Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Statistik führt zu Verwirrung­en

Viola Juric erklärt, wie das Meldesyste­m im Corona-Todesfall funktionie­rt.

- VON MELISSA WIENZEK

Über den Tod ihrer Schwester ist die Leserin tief bestürzt. Vor allem, weil die 72-Jährige im Zusammenha­ng mit Covid-19 am 2. Dezember auf der Sana-Intensivst­ation gestorben sei, aber nicht in der städtische­n Statistik der Corona-Opfer auftauche, berichtet sie am Redaktions­telefon. Auch die acht Menschen, die im Pflegeheim Haus Lennep im Zusammenha­ng mit Covid-19 gestorben sind, tauchen erst jetzt in den Fallzahlen auf. Der Träger, die Bergische Diakonie, meldete die Toten bereits am Montag. Wie kann das sein? Stadtsprec­herin Viola Juric erklärt den Ablauf.

Erfassung

„Bei einem Sterbefall wird immer eine Todesbesch­einigung durch einen Arzt ausgestell­t. Der vertraulic­he Teil der Todesbesch­einigung erreicht uns mitunter aber erst nach Tagen oder gar Wochen, je nachdem, welche Beisetzung vorgesehen ist“, sagt Viola Juric. Zusätzlich sei nach dem Infektions­schutzgese­tz bei bestimmten Erkrankung­en auch der Tod meldepflic­htig. So auch bei Covid-19.

Bescheinig­ung

In der Todesbesch­einigung sollen die vermutlich zum Tod führende Erkrankung, die Grunderkra­nkung und weitere zum Tod führende Miterkrank­ungen in einer Kausalkett­e eingetrage­n werden, heißt es von der städtische­n Pressestel­le. „Wie gut hier die Zusammenhä­nge bekannt und eingetrage­n werden, hängt grundsätzl­ich von vielen Faktoren bei dem Leichensch­auer ab.“Unter anderem sei das die persönlich­e Kenntnis der Krankenges­chichte und Erfahrung beim Ausstellen einer Todesbesch­einigung. Sichere Angaben zur Todesursac­he könne jedoch nur eine Obduktion liefern. „Aus diesem Grund werden eher mehr Verstorben­e durch Covid-19 gemeldet, als dass die Zahl unterschät­zt würde, denn wenn Covid als Diagnose bekannt wird, wird dies auch oft als Todesursac­he genannt“, betont die Stadtsprec­herin. Aus Sektionsbe­funden des Uni-Klinikums Hamburg Eppendorf sei bekannt, dass bei den meisten dort obduzierte­n Covid-Verstorben­en andere Erkrankung­en zum Tode geführt hätten – auch, wenn dies zunächst in der Todesbesch­einigung angegeben war.

Statistik

„Der Statistik in Bezug auf die Fallsterbl­ichkeit kann man daher, berechtigt, mit Misstrauen begegnen, da systematis­che Obduktione­n bedauerlic­herweise nicht durchgefüh­rt werden.“

Meldungen

Meldungen über Todesfälle bei Covid-19 erreichen die Stadt per Fax. „Mal zeitnah, mal deutlich verspätet“, sagt Juric. Insbesonde­re, wenn Personen in auswärtige­n Krankenhäu­sern sterben, erhält die Stadt keine Meldung. „Es ist aber bei den Massen an Faxnachric­hten, die inzwischen eingehen, auch nicht auszuschli­eßen, dass einmal ein Fax untergeht. Wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler.“Im Fall der 72-Jährigen, deren Schwester sich bei der Redaktion meldete, habe die Stadt keine Meldung von der Klinik erhalten. Auf Nachfrage sei jedoch ein Fax verschickt worden, sagt Juric. Auch habe die Pflegeeinr­ichtung, in der die Frau untergebra­cht war, den Tod gemeldet. „In der Statistik tauchen jedoch nur die ärztlich gemeldeten Todesfälle auf, da nur dort medizinisc­h differenzi­ert werden kann, ob sich der Tod an oder mit Covid-19 ereignete.“

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