Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
In der Kölner Philharmonie fing alles an
Der Verein Human Sufi Culture & Arts hat sein Vereinshaus in Ehringhausen und pflegt traditionelle Musik, Tanz und Kunst.
Human Sufi Culture & Arts begann mit einem Paukenschlag. Kurz nachdem der Verein
2016 seine Gemeinnützigkeit erlangt hatte, buchte er mit Sponsorenhilfe die Kölner Philharmonie. Der 22. Oktober 2016 wurde zu einem denkwürdigen Datum.
„1428 Besucher kamen, es war fast ausverkauft“, erinnert sich Sadik Bayrak, Vereinssekretär und 2. Vorsitzender. Das Traditional Sufi Ceremonies Ensemble stellte in dem renommierten Konzerttempel sein Programm „Sufi Devran“vor. Gebündelt wurden Rituale aus der langen Geschichte des Islams in Musik und Tanz. Der Erlös, 5000 Euro, wurde an syrische Flüchtlingskinder gespendet.
Der in Remscheid beheimatete Verein hat mit der Organisation eine anhaltende Duftmarke gesetzt. Weitere folgten. Human Sufi Culture & Arts ist ein Zusammenschluss junger muslimischer Akademiker. Ihr Ziel: Die Sufi-Traditionen nach der Lehre von Mevlana Celaleddin Rumi zu pflegen. „Nicht als Moschee-, sondern als Kulturgemeinde“, betont Vorsitzender Deniz Hüseyinoglu. Wichtiger Zusatz: „Auf einer unpolitischen und unparteiischen Ebene lehnt unser Verein jede radikale Ideologie ab und ist bestrebt, auf der Grundlage vorurteilsfreier Kommunikation zu arbeiten. Ungeachtet der Herkunft, der Religion und des Geschlecht.“
Der studierte Wirtschaftsingenieur ist mit 36 Jahren einer der Älteren. Wie so mancher Vorstandskollege
ist er in der Remscheider Vereinswelt groß geworden. Beim BV 10 hat er Fußball gespielt, Taekwondo beim RTV betrieben. Mit jungen Türken fand er einen weiteren gemeinsamen Nenner, die Musik. Inspiriert von der Nay-Flöte tauchten sie tiefer in den Sufismus ein, eine Menschenlehre, die ein harmonisches Zusammenleben über Barmherzigkeit, Liebe und Verständnis anstrebt.
Ihre erste Anlaufstelle hatten sie 2014 in einem Raum am Hauptbahnhof, der aber schnell zu eng wurde. Eine geräumigere Bleibe fanden sie in Ehringhausen. Das Haus Nummer 25 atmet Tradition im Südbezirk, war bis Ende 1985 Poststation, danach Gastronomie, bekannt als „Alte Poststation“. Nach mehreren Pächterwechseln und Leerstand mietete Human Sufi Culture & Arts das Erdgeschoss der ehemaligen Gaststätte als Vereinshaus an, kleidete die von dunklem Holz ummantelten Räume mit Teppichen und roten Bezügen aus. Eigentlich perfekt als Treffpunkt für Seminare und Veranstaltungen, ausgestattet mit Tresen und einer Küche, aber mittlerweile fast schon wieder eine Nummer zu klein für die engagierten Macher.
Die sufistische Strömung, die die Remscheider Kulturvermittler vertreten, ist sonst schwer zu finden. „Wir organisieren nicht nur Konzerte, auch Lesungen, Seminare, Kunst- und Musikprojekte“, sagt Sadik Bayrak, 31 Jahre alt, wie Hüseyinoglu zweifacher Vater und Social-Media-Manager in einer Düsseldorfer Anwaltskanzlei. „Eine solche Ausrichtung gab es noch nie in Deutschland.“Im Vorstand ist die Meinung einhellig: „Vielleicht sind wir anfangs Träumer gewesen, aber egal, wie klein man ist, man kann alles schaffen. Man muss nur genug Schweiß und Kraft investieren.“Um in das Spiel der Nay-Flöte einzuweihen, engagierten sie aus Hamburg Enis Arslan, einen Spezialisten an der Endkanten-Längsflöte. Um die Ebru-Kunst näherzubringen, wurde mit Prof. Dr. Ahmet Sacit Açikgözoglu ein Meister von der Marmara Universität in Istanbul eingeflogen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die islamische Kalligraphie, eine Schriftkunst. Im Vereinshaus wird zwar Türkisch, aber auch viel Deutsch und Englisch gesprochen. Multikulti eben. Human Sufi Arts & Culture stellt sich breit auf. Es gibt Workshops zur Kindererziehung, Nähkurse, Videoprojekte. Corona hat den Verein in seinem Tatendrang empfindlich ausgebremst. „Sobald es geht, werden wir Ebru-, Näh- und Instrumentenkurse unverzüglich wieder aufnehmen“, kündigt Hüseyinoglu an.
In Remscheid gehen sie regelmäßig in die Öffentlichkeit, beim Tag der Vereine, der Nacht der Kulturen, in die Musik- und Kunstschule oder ins Werkzeugmuseum. Weitere Konzerte soll es geben. Berlin ist im Gespräch. Der Vereinsvorstand hat natürlich auch dabei an seine Heimat, an einen Tanz der Derwische im Teo Otto Theater gedacht. Doch anspruchsvolle Konzerte hier auf die Beine zu stellen, wird schwierig. „Dafür bräuchte man große Sponsoren.“Und Turkish Airlines zum Beispiel ließe sich eher für Berlin oder Köln erwärmen als für das Bergische Land, bedauert Deniz Hüseyinoglu.