Nikolaus in einem Drive-in Geschenke mit einer Säckchenrutsche: Drei Dutzend Familien hatten sich zu der Aktion angemeldet und den Organisatoren Säckchen und kleine Texte für die Kinder zukommen lassen. Damit wurden dann die Mädchen und Jungen überrascht.
Striptease
In einem Zelt in einem Gewerbegebiet von Landshut tanzten und räkelten sich im Frühjahr leicht bekleidete Frauen und Männer zu Discomusik, während die Besucher vom Auto aus zusahen. Jeweils 20 Minuten lang dauerte eine Show, dann kamen die nächsten Fahrzeuge an die Reihe. Ausgedacht hatte sich die Aktion ein Bordellbetreiber. Zu vorgerückter Stunde legte Nacktmodel Micaela Schäfer Musik auf.
Volksfest/Kirmes
Festwirte organisierten im Frühjahr im niederbayerischen Landshut eine Drive-inDult (süddeutsch für Jahrmarkt). Die Gäste konnten in ihren Autos
Lebkuchenherzen und Mandeln kaufen, fuhren durch ein Festzelt, in dem auf Bildschirmen Fotos und Videos von früheren Volksfesten gezeigt wurden. „Die Leute sitzen da in Lederhosen und Dirndl drin und feiern zehn Minuten Dult“, sagte der
Veranstalter. Eine ähnliche Idee hatte ein Schausteller in Bremerhaven, der einen Verkaufswagen in einen Drive-in verwandelte. Zu kaufen gab es gebrannte Mandeln, Liebesäpfel und Zuckerwatte: „Die Leute sind restlos begeistert.“
Gartenschau Nach der Absage der Landesgartenschau in Ingolstadt verteilten die Veranstalter rund 27.000 kostenlose, bunte Pflänzchen. Mit Fahrrädern oder in Autos reihten sich im Sommer Interessenten vor dem Drive-in ein, um einen Karton mit je sechs Sommerblümchen, darunter Dahlien, Salbei, Portulakröschen, Löwenmäulchen, Zinnien und Ziergräser, entgegenzunehmen.
Zirkus
Auf einem Parkplatz in Mannheim konnten Besucher in einem Fahrzeug verschiedene Attraktionen des Jugendzirkus Paletti ansteuern. Darunter konnten sie die Künste der Clowns, Jongleure, Einradfahrer, Seiltänzer und Trapez-Künstler bestaunen.
Speisenweihe
Ein Pfarrer nahm im April in Oberbayern die traditionelle Speisenweihe per Drive-in vor. Dutzende Menschen fuhren in Bad
Bayersoien bei Garmisch-Partenkirchen mit dem Auto vor und ließen gebackene Osterlämmer oder gefärbte Ostereier weihen. Einige brachten auch Bier mit. Die Aktion stieß auf so viel Resonanz, dass die Feuerwehr den Verkehr regeln musste.
Knödelteig
Wohin mit 60.000 Kilogramm Knödelteig? Eine Firma aus Neumarkt in der Oberpfalz in Bayern hat Produkte verteilt, die nicht an die Gastronomie geliefert werden konnten. Dafür richtete sie auf ihrem Werksgelände einen Drivein ein. Es gab wahlweise Kloßteig und vorgeformte Knödel. Die Abholer wurden um Spenden für einen sozialen Zweck gebeten. Nach der Schließung der Restaurants im ersten Lockdown im Frühjahr waren die Lagerräume des Herstellers noch gefüllt mit Ware – und die sollte laut einer Sprecherin nicht in der Biogasanlage landen.