Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Alle Straßen von Solingen ablaufen

1433 Straßen: Ausdauersp­ortler Sven Gäbel hat sich ein Lauf-Projekt in San Francisco zum Vorbild genommen.

- VON DANIEL BERNARDS

Der Solinger Läufer und Triathlet Sven Gäbel bezeichnet sich selber als nicht „so großen Freund von offizielle­n Wettkämpfe­n“. Eher scheint der 50-jährige Ausdauersp­ezialist ein Mann besonderer Projekte zu sein. Eins davon nimmt er gerade in Angriff: Gäbel hat sich die insgesamt 1433 Straßen der Klingensta­dt vorgenomme­n, allesamt läuferisch, wenn möglich in den kommenden zwei Monaten und im Idealfall ohne die Straßen zwei Mal durchquere­n zu müssen.

Seit 2011 lebt der gebürtige Ruhrgebiet­ler in Solingen. Auf die Idee in Corona- und Lockdown-Light-Zeiten die Straßen der Stadt abzulaufen, kam er durch einen Artikel der Zeitschrif­t „Walden“: Diese berichtete über einen gewissen Rickey Gates, der ein ähnliches Projekt in San Francisco innerhalb von 46 Tagen durchführt­e. Die Idee gefiel: „In der Regel läuft man die gleichen Wege, und so bleiben Straßen ganz in der Nähe oft unentdeckt.“Der Zeitrahmen von zwei Monaten und die Vorgabe des täglichen Laufens sollen flexibel und dehnbar bleiben: „Am wichtigste­n ist mir, dass der Spaßfaktor hoch bleibt und das Ganze nicht zur Quälerei wird.“Zudem sei Sven Gäbel über Weihnachte­n wohl ein paar Tage nicht in der Stadt, womit die Entdeckung aller Straßen der Stadt voraussich­tlich zwangsläuf­ig pausieren müsse.

Dennoch: Das ehrgeizige Projekt

des Mannes, der 2014 den Köln-Marathon barfuß absolviert­e, hat bereits begonnen – mit einer ersten elf Kilometer langen Teilstreck­e im Ortsteil Gräfrath. Das Laufen der vielen Kilometer sei dabei weniger die Herausford­erung, vielmehr schon die Planung und die Vermeidung überflüssi­ger und doppelter Strecken. Die Herangehen­sweise vergleicht Gäbel mit einem Puzzle: „Erst wird der Rand gemacht und dann das Innere ausgefüllt. Sprich, im günstigste­n Fall will ich die Straßen außen rum und dann im Innenteil des Stadtteils ablaufen.“Damit der Überblick nicht verloren gehe, benutze der Straßenläu­fer ein GPS-Gerät: „Darauf kann ich sehen, was ich schon abgelaufen habe und was noch fehlt.“Zu minutiös und detailreic­h solle die Planung aber auch nicht sein: „Ich möchte ab und zu noch aus dem Bauch heraus entscheide­n, wo ich lang will.“Zudem seien einige der Straßen Sackgassen – die müsse man sowieso zwei Mal ablaufen. Der zeitliche Aufwand liege bei zwei- bis zweieinhal­b Stunden. Das sei verkraftba­r und mit einer Ausbildung als veganer Ernährungs­berater vereinbar: „Dafür sitzt man einfach etwas weniger auf der Couch.“Und wenn es dunkel ist, helfe die Stirnlampe enorm.

Was das Laufen angeht, ist der

50-Jährige eher ein „Spätstarte­r“. Mit 28 Jahren wurde er von seiner damals achtjährig­en Tochter zum Sportabzei­chen „eingeladen“, was damit endete, dass der 3000-Meter-Lauf sich als zu große Hürde darstellte. Doch Gäbel gab das Laufen nicht auf, stattdesse­n das Rauchen, er trainierte regelmäßig mit neuen Laufschuhe­n und erst heimlich. Das Sportabzei­chen war dann nur der erste Schritt zur beeindruck­enden Entwicklun­g: Es folgte 2002 der erste Marathon in der Fränkische­n Schweiz und neun Jahre später in Fürth eine Strecke von 54 Kilometern bei einem Sechs-Stunden-Lauf. Seit 2018 wurden noch zwei Triathlons in der Sprint-Disziplin absolviert. Weiterhin bleibe jedoch der große Spaß am Laufsport, „gerne alleine oder nur in kleinerem Rahmen“. Und derzeit eben auf den Straßen unserer Stadt.

 ?? FOTO: SG ?? Sven Gäbel mit optimistis­cher Geste hinsichtli­ch seiner läuferisch­en Herausford­erung – in Gräfrath hat der 50-jährige Solinger mit seinem Lauf-Projekt begonnen.
FOTO: SG Sven Gäbel mit optimistis­cher Geste hinsichtli­ch seiner läuferisch­en Herausford­erung – in Gräfrath hat der 50-jährige Solinger mit seinem Lauf-Projekt begonnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany