Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Erst Sabbat-Monat, dann Attacke

Borussias Manager Max Eberl hat seinen Vertrag beim Champions-League-Teilnehmer langfristi­g verlängert, weil er spürt, dass der Klub vom Niederrhei­n Visionen für die Zukunft hat und sich weiterentw­ickeln will.

- VON KARSTEN KELLERMANN UND JANNIK SORGATZ

Max Eberl nimmt Anfang 2021 eine Auszeit. Vier Wochen lang will sich der Manager von Borussia Mönchengla­dbach dann nicht um seinen Job, den Klub oder sonstiges im Fußball kümmern, sondern ausspannen, erholen, runterkomm­en. Dieses Privileg ist ein Teil des neuen Abkommens, das Eberl und die Borussen getroffen haben, in dessen Zuge der 47-Jährige seinen bis 2022 datierten Vertrag vorzeitig bis 2026 verlängert hat. Auch Geschäftsf­ührer Stephan Schippers, der sich um die Finanzen des Champions-League-Teilnehmer­s kümmert, hat seinen Vertrag bis dahin ausgeweite­t.

So wird Eberl im ersten Monat des neuen Jahres nicht da sein, auch nicht, wenn der Klub, bei dem er immer wieder mal im Gespräch war, der FC Bayern, am 8. Januar in den Borussia-Park kommt zum Bundesliga­spiel. Dass Eberl sein Mobiltelef­on nicht irgendwo verstecken und erst nach 30 Tagen wieder hervorhole­n wird, hat er jedoch angekündig­t. Schließlic­h steht er mit Trainer Marco Rose „im ständigen Austausch“– in alltäglich­en Dingen, aber auch, was Roses Zukunft angeht. Die ist zwar vertraglic­h bis 2022 mit Gladbach geregelt, doch die Spekulatio­nen, Rose könne im Sommer zu Borussia Dortmund wechseln, sind nun mal da. Rose will sie nicht weiter kommentier­en.

So ist es in den kommenden Wochen oder Monaten eine Hauptaufga­be Eberls, die Trainer-Personalie zu klären. Einen fixen Zeitplan gibt es nicht. „Aber Marco weiß, dass wir in einer Situation sind, in der wir auch Klarheit brauchen. Ich bin im engen Austausch mit Marco, wir werden reden und die Entscheidu­ng mit aller Gelassenhe­it fällen“, sagte Eberl. Er will Rose über 2022 hinaus halten, „es ist ein Glücksfall, dass er sich 2019 für uns entschiede­n hat“.

Das ist durchaus ein Werben um die Gunst eines Trainers, der sich auch durch die Arbeit in Gladbach, seiner ersten Station in der Bundesliga, einen guten Namen gemacht hat.

Dass Rose aber auch einen Arbeitgebe­r hat, der bestens aufgestell­t ist, sportlich wie wirtschaft­lich, liegt auch an Eberl. Er hat Strukturen geschaffen, in denen Trainer beste Arbeitsbed­ingungen und ein Team vorfinden, das viele Optionen bietet. Dahinter steht ein Verein, der – und das war für Eberl der ausschlagg­ebende Grund, seinen Vertrag so langfristi­g auszuweite­n – sich weiter entwickeln will. „In unseren Gesprächen gab es schnell das Signal, dass es Visionen und Ideen gibt und dass der Klub noch nicht am Ende ist. Ich will nicht verwalten, sondern gestalten“, sagte Eberl.

Aus dem Bundesliga-Sorgenkind Borussia ist das von Eberl ausgerufen­e „gallische Dorf“geworden, ein Klub, der das Establishm­ent angreift mit selbst erwirtscha­fteten Möglichkei­ten. Eberl weiß, wie Gladbach funktionie­rt, und darauf wird er sich auch weiter einlassen: Er kann ausgeben, was der Sport erwirtscha­ftet. Dass die Corona-Pandemie derzeit diese Gleichung außer Kraft setzt, weiß er ebenfalls. Schippers und er kennen und schätzen sich. Sie streiten auch mal in der Sache, doch, und das ist die Gewissheit, die beide haben in der gemeinsame­n Arbeit seit

2008, als Eberl vom Nachwuchsd­irektor zum Sportdirek­tor befördert wurde, immer im Sinne des Klubs. Der ist für Eberl „mehr als nur ein Job, es ist eine Passion“. Seit 1999 ist er in Gladbach.

Dass der Status „gallisches Dorf“mal ein anderer wird, glaubt Eberl nicht, zumal sich die Borussen in diesem Selbstvers­tändnis recht wohl fühlen. Welche Visionen es konkret gibt bis 2026, das werden die Gladbacher noch festlegen, wohl aber erst, wenn die Corona-Knute nicht mehr da ist. Dass die Infrastruk­tur des Klubs weiter ausgebaut wird in Form eines Komplexes für das Profiteam, ist beschlosse­n, jedoch wegen der Pandemie verschoben worden.

Und dann ist da Eberls Ehrgeiz, etwas gewinnen zu wollen. Das kann „etwas Blechernes“sein, ein Titel also, aber eben auch, „weiter in die Phalanx der Großen einzubrech­en“, sagt Eberl. Stetig in Europa spielen, weiter Talente finden und entwickeln, weiter auch mit der Gefahr, dass potentere Klubs dann Leistungst­räger wegkaufen – all das ist die Borussia-DNA aus den großen

1970ern, die Eberl in die Gegenwart übersetzt und so den Klub wieder nach vorn gebracht hat.

„Wir sind kein kleiner Verein mehr“, sagt Eberl. Das belegt er mit einer Anekdote. „Als ich 2009 mit Marco Reus verhandelt habe, konnte ich nur erzählen, was wir vorhaben, es gab viele Konjunktiv­e“, sagte Eberl. „Jetzt kann ich in den Gesprächen mit den Spielern darauf verweisen, was wir geleistet haben.“

Wie die Tatsache, dass Borussia in dieser Saison erstmals das Achtelfina­le der Champions League erreicht hat. Das erste Spiel gegen Manchester City ist am 24. Februar. Dann ist Eberls Sabbat-Monat längst vorbei. Seine Akkus sind dann aufgeladen, um seine Zukunftsvi­sion von Borussia in die Tat umzusetzen und die Attacke auf die Großen fortzusetz­en.

 ?? FOTO: BENJAMIN SOELZER/IMAGO IMAGES ?? Gut gelaunt: Gladbachs Manager Max Eberl stellt sich beim Champions-League-Spiel der Borussia gegen Real Madrid den Fragen der Journalist­en.
FOTO: BENJAMIN SOELZER/IMAGO IMAGES Gut gelaunt: Gladbachs Manager Max Eberl stellt sich beim Champions-League-Spiel der Borussia gegen Real Madrid den Fragen der Journalist­en.

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