Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Junior Uni: Studierende entscheiden nun mit
Es wurde ein Parlament eingerichtet. Kinder und Jugendliche lernen so auch etwas über Demokratie.
(ecr) Sanja ist zehn Jahre alt und schon Politikerin – im Kleinen. Sie macht mit im Studierendenparlament der Junior Uni. Einem Kurs, der gleichzeitig Institution ist und in diesem Semester an der Bildungseinrichtung am Brögel gestartet wurde. Wer Sanja fragt, warum sie dabei mitmacht, erhält klare Antworten. Sie habe sehen wollen, wie so eine Einrichtung funktioniert. Aber sie wolle auch etwas verbessern. Was denn? „Ich möchte, dass es mehr Pflanzen im Eingangsbereich gibt, und dass es mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für die Kinder in den Wartezeiten gibt.“
Auch Ellie (13) ist Teil des Parlaments. „Das ist eine sehr coole Chance, dass wir etwas mitgestalten können“, sagt sie. Sie habe Spaß an so etwas, sei auch schon Klassensprecherin gewesen. Sie möchte, dass die Junior Uni klimafreundlicher ist, und sie hat sich eingesetzt, dass das Studentenparlament Studierendenparlament heißt – „mir lag am Herzen, dass es offen für alle ist“, sagt sie.
Und da fängt die Mitbestimmung schon an. Der Name des Projekts war ein Arbeitstitel, der zur Disposition gestellt wurde. Ein Logo gibt es auch noch nicht. Auch das sollen die Kinder mitbestimmen. Und die Gründung von Arbeitsgruppen – Ausschüssen – und deren Benennung war ebenso offen. Mitbestimmung ist nicht nur Thema, sondern wird von Anfang an praktiziert. Der Inhalt ist Methode.
Karin Röhrich, Sprecherin der Junior Uni, sagt, die Idee habe es lange gegeben, sie sei immer mal wieder aufgeploppt, habe aber erst jetzt die Umsetzung erreicht. Für die Junior Uni ist die Idee selbstverständlich, die Kinder mitbestimmen zu lassen. Die Kinder sollen auf Augenhöhe behandelt werden. Und es ist Teil des pädagogischen Konzepts, dass die Kinder Dinge an Alltagsbeispielen lernen, an der Lebensrealität. Physikalische Gesetze am Beispiel vom Sport – an Flugkurven von Bällen etwa. Hier wird die demokratische Mitbestimmung vom abstrakten Modell der Wahlen und des Ehrenamts eben im Haus praktisch umgesetzt.
Demokratieverständnis sei gerade heute wichtig. Rechte Parteien in Parlamenten, „Querdenker“auf der Straße, Falschnachrichten in den Sozialen Medien. „Das war ein Treiber dafür, das Studierendenparlament einzurichten“, sagt Röhrich.
Justus Faust ist einer von fünf Dozenten, die den Kurs leiten. Er ist Student an der Bergischen Uni, war früher Teilnehmer und Assistent an der Junior Uni. Als SPD-Mitglied und ehemaliger Vorsitzender des Studierendenparlaments war er „sofort Feuer und Flamme“für die Idee. „Es hat mir immer Spaß gemacht, mich zu engagieren.“Jetzt wolle er das weitergeben.
Die Teilnehmer – sechs Mädchen, zwei Jungs – haben bisher vier Termine gehabt, drei davon digital. Eigentlich sollte das Parlament mit der Kommunalwahl richtig starten, aber das habe sich wegen Corona anders dargestellt als geplant. Politiker habe man zum Start trotzdem eingeladen. Sanja und eine Freundin hätten dabei die Chance gehabt, einer Grünen-Politikerin Fragen zu Parlamenten zu stellen, warum es die gibt, und was die machen. Ellie hat mir einem Politiker von den Linken gesprochen. Das sei „sehr spannend“gewesen.
Jetzt sollen die Kinder im Laufe des Seminars die Leitung mehr und mehr selbst übernehmen. Die Dozenten vermitteln das Werkzeug dazu.