Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Wie die Chefin der Parfümerie-Kette Douglas, Tina Müller, mit einem Trick scheiterte.
Der Konzern, der in mehreren Bundesländern öffnen wollte, um Drogerieprodukte zu verkaufen, gibt dem öffentlichen Unmut nach.
So schnell, wie der Parfümeriekonzern Douglas die Idee hatte, einen Teil seiner Filialen zu öffnen, so schnell hat das Unternehmen diese Pläne auch wieder zu den Akten gelegt. Einen halben Tag waren Filialen an manchen Orten auf, dann war Schluss. Für viele Menschen sei die Entscheidung, einige Filialen mit Drogeriesortimenten offenzuhalten, nicht nachvollziehbar gewesen, twitterte Douglas-Chefin Tina Müller. „Ab heute bleiben alle deutschen Filialen bis auf Weiteres geschlossen. Wir bitten alle um Entschuldigung, die wir mit unserem Vorgehen befremdet oder vor den Kopf gestoßen haben“, hieß es in Müllers Tweet weiter.
Das dürften erstens jene Kunden gewesen sein, die für zusätzliche Ladenöffnungen in der Pandemie überhaupt kein Verständnis hatten (andere haben die Pläne allerdings auch begrüßt), zweitens Politiker, denen es sauer aufgestoßen sein wird, dass ein Unternehmen ein mögliches Schlupfloch in Corona-Schutzverordnungen nutzen wollte. Und drittens Konkurrenten aus der Parfümeriebranche, die ihre Türen im harten Lockdown nicht öffnen dürfen. Douglas hatte am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion erklärt, in bestimmten Filialen werde ein Großteil des klassischen Drogeriesortiments angeboten: Körperpflegeprodukte wie Cremes, Shampoo, Seife, Deodorants, Make-up, Parfüms und Hygieneprodukte. Pikant: auch Parfüms, die andere Händler nicht verkaufen dürfen.
Eine komplizierte Regelung. Douglas mag das augenfälligste Beispiel eines Unternehmens sein, das im Lockdown versucht, doch noch irgendwie Zusatzgeschäft zu machen. Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof etwa verspricht „Weihnachtsgeschenke bis zum Schluss“. Der Weg dahin: online reservieren, kontaktlos an den Stationen in den Filialen abholen. Media-Markt und Saturn machen das ebenfalls (wie schon während des ersten Lockdowns), der Deko-Artikel-Spezialist Butlers genauso. Und auch die Restaurants nutzen ihre geschlossenen Lokale vielfach als Abholstelle für vorbestellte Gerichte. Und dann noch die Buchhändler, die Baumärkte und, und, und. Click and Collect ist das Gebot der Stunde.
Auch Douglas bietet das an und hätte, legt man die Schutzbestimmungen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen penibel genau aus, womöglich sogar öffnen dürfen. Denn es gilt: Wenn ein Unternehmen in einem Ladenlokal mehrheitlich Waren des täglichen Bedarfs verkauft (also beispielsweise klassische Drogeriemarktprodukte), dann gehen auch Angebote aus anderen Sortimenten. Aber der Unmut, der dem Düsseldorfer Unternehmen entgegenschlug, hat die Führung trotzdem zum Umdenken bewogen. In Hessen, wo die Pläne als erstes bekannt geworden waren, hatte die Gewerkschaft Verdi kritisiert, Douglas wolle „wohl zur Drogerie mutieren“. Das Vorgehen sei „im stärksten Maße anrüchig“, Douglas mache sich unglaubwürdig.
Bei Twitter meldeten sich sowohl Befürworter als auch Kritiker des Plans: „DM verkauft schlussendlich das Gleiche. Nun passt Douglas sein Corona-Sortiment dem von DM an, und die Berufsempörten bekommen Schnappatmung“sowie „Wenn Supermärkte Fernseher verkaufen dürfen, kann Douglas als Drogerie auch offenbleiben“auf der einen Seite, auf der anderen Urteile wie:
„Unanständig, unsolidarisch“und „Hat Douglas die aktuellen Corona-Zahlen nicht gesehen? Oder ist denen das einfach egal?“.
Dazu eine Erinnerung an die Vergangenheit: „Douglas macht in der Pandemie leider viele ärgerliche Fehler. Wer kümmert sich eigentlich um Image, Reputation und Kommunikation im Hause?“Gemeint ist, dass Douglas zum zweiten Mal binnen sechs Monaten nach öffentlicher Kritik von einer Idee abrückt. Als die Mehrwertsteuer wegen der Corona-Folgen um drei Prozentpunkte gesenkt wurde, entschied Douglas sich zunächst, die Senkung nicht an die Kundschaft weiterzugeben, sondern bot einen Gutschein von drei Prozent beim nächsten Einkauf an. Ergebnis: ein Shitstorm bei Twitter. Auch damals kam Tina Müllers prompter Retweet: „Wir haben euer Feedback auf unsere Regelung zur Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung gehört und nehmen es ernst! Daher werden wir ab morgen die Drei-Prozent-Differenz direkt beim Einkauf an der Kasse abziehen.“
Das Image leidet. „Und ein Konzern wie Douglas lebt vom Image“, sagt der Mönchengladbacher Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Nun sei „der Schaden größer als der Nutzen aus ein paar Stunden mehr Öffnungszeit“. Das Versäumnis des Konzerns aus Heinemanns Sicht: „Douglas hätte nach dem ersten Shutdown die Zeit bis zum absehbaren zweiten nutzen müssen, um sich stärker als Anbieter von Drogeriemarkt-Produkten anzubieten. Das haben sie verpasst.“
„Wir bitten alle um Entschuldigung, die wir mit unserem Vorgehen befremdet oder vor den Kopf gestoßen
haben“
Tina Müller Douglas-Chefin