Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Drei Tote und keine Atempause in Sicht
Der Inzidenzwert ist weiter hoch in Leverkusen. Die Zahl der Toten steigt auf 29. Epidemiologe Lauterbach sieht vor April keine Entspannung.
Drei Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus, nennt die Stadtverwaltung am Mittwoch (siehe Infokasten). Um die 500 sind es derzeit täglich in Deutschland, dazu kommen rund 20.000 Neuinfektionen pro Tag. „Das können wir so nicht mehr hinnehmen“, sagt Professor Karl Lauterbach, Epidemiologe, Bundestagsabgeordneter für Leverkusen und Gesundheitsexperte der SPD. Er war an der Vorbereitung des so genannten Wellenbrecher-Shutdowns im November und des harten Lockdowns jetzt beteiligt, weiß, wovon er spricht, wenn er die kommenden drei Monate in dunklen Farben skizziert:
„Die Inzidenz muss deutlich unter 50 sinken, vorher können wir aus dem Lockdown nicht raus“
Karl Lauterbach
Epidemiologe
„Es werden die härtesten in der bisherigen Pandemie.“
Der Impfstoff von der Mainzer Firma Biontech und des US-Unternehmens Pfizer soll voraussichtlich noch vor Weihnachten – Lauterbach spricht vom 21. Dezember – zugelassen werden. Der Epidemiologe rechnet mit den ersten Impfungen noch vor dem Jahreswechsel. „Im ersten Quartal 2021 können rund fünf Millionen Menschen geimpft werden“, erläutert Lauterbach. „Damit ist die Pandemie noch nicht vorbei. Die Impfung hilft erstmal nur dabei, die Todeszahlen in den Seniorenheimen zu reduzieren.“
Also Impfstoff da und Lockdown zügig wieder weg? Lauterbachs Antwort ist eindeutig: Nein. „Der harte Lockdown wird über den 10. Januar hinaus bleiben. Bleiben müssen. So lange, bis die Sieben-Tage-Inzidenz deutlich unter die 50er-Marke sinkt. Das ist das Ziel, vorher können wir aus dem Lockdown nicht raus.“In Leverkusen ist dieses Ziel – wie in vielen Städten und Kreisen auch – noch in weiter Ferne. Der Wert der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen ist in der Stadt weiterhin hoch, liegt am Mittwoch bei 169,8; teils hatte Leverkusen in den vergangenen Tagen die Metropole Köln bei diesem Wert weit überholt.
Eine Atempause in der Pandemie sieht Mediziner Lauterbach erst in Richtung Frühjahr in der Kombination Impfung und wärmere Temperaturen. Denn nach allem, was bisher bekannt ist, liebt das Virus die Kälte.
Die Kritik, dass der Wellenbrecher-Lockdown ab November gar nichts gebracht habe, weist Karl Lauterbach in Teilen zurück. „Dieser Shutdown hat dazu beitragen, dass exponentielle Wachstum zu stoppen.“Er sei ein Kompromiss gewesen. Denn es habe dazu wie auch zum jetzigen harten Lockdown viele Diskussionen gegeben, teilweise seien die falschen Diskussionen geführt worden, etwa zu der Frage, ob ein Lockdown nicht zu hart ist. „Epidemiologen und Virologen vertreten geschlossen die Meinung, dass ein harter Lockdown sein muss, um die Situation zu beherrschen“, betont Lauterbach.
Und: „Die Fachleute, die schon im November gezweifelt und gesagt haben, es sei sehr fraglich, ob die Maßnahmen eines weichen Lockdowns reichen werden, wenn man also etwa Schulen und Geschäfte offen lässt, hatten recht.“
Die geöffneten Geschäfte hätten natürlich Kunden angezogen. Die Folge: „Menschen sind mit Bussen in die Innenstädte unterwegs gewesen oder zu mehreren im Auto, gingen durch die Fußgängerzonen, die Aerosole wurden in den Geschäften verteilt. Auch dabei kann man sich anstecken, auch mit einer Alltagsmaske kann man sich mit dem Coronavirus infizieren“, verdeutlicht der Mediziner Lauterbach.