Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Unterricht im fahrbaren Klassenzim­mer

Zirkusse haben es in der Corona-Krise schwer: keine Vorstellun­gen, wenig Geld. Auch der Circus Trumpf sitzt fest – und mit ihm die Zirkuskind­er Elaine und Julienne.

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Schreibst du Geschichte­n?“, fragt Elaine die Reporterin. „Ich auch!“Sie zeigt ihre Dinosaurie­r-Geschichte. Diese erzählt von einem Dino, dem Elaine und ihre Familie im Wald begegnen. Die Riesenechs­e ist ein freundlich­es Tier und trägt die ganze Familie auf ihrem Rücken über einen Fluss. Die Erstklässl­erin hat ein Bild dazu gemalt und ihre Lehrerin den Text ins Reine geschriebe­n.

Es ist noch nicht so lange her, dass Elaine mit Lesen und Schreiben begonnen hat. Sie ist sieben Jahre alt und entdeckt gerade Wörter mit den Anfangsbuc­hstaben „St“: Stuhl, Stiefel, Stern. Und ihre 13 Jahre alte Schwester Julienne rechnet aus, wie viele Steine sie braucht, um eine Terrasse zu pflastern.

Der Klassenrau­m, in dem die Mädchen lernen, ist klein, und er kann fahren: Elaine und Julienne Trumpf gehen in die „Schule für Circuskind­er in NRW“. Und die kommt auf vier Rädern überall dorthin, wo die Kinder gerade leben. Das ist seit fast einem Jahr die Stadt Freudenber­g in Nordrhein-Westfalen. Hier sitzt der Circus Trumpf fest, auf einem Schotterpl­atz. Zweimal in der Woche kommt eine Lehrerin zu Besuch. Sie hat alles dabei, was sie für ihre Schule braucht: Tische und Stühle, die Tafel und den Globus, Bücher, Hefte, Bastelsche­ren. Wegen der Corona-Krise musste die Familie im Winterquar­tier auch „übersommer­n“. Sie konnte mit dem Zirkus nicht weiterfahr­en. Nun beginnt ein neuer Winter. Das stresst die Kinder, denn sie reisen gern. Und die Erwachsene­n haben große Sorgen: Es fehlt das Geld, das sie mit Shows und Schulproje­kten verdienen können. Zwar bekommen die Zirkusleut­e Unterstütz­ung vom deutschen Staat. Aber die Hilfe ist für die Menschen bestimmt. Für die Tiere gibt es nichts. Deshalb freut sich Zirkusdire­ktorin Rebecca Trumpf über Spenden: Kraftfutte­r, Heu, Äpfel oder Möhren und auch Geld. Die Oma von Julienne und Elaine findet es wichtig, dass der Zirkus überlebt. Es gibt ihn schon seit über 300 Jahren, sagt sie.

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IRLE-UTSCH/DPA ?? Im rollenden Klassenzim­mer lernen Julienne (links) und Elaine (rechts) mit ihrer Lehrerin Sabrina Hauter-Schmitz an zwei Tagen in der Woche.
FOTO: CLAUDIA IRLE-UTSCH/DPA Im rollenden Klassenzim­mer lernen Julienne (links) und Elaine (rechts) mit ihrer Lehrerin Sabrina Hauter-Schmitz an zwei Tagen in der Woche.
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