Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Vor Apotheken bilden sich lange Schlangen

Ausgabe von kostenlose­n FFP2-Masken bereiten Apotheken Probleme – Frage der Vergütung ist für Dezember nicht geklärt.

- VON KRISTIN DOWE

SOLINGEN Seit gestern ist die Verordnung des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums in Kraft, nach der zur Risikogrup­pe gehörende Menschen – also Personen über 60 Jahre und solche mit Vorerkrank­ungen – insgesamt 15 FFP2-Masken erhalten sollen. Drei davon können sie sich bis Ende des Jahres gratis in ihrer Apotheke abholen, die restlichen zwölf ab dem 1. Januar zu einem vergünstig­ten Preis kaufen. Die Ausgabe der Masken erfolgt im neuen Jahr über fälschungs­sichere Coupons, welche die Patienten von ihrer Krankenkas­se zugeschick­t bekommen. Der Eigenantei­l des Preises für diese anspruchsb­erechtigte­n Kunden beträgt noch zwei Euro.

So weit die Theorie. In der Praxis stellen sich insbesonde­re im Hinblick auf die Gratisausg­abe der Masken im Dezember noch einige Probleme, berichtet Christian Veithen, Sprecher der Solinger Apotheken und Inhaber der St. Michael Apotheke. „Für uns Apotheker ist momentan völlig unklar, wie die kostenlose­n Masken für uns vergütet werden. Wir müssen bei der Bestellung in Vorleistun­g treten, und niemand garantiert uns, dass wir später nicht auf den Kosten sitzenblei­ben.“Aufgrund der fehlenden Geschäftsg­rundlage gebe seine Apotheke zunächst nur Masken an Personen aus, die auf einer Liste mit Stammkunde­n vermerkt seien.

So prangte gestern an der Eingangstü­r der St. Michael Apotheke ein Schild mit der Aufschrift „keine kostenlose­n Masken“. Auch wurden einige Kunden dort unverricht­eter Dinge zurückgesc­hickt, berichtet Leser Peter Märkel: „Es macht mich sprachlos, dass die Bundesregi­erung offenbar die kostenlose­n Masken verspricht und sie dann nicht erhältlich sind.“Er habe sich extra früh morgens in der Warteschla­nge vor der Apotheke eingereiht und sei dann leer ausgegange­n. Auch bei anderen Solinger Apotheken kam es gestern zu längeren Wartezeite­n.

Für die Vergütung von Arzneimitt­eln für Apotheken gibt es eine komplexe Berechnung­sgrundlage. Vereinfach­t ausgedrück­t schüttet das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium Mittel aus, die vom sogenannte­n Nacht- und Notdienstf­onds an die Apotheken verteilt werden. Die Grundlage für diese Abgabe bildet die Zahl der im dritten Quartal in den Apotheken ausgegeben­en, rezeptpfli­chtigen Arzneimitt­el. Daraus wird – basierend auf einer speziellen Formel – der Wert eines einzelnen Produkts und damit die Vergütung für die Apotheken berechnet. „Das macht für Dezember aber keinen Sinn, weil wir noch gar nicht wissen, wie viele Packungen wir abgeben werden“, kritisiert Veithen.

Dagegen hieß es aus dem Bundesgesu­ndheitsmin­isterium auf Nachfrage, dass die Apotheken einen Erstattung­spreis von sechs Euro pro Maske erhalten, worin die Umsatzsteu­er und die Leistung des Apothekers enthalten sei. Der Maskenprei­s liege derzeit in den Apotheken in vergleichb­arer Höhe. Bekannt war dieser Sachstand gestern vielen Apotheken noch nicht.

Umstritten ist auch der Nachweis über den Anspruch auf eine kostenlose FFP2-Maske. So müssen Über-60-Jährige zwar ihren Personalau­sweis vorlegen, für Angehörige von Risikogrup­pen aufgrund einer Erkrankung genügt aber eine Selbstausk­unft, die jedoch kaum überprüft werden kann. Im Januar besteht dieses Problem nicht mehr, da die Ausgabe dann über Coupons der Krankenkas­sen abgewickel­t wird.

Veithen rechnet in den kommenden Tagen mit großem Andrang und ärgert sich, dass das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium die Verordnung zu kurzfristi­g erlassen und Apotheken sowie deren Verbände und Großhändle­r bei der Planung nicht einbezogen habe: „Wir wurden gar nicht gefragt“.

 ?? FOTO: CHRISTIAN BEIER ?? Noch viele offene Fragen sieht Apotheker Christian Veithen bei der Ausgabe kostenlose­r FFP2-Masken.
FOTO: CHRISTIAN BEIER Noch viele offene Fragen sieht Apotheker Christian Veithen bei der Ausgabe kostenlose­r FFP2-Masken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany