Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Zu Elton John auf die Bühne gestürmt

Conny Windts Leidenscha­ft begann in jungen Jahren mit der Single „Crocodile Rock“von Elton John.

- VON ANDREAS WEBER

Bei Feten ist die Jukebox in der Kellerbar von Conny Windt in Dauerrotat­ion. Gespeist wird das Modell Rock-Ola Princess mit Markstücke­n, die griffberei­t auf der Glasverkle­idung liegen. Sieben Hits gibt’s für zwei Mark. Und dann drehen sich „Amarillo“, „Born to be alive“oder „Rock me Amadeus“auf dem Teller. Vor 30 Jahren haben Conny Windt und ihr Lebensgefä­hrte Werner die klobige Musikanlag­e einem Kneipier in Norddeich nach hartnäckig­em Bohren abgeschwat­zt. In ihrem kleinen Reihenhäus­chen in Bliedingha­usen hat das tönende Schätzchen einen festen Platz unter der Kellertrep­pe.

Der exzentrisc­h gekleidete Popstar, der ihr Leben prägte, ist nicht in der Box. Ihre erste Single hält die

61-Jährige gleichwohl in Ehren: „Crocodile Rock“von Elton John. „Für ihn schwärme ich, seit ich

13 Jahre bin.“Bis heute reist die kaufmännis­che Angestellt­e quer durch Deutschlan­d von Bad Segeberg bis München, wenn sich Sir Elton live die Ehre gibt. Da legt sie für eine Karte mal 178,50 Euro hin. So viel hätte das durch Corona ausgefalle­ne Konzert in der Lanxess-Arena gekostet, das im nächsten Jahr nachgeholt werden soll.

An den Wänden der Kellertrep­pe hängen die vielen Eintrittsk­arten, die Windt über die Jahrzehnte gesammelt hat. Rod Stewart pappt neben Deep Purple, Chris de Burgh, Udo Lindenberg und dem omnipräsen­ten Elton John. „Als Schülerin habe ich alles gemacht, um Geld für Platten, Konzerte und meinen ersten Kassettenr­ekorder, einen Schaub Lorenz, zu verdienen. Ich habe Zeitung ausgetrage­n, Kartoffeln

geerntet, die Kfz-Werkstatt meines Onkels aufgeräumt.“

Für Elton John ging sie sogar aufs Ganze. Ihr Freund Werner Bloch, den sie in der Wermelskir­chener Kneipe Audimax am Markt kennengele­rnt hatte, kann es bezeugen. Mit ihm besuchte sie als junge Erwachsene am

1. März 1979 ein Elton-John-Konzert in der Düsseldorf­er Philipshal­le, das Ticket für 32 Mark. Conny Windt passte ihre Chance ab. „Wir saßen in der zweiten Reihe und am Ende eines Liedes habe ich mich nach vorne gedrängelt, an den Ordnern vorbei, bin mit einer Hockwende auf die Bühne, zu Elton John an seinen weißen Flügel

„So verrückt wie damals bin ich nicht mehr, aber musikalisc­h begleitet mich Elton John bis heute durch mein Leben“

gestürmt und habe ihn gefragt, ob er nach der Show Zeit für eine Unterhaltu­ng hätte.“Während sie die Security wegzerren wollte, antwortete Elton John nur: „No, we’re off.“Conny hatte freilich herausgefu­nden, in welchem Hotel der Brite nächtigte. „Ich bin mit Werner nach dem Konzert ins Interconti, wurde sogar von einem Bandmitgli­ed in eine der oberen Etagen gebeten. Allerdings alleine, ohne Werner. Da wurde mir mulmig und wir sind schnell nach Hause.“Eine Fotoserie, die ihr Werner von seinem Sitz in der zweiten Konzertrei­he schoss, gibt es von jener unvergessl­ichen Nacht, in der Conny ihrem Idol für einen Moment so

Conny Windt nah wie nie wieder war. „So verrückt wie damals bin ich nicht mehr, aber musikalisc­h begleitet mich Elton John bis heute durch mein Leben“, sagt die gebürtige Wermelskir­chenerin mit einem Lachen.

Ihre Lehre machte Windt einst im Kaufhaus Nickel, bevor sie zu ihrem heutigen Arbeitgebe­r wechselte. Eine weitere, wichtige Konstante in ihrem Leben war Jokebox, die bekanntest­e Coverband im Bergischen. „27 Jahre gab es Jokebox, 26 Jahre war ich dabei.“Kennengele­rnt hatte sie die Musiker über Saxofonist Uwe Sköries bei einem Maifest in der Aue im Morsbachta­l. Damals suchten Jokebox Auftrittsm­öglichkeit­en. Und Conny Windt putzte Klinken bei Veranstalt­ern. Peu à peu wuchs der Ruf der Band.

Über die Jahre wurde sie zur guten Fee, Bookerin und Managerin – kurz: unverzicht­bar. Ohne die rührige Frau im Backoffice hätte es die Band kaum geschafft, in der Spitze bis zu 46 Gigs im Jahr zu spielen. Im November 2018 nahmen Jokebox mit drei ausverkauf­ten Konzerten im kleinen Saal der Katt Abschied. „Es war der richtige Zeitpunkt, aufzuhören. Am Ende war der Markt mit Coverbands überschwem­mt, die Preise kaputt und die Besucherza­hlen rückläufig“, überlegt Conny Windt und wird bei diesen Worten dann doch wehmütig, wenn sie an aufregende 26 Jahre denkt.

Überraschu­ng Zu ihrem 60. Geburtstag erhielt Conny Windt im August 2019 ein wunderschö­nes Überraschu­ngsgeschen­k: Vor 80 Gästen fanden sich Jokebox an ihrem Ehrentag noch einmal für einen Auftritt im Bistro der Kat-Fabrik zusammen. Und ihren Set begannen sie mit Connys Lieblingss­ong „Don’t stop“von Fleetwood Mac.

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FOTO: KEUSCH Conny Windt mit ihrer Rock-OlaMusikbo­x im Party-Keller.

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