Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Koalition legt neue Ausbauziele für Öko-Strom fest
Kompromiss soll Anteil erneuerbarer Energien am Strommix erhöhen. Ältere funktionstüchtige Windräder bleiben am Netz.
(dpa/rtr) Nach monatelangem Ringen haben sich Union und SPD auf einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien mit neuen Regelungen verständigt. Laut der erzielten Einigung sollen die bisherigen Ausbauziele im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) steigen, was die Koalitionspartner per Entschließungsantrag im Bundestag vereinbaren wollen. Die genaue Zielmarke wird aber erst im Frühjahr festgelegt.
Union und SPD verständigten sich zudem auf zahlreiche weitere Regelungen für Wind-, Solar oder Biogasanlagen und sprachen von einer ambitionierten Reform. Mit dem Ende der Kohle-Verstromung, also spätestens 2038, sollen auch die Ökostrom-Subventionen wegfallen. SPD-Vizefraktionschef Matthias Miersch zeigte sich zufrieden, sagte am Montag aber auch: „Es gibt kein nen Grund, sich auszuruhen.“Umweltministerin Svenja Schulze sprach von einem wichtigen Signal angesichts eines schärferen Klimaziels auf Ebene der EU.
Bisher war vorgesehen, dass Deutschland bis 2030 rund 65 Prozent des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugt. In diesem Jahr deckten erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft gut 46 Prozent des Stromverbrauches in Deutschland ab, wie sich aus vorläufigen Berechnungen von Verbänden ergibt. Das lag aber auch an der Corona-Pandemie, die im Frühjahr
den Stromverbrauch drückte. Ebenfalls im ersten Quartal soll die Regierung Vorschläge für eine weitere schrittweise Absenkung der Ökostrom-Umlage vorlegen.
Mit der Verständigung können die Änderungen am Entwurf am Dienstag im Wirtschaftsausschuss besprochen und dann am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden. Freitag könnte der Bundesrat das Gesetz billigen, so dass es noch wie geplant Anfang 2021 in Kraft treten kann.
Der SPD-Wirtschaftsexperte Bernd Westphal sprach von einer guten Grundlage für Arbeitsplätze in der Branche: „Die Einigung sorgt für die Aufhebung des Investitionsstaus und schafft Planungssicherheit.“
Die Grünen hingegen zeigten sich skeptisch: „Das sind kleine Verbesserungen für die Energiewende, die aber nicht zu einem dringend notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien führen werden“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer.
Neben dem übergeordneten 65-Prozent-Ziel waren in Altmaiers ursprünglichem Gesetzentwurf eine ganze Reihe von weiteren Einzelpunkten zwischen Union und SPD strittig: So ging es um Wege, wie Kommunen und Verbraucher von Erträgen von neuen Windparks in ihrer Region profitieren können. Die Kommunen sollen nun einen höheren Anteil an der damit verbunden Gewebesteuer bekommen. Die soll helfen, den weit verbreiteten Widerstand
gegen neue Windräder zu überwinden.
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sprach in diesem Zusammenhang am Montag von sehr wichtigen Verbesserungen, die erzielt werden konnten. Der „Unsinn“, dass funktionstüchtige Windräder vom Netz genommen werden, sei abgewendet worden, sagte sie mit Blick auf alte Anlagen. Dies sei ein ganz wichtiges Signal. Die Windkraftbranche hatte befürchtet, dass alte Windräder stillgelegt werden, weil sie nach dem Auslaufen der Förderung unrentabel werden. Größere Solaranlagen ab 500 Kilowatt Leistung wollte Altmaier zudem wie Freiflächenanlagen ausschreiben, um so den Ausbau genauer steuern zu können.