Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Platz eins lässt Peter Bosz kalt
Bayer Leverkusens Trainer bremst trotz derTabellenführung die Euphorie.
Als Florian Wirtz mit einer sehenswerten Mischung aus Cleverness und technischer Finesse das 3:1 gegen die TSG Hoffenheim erzielte, konnte sich Peter Bosz endlich entspannen. Der Trainer der Werkself war sich trotz der 2:0-Pausenführung nie sicher, ob seine Mannschaft auch nach 90 Minuten der Sieger sein würde. Und tatsächlich war der 4:1-Erfolg, der Bayer die erste Tabellenführung seit September 2014 einbrachte, knapper und weniger souverän als es das Ergebnis vermuten lässt.
„Das sieht am Ende sehr überzeugend aus, aber das war es nicht“, betonte Bosz. „Wir haben gegen eine starke Mannschaft mit sehr guten Einzelspielern gespielt. Erst nach dem dritten Tor wurde ich ein bisschen ruhiger. Die Platzverweise haben es für uns dann einfacher gemacht.“Die wiederum waren für sein Pendant Sebastian Hoeneß ein Aufreger. Er habe aber auch nach dem 3:1 das Gefühl gehabt, dass noch etwas gehen könnte für sein Team. „Der Schiedsrichter hat dann dafür gesorgt, dass das Spiel für uns tot ist“, sagte Hoeneß mit Blick auf die beiden Gelb-Roten Karten gegen Floran Grillitsch und Stefan Posch in der zweiten Halbzeit.
Danach fragt einen Tag später freilich keiner mehr unterm BayerKreuz.
Die Fakten sprechen für sich. Leverkusen hat noch kein Ligaspiel verloren und bereits 25 Punkte gesammelt. In der Europa League setzte sich das Team zudem als Gruppensieger durch. Die Auslosung am Montag in Nyon (Schweiz) bescherte Bayer in den Young Boys Bern eine lösbare Aufgabe für die K.o.-Runde. „Diese Paarung ist sehr interessant“, kommentierte Sportdirektor Simon Rolfes das Los. „Sie sind ein ernstzunehmender Gegner. Als Tabellenführer in der Schweizer Liga beweisen sie gerade ihre Klasse.“Das klare Ziel der Werkself ist trotz aller Lorbeeren für den Gegner aber das Achtelfinale.
Und in der Bundesliga? Da geht es am Mittwoch (20.30 Uhr) in Köln gegen den Rivalen aus der Nachbarstadt. Entsprechend tritt Bosz auf die Euphoriebremse, wenn es um die Tabellenführung geht. „Ich denke, wir sehen alle, dass wir in einem guten Lauf sind. Die Punkte, die wir jetzt haben, haben wir. Aber sonst ist nichts passiert. Es wird noch eine sehr lange Saison.“Zumindest in diesem Jahr ist der restliche Spielplan indes überschaubar. Nach Köln folgt am Samstag noch das Topspiel gegen den FC Bayern. „Darüber werde ich erst nach Köln nachdenken“, betont Bosz.
Für Florian Wirtz, der in der vergangenen Winterpause aus der Jugend des FC nach Leverkusen wechselte, hat der Niederländer viel Lob, aber auch Kritik parat. Sein Tor zum 3:1 gegen die TSG sei ein Beweis für die große Qualität des 17-Jährigen, erklärte der Trainer. Wirtz wird trotz aller Unterschiede von vielen bereits als legitimer Nachfolger von Kai Havertz gehandelt. Bosz schränkte aber ein: „Ich habe viele Sachen gesehen, die sehr gut waren, aber ich habe auch Sachen gesehen, die er viel besser machen muss. Da waren einige einfache Ballverluste, die ihm nicht passieren dürfen.“Darüber werde Bosz noch mit Wirtz reden. „Daran sieht man, dass er noch nicht 30, sondern erst 17 Jahre alt ist.“Zwar sei er auch beeindruckt vom Talent des Jungspunds, der sich längst zum Stammspieler gemausert hat, „aber er muss auch noch sehr viel lernen.“