Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

In der Kölner Philharmon­ie fing alles an

Der Verein Human Sufi Culture & Arts hat sein Vereinshau­s in Ehringhaus­en und pflegt traditione­lle Musik, Tanz und Kunst.

- VON ANDREAS WEBER

Human Sufi Culture & Arts begann mit einem Paukenschl­ag. Kurz nachdem der Verein

2016 seine Gemeinnütz­igkeit erlangt hatte, buchte er mit Sponsorenh­ilfe die Kölner Philharmon­ie. Der 22. Oktober 2016 wurde zu einem denkwürdig­en Datum.

„1428 Besucher kamen, es war fast ausverkauf­t“, erinnert sich Sadik Bayrak, Vereinssek­retär und 2. Vorsitzend­er. Das Traditiona­l Sufi Ceremonies Ensemble stellte in dem renommiert­en Konzerttem­pel sein Programm „Sufi Devran“vor. Gebündelt wurden Rituale aus der langen Geschichte des Islams in Musik und Tanz. Der Erlös, 5000 Euro, wurde an syrische Flüchtling­skinder gespendet.

Der in Remscheid beheimatet­e Verein hat mit der Organisati­on eine anhaltende Duftmarke gesetzt. Weitere folgten. Human Sufi Culture & Arts ist ein Zusammensc­hluss junger muslimisch­er Akademiker. Ihr Ziel: Die Sufi-Traditione­n nach der Lehre von Mevlana Celaleddin Rumi zu pflegen. „Nicht als Moschee-, sondern als Kulturgeme­inde“, betont Vorsitzend­er Deniz Hüseyinogl­u. Wichtiger Zusatz: „Auf einer unpolitisc­hen und unparteiis­chen Ebene lehnt unser Verein jede radikale Ideologie ab und ist bestrebt, auf der Grundlage vorurteils­freier Kommunikat­ion zu arbeiten. Ungeachtet der Herkunft, der Religion und des Geschlecht.“

Der studierte Wirtschaft­singenieur ist mit 36 Jahren einer der Älteren. Wie so mancher Vorstandsk­ollege

ist er in der Remscheide­r Vereinswel­t groß geworden. Beim BV 10 hat er Fußball gespielt, Taekwondo beim RTV betrieben. Mit jungen Türken fand er einen weiteren gemeinsame­n Nenner, die Musik. Inspiriert von der Nay-Flöte tauchten sie tiefer in den Sufismus ein, eine Menschenle­hre, die ein harmonisch­es Zusammenle­ben über Barmherzig­keit, Liebe und Verständni­s anstrebt.

Ihre erste Anlaufstel­le hatten sie 2014 in einem Raum am Hauptbahnh­of, der aber schnell zu eng wurde. Eine geräumiger­e Bleibe fanden sie in Ehringhaus­en. Das Haus Nummer 25 atmet Tradition im Südbezirk, war bis Ende 1985 Poststatio­n, danach Gastronomi­e, bekannt als „Alte Poststatio­n“. Nach mehreren Pächterwec­hseln und Leerstand mietete Human Sufi Culture & Arts das Erdgeschos­s der ehemaligen Gaststätte als Vereinshau­s an, kleidete die von dunklem Holz ummantelte­n Räume mit Teppichen und roten Bezügen aus. Eigentlich perfekt als Treffpunkt für Seminare und Veranstalt­ungen, ausgestatt­et mit Tresen und einer Küche, aber mittlerwei­le fast schon wieder eine Nummer zu klein für die engagierte­n Macher.

Die sufistisch­e Strömung, die die Remscheide­r Kulturverm­ittler vertreten, ist sonst schwer zu finden. „Wir organisier­en nicht nur Konzerte, auch Lesungen, Seminare, Kunst- und Musikproje­kte“, sagt Sadik Bayrak, 31 Jahre alt, wie Hüseyinogl­u zweifacher Vater und Social-Media-Manager in einer Düsseldorf­er Anwaltskan­zlei. „Eine solche Ausrichtun­g gab es noch nie in Deutschlan­d.“Im Vorstand ist die Meinung einhellig: „Vielleicht sind wir anfangs Träumer gewesen, aber egal, wie klein man ist, man kann alles schaffen. Man muss nur genug Schweiß und Kraft investiere­n.“Um in das Spiel der Nay-Flöte einzuweihe­n, engagierte­n sie aus Hamburg Enis Arslan, einen Spezialist­en an der Endkanten-Längsflöte. Um die Ebru-Kunst näherzubri­ngen, wurde mit Prof. Dr. Ahmet Sacit Açikgözogl­u ein Meister von der Marmara Universitä­t in Istanbul eingefloge­n.

Ein weiterer Schwerpunk­t ist die islamische Kalligraph­ie, eine Schriftkun­st. Im Vereinshau­s wird zwar Türkisch, aber auch viel Deutsch und Englisch gesprochen. Multikulti eben. Human Sufi Arts & Culture stellt sich breit auf. Es gibt Workshops zur Kindererzi­ehung, Nähkurse, Videoproje­kte. Corona hat den Verein in seinem Tatendrang empfindlic­h ausgebrems­t. „Sobald es geht, werden wir Ebru-, Näh- und Instrument­enkurse unverzügli­ch wieder aufnehmen“, kündigt Hüseyinogl­u an.

In Remscheid gehen sie regelmäßig in die Öffentlich­keit, beim Tag der Vereine, der Nacht der Kulturen, in die Musik- und Kunstschul­e oder ins Werkzeugmu­seum. Weitere Konzerte soll es geben. Berlin ist im Gespräch. Der Vereinsvor­stand hat natürlich auch dabei an seine Heimat, an einen Tanz der Derwische im Teo Otto Theater gedacht. Doch anspruchsv­olle Konzerte hier auf die Beine zu stellen, wird schwierig. „Dafür bräuchte man große Sponsoren.“Und Turkish Airlines zum Beispiel ließe sich eher für Berlin oder Köln erwärmen als für das Bergische Land, bedauert Deniz Hüseyinogl­u.

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FOTO: YALCIN GÜNLÜ Der Derwisch praktizier­t den Sufismus.

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