Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Chef der Prüfer-Aufsicht wird freigestellt
Der Skandal um den Bilanzbetrug bei Wirecard fordert sein nächstes Opfer. Ein Behördenleiter wird suspendiert.
(dpa) Der wegen seiner Aktiendeals im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal umstrittene Leiter der Die Abschlussprüferaufsichtsstelle, kurz, „Apas“, ist freigestellt worden. Darüber sei er bereits am 11. Dezember informiert worden, erklärte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle am Montag.
Dieser Schritt sei erfolgt, „um die Integrität der Apas bis zur schlussendlichen Aufklärung des Sachverhalts sicherzustellen.“Der Leiter der Unterabteilung Qualitätskontrolle übernehme bis auf Weiteres die Leitung der Behörde. Apas-Chef Ralf Bose hatte in der vergangenen Woche im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags ausgesagt, privat mit Aktien des Skandalunternehmens gehandelt zu haben – und das zu einer Zeit, als die Behörde dem Fall bereits untersucht habe.
Die Apas beaufsichtigt Abschlussprüfer in Deutschland. Im Fall Wirecard hatten Prüfer der Unternehmensberatungsund Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
EY – ehemals bekannt als Ernst & Young — jahrelang Bilanzen abgesegnet. Sie sind mit dem Vorwurf konfrontiert, bei den Prüfungen nicht genau genug hingeschaut und Luftbuchungen im großen Stile übersehen zu haben.
Der inzwischen insolvente frühere Dax-Konzern Wirecard hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die Münchener Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen seit 2015 Scheingewinne auswies.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich in der vergangenen Woche „befremdet“über die Aktienkäufe des Behördenchefs gezeigt und als Konsequenz daraus angekündigt, sehr genau zu überprüfen, „ob die geltenden Regelungen eingehalten worden sind und ob es geboten ist, daraus Konsequenzen zu ziehen.“Mitglieder der Opposition forderten Boses Entlassung.
Die Freistellung sei unvermeidlich gewesen, kommentierte etwa der Finanzpolitiker der Linken, Fabio
De Masi. „Aber warum immer nur Bauernopfer“, fragte er zugleich. De Masi kritisierte, es gebe keine klaren Regeln gegen Insiderhandel in Behörden und Ministerien.
Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar bezeichnete die Freistellung als „einzig richtigen Schritt, um weiteren Schaden von der Apas abzuwenden. Peter Altmaier bleibt aber aufgefordert, die eklatanten Schwächen des Regelwerks für Mitarbeitergeschäfte umgehend abzustellen.“Auch Danyal Bayaz von den
Grünen betonte, die Freistellung könne nur der erste Schritt sein. Nötig seien klare Regeln, die Interessenkonflikte ausschließen. SPD-Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe forderte mehr Transparenz: „Scheinbar wurden jahrelang keine kritischen Fragen bezüglich der eigenen Befangenheit bei der Apas gestellt“, betonte sie.
Altmaiers Entscheidung zur Freistellung Boses setzt nach Einschätzung von Bayaz auch Finanzminister Olaf Scholz unter Druck. Dieser wolle bis heute keine Fehler in seinen Behörden sehen oder gar zugestehen und verteidige die Spitze der Finanzaufsicht eisern.
Auch Mitarbeiter der Finanzaufsicht Bafin hatten mit Wirecard-Aktien gehandelt. Nach Angaben der Behörde gibt es dabei aber keine Anzeichen, dass sie einen möglichen Informationsvorsprung zu einem privaten, finanziellen Vorteil genutzt hätten. Künftig soll Bafin-Beschäftigten der Handel mit Einzelwerten der von der Behörde beaufsichtigten Unternehmen untersagt werden.