Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Eine große „Familie“mit einer besonderen Lebenseinstellung
Die Kameradschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr ist nicht nur Klischee: Das stellen die Wehrleute klar – auch wenn Corona vieles auf die Probe stellt.
SOLINGEN Wenn Feuerwehrleute im Brandeinsatz eine fremde Wohnung betreten und umgeben sind von dichtem Rauch, Hitze und Dunkelheit, ist neben Mut sowie profunden Kenntnissen über technische und taktische Abläufe eines unabdingbar: Zusammenhalt. „Man sieht manchmal nichts außer dem leuchtenden Helm des Vordermannes“, beschreibt Guido Schäfer die beklemmende Situation. „Es gibt es einem Sicherheit, wenn man nur die Stimme des anderen hört, oder ein erfahrener Kollege einem auf die Schulter klopft.“Seit 40 Jahren engagiert sich Schäfer in der Freiwilligen Feuerwehr und ist zugleich Gruppenleiter der Jugend. Und wenn der 57-Jährige über die sprichwörtliche Kameradschaft spricht, meint er mehr als „nur“das gesellige Beisammensein. „Wir sind wie eine Familie“, betont er.
Der opfern die ehrenamtlichen Einsatzkräfte eine Menge Freizeit – und riskieren dabei auch manchen Konflikt mit der besseren Hälfte. Schließlich richten sich Brände und andere Notlagen nicht nach Bürozeiten
und nehmen wenig Rücksicht auf Hochzeitstage, Geburtstagsfeiern oder geplante Kinoabende. „50 bis 60 Alarmierungen bekommen wir normalerweise im Jahr – auch wenn das nicht immer zwingend einen Einsatz nach sich zieht“, sagt Alexander Meifert (40). Er ist stellvertretender Leiter der Löscheinheit 3 in Mangenberg, in der auch Guido Schäfer seinen Dienst verrichtet – als einer von 27 Feuerwehrleuten am Standort ausgangs der Viehbachtalstraße.
Einzige Frau unter ihnen ist Carolin Henn. Die 18-Jährige stieß im September offiziell zur Löscheinheit. Das Umfeld ist ihr aber bestens bekannt – schließlich sammelte sie zuvor schon auf dem selben Gelände vier Jahre Erfahrung in der Jugendfeuerwehr. „Da haben wir Fahrzeuge und Geräte kennengelernt und viele praktische Übungen gemacht“, berichtet die Chemie- und Physik-Studentin. Über Freunde war sie einst zur Feuerwehr gekommen. Welchen Beruf sie letztlich ergreifen wird, ist noch nicht ganz sicher:
Auch eine Tätigkeit bei der Feuerwehr mag sie nicht ausschließen. Eine Seltenheit wäre ein derartiger Weg nicht, wie Meifert verdeutlicht: „Etwa 10 bis 20 Prozent unserer Berufsfeuerwehrleute waren auch schon in der Jugend dabei.“
Vor allem der familiäre Umgang zwischen Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen hat es Carolin Henn angetan: „Wir halten alle zusammen.“
Was das im Einsatz bedeutet, haben ihre älteren Kollegen schon oft erlebt. Anfang des Jahres etwa befreite Schäfer bei einem Atemschutzeinsatz in einer Industriehalle den Einsatzführer aus einer prekären Lage: Der war zuvor ausgerutscht und im Schaumteppich scheinbar verschwunden.
Corona hat auch den Alltag der Freiwilligen Feuerwehr verändert: Die wöchentlichen Übungsdienste können nicht wie sonst stattfinden. Die Löscheinheit 7 in Wald musste sogar ihr Gerätehaus räumen, weil dort aus Gründen des Infektionsschutzes der Rettungsdienst untergebracht ist. Sorgen um ihre Sicherheit muss sich die Bevölkerung
deshalb aber nicht machen, wie Meifert betont: „Wir haben einen großen Ausbildungsschatz und viel Erfahrung, so dass im Einsatzfall das stärkste Potential ausfährt.“Was zur Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit beiträgt wie zum Beispiel die jährlichen Belastungsübungen unter Atemschutz, ist ohnehin möglich.
Aber was macht nun die viel gerühmte Geselligkeit im Kreise der Kollegen angesichts strenger Kontaktregeln? „Eigentlich sitzen wir immer im Anschluss an die Übungsdienste zusammen“, erzählt Meifert. Im Moment bleibt so oft nur der Kontakt per Whats App – wenn man nicht gerade zum Einsatz fährt. Auch das Sommerfest am Mangenberg gab es 2020 nicht – und wird wohl auch 2021 nicht stattfinden können. Auf Präsente zu Weihnachten müssen die Mitglieder dennoch nicht verzichten, wie Guido Schäfer andeutet. Den Zusammenhalt bringt er auf eine Formel: „30 Tage kameradenfrei zu sein ist schwerer als 30 Tage rauchfrei.“Die Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr, ergänzt Meifert, sei kein Hobby, sondern „eine Lebenseinstellung.“