Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Spektakel light bei der Darts-WM
Für die Spieler wird das Turnier wohl ein merkwürdiges Erlebnis – ohne Gesänge und weitgehend ganz ohne Fans.
Bunte Kostümierungen, lautstarke Gesänge und eine ausgelassene Stimmung. Die Darts-Weltmeisterschaft der Professional Darts Corporation (PDC) ist eine riesige Party, die jedes Jahr rund um die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel im Londoner Alexandra Palace gefeiert wird. In diesem Jahr jedoch ist alles anders. Die Corona-Pandemie macht natürlich auch vor dem einstigen Kneipensport mit den kleinen Pfeilen nicht Halt.
Für einen Sport, der wohl wie kein Zweiter von der Atmosphäre vor der Bühne lebt, ist es ein schwieriges Jahr. Viele Turniere wurden abgesagt, andere fanden online aus den heimischen Trainingsräumen statt. Zuletzt wurden die großen Turniere im englischen Coventry ausgetragen. Zwar vor TV-Kameras, aber ohne Publikum in der Halle. Dieses wurde aber akustisch eingespielt, situativ, je nach geworfenen Punkten. Zudem war eine riesige Leinwand gegenüber von der Bühne aufgebaut, auf der Fotos der Fans in Dauerschleife gezeigt wurden.
Es war also klar, dass dies eine besondere WM werden wird. Los geht es am Dienstag, 15. Dezember. Am 3. Januar des kommenden Jahres wird der Weltmeister 2021 ermittelt. Lange hatten sich die Verantwortlichen der PDC Zeit gelassen, bis sie die Details zum Turnier veröffentlichten. Normalerweise ist die WM bereits im Sommer innerhalb weniger Stunden ausverkauft. In diesem Jahr wurde erst zwei Wochen vor dem Turnierstart klar, was die Fans erwartet.
So sind im Gegensatz zu den Turnieren in Coventry in London tatsächlich wieder Zuschauer erlaubt. Das Erlebnis Darts-WM wird aber in
diesem Jahr nicht mit dem der vergangenen Jahre vergleichbar sein. Knapp 3500 Zuschauer, so viele waren bei den Spielen jeweils zugegen und sorgten für eine elektrisierende Atmosphäre. Von der wird nun aber wohl wenig zu spüren sein. Maximal 1000 Zuschauer wurden zunächst pro Session zugelassen. Doch wegen steigender Corona-Infekionszahlen gelten schon ab Mittwoch strengere Regeln als geplant. Somit dürfen nur zum Auftakt Fans anwesend sein, so der Stand am Montagabend. Gesänge und Verkleidungen sind dann aber auch tabu, es gilt Maskenpflicht, sobald man den Sitzplatz verlässt.
Für die Spieler ändert sich ebenfalls etwas. So fällt der klassische „Walk-on“weg, bei dem die Sportler einzeln mit musikalischer Untermalung und unter lautstarken Anfeuerungen des Publikums die Bühne betreten und sich feiern lassen. Trotzdem dürften sie sich freuen, dass zumindest wieder ein paar Zuschauer vor Ort sind.
Traditionell spielt der amtierende Weltmeister am Eröffnungstag das letzte Spiel. Das ist Peter Wright, der am ersten Januar diesen Jahres Michael van Gerwen besiegte. Als Titelverteidiger geht der Schotte selbstverständlich auch als einer der Favoriten ins Rennen. Zu diesem engeren Kreis sind die vier Spieler zu nennen, die auch in der Weltrangliste die ersten vier Ränge belegen. Michael van Gerwen, Peter Wright, Gerwyn Price und Michael Smith. Während Michael van Gerwen die vergangenen Jahre auf der Tour fast nach Belieben dominierte und Titel um Titel gewann, gelang es in diesem Jahr keinem der Spieler, 2020 seinen Stempel aufzudrücken. Das zeigt sich auch an den großen TV-Turnieren, die in diesem Jahr von so vielen verschiedenen Spielern gewonnen wurden wie nie zuvor.
So wäre es auch keine Riesensensation, wenn keiner der vier Topgesetzten am Ende den Pokal in die Höhe reckt. In den vergangenen Monaten spielten etwa der Belgier Dimitri Van den Bergh und der Portugiese José de Sousa groß auf und gewannen je ein Major-Turnier. Ihnen ist eine Überraschung durchaus zuzutrauen. Zweifachweltmeister Gary Anderson hingegen spielte ebenso wie Rob Cross, Weltmeister von 2018, eine durchwachsene Saison. Premier League-Sieger Glen Durrant kam nach seiner Corona-Erkrankung auch nicht mehr an das Niveau heran.
Aus Deutschland sind Gabriel Clemens, Max Hopp und Niko Kurz qualifiziert. Sollte Kurz gegen den ehemaligen Finalisten Andy Hamilton in der ersten Runde gewinnen, käme es in Runde zwei zum deutschen Duell gegen Clemens, der als gesetzter Spieler erst dann ins Turnier eingreift.