Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Der Zauber der Geburt unterm Weihnachtsstern
Dr. Thomas Büsser, leitender Oberarzt der Geburtshilfe der Frauenklinik im Sana-Krankenhaus, arbeitet gerne an den Weihnachtstagen.
Wenn ein Kind zur Welt kommt, ist es immer etwas Besonderes. Wenn es zu Weihnachten kommt, erhält die Geburt noch einmal einen zusätzlichen Charakter. Für dieses Jahr gibt es in der Frauenklinik des Sana-Klinikums mindestens drei Anwärter auf den Titel „Weihnachtsbaby 2020“. Vorherzusagen, ob diese Kinder auch tatsächlich dann geboren werden, ist aber unmöglich.
Viele Mütter, erzählt der leitende Oberarzt der Geburtshilfe, Dr. Thomas Büsser, fürchten gerade den Heiligen Abend als errechneten Geburtstermin. „Sie sind in der Regel froh, wenn es etwas eher kommt. Dann kann man Geburtstag und Weihnachten etwas entzerren.“Der Arzt selbst, so gibt er zu, findet es aber sehr schön, wenn an diesem Tag auch ein Kind zur Welt kommt. Das stünde dann unter einem ganz besonderen Stern. Er arbeitet gerne an Weihnachten. „Es herrscht eine festliche Stimmung. Und die Dankbarkeit der Mütter, die sonst auch schon sehr groß ist, ist an diesen Tagen noch größer.“
Denn nicht immer verläuft eine Geburt nach Plan oder ohne Komplikationen. Dann muss Büsser einschreiten. Aus seiner Erfahrung weiß er, dass es am wichtigsten ist, den werdenden Mütter Zuversicht zu vermitteln und ruhig zu bleiben – auch wenn es mal ernst wird. Vieles regle die Natur aber zum Glück von ganz alleine. In den anderen Fällen arbeiten Ärzte und Hebammen mit größter Akribie daran, Kind und Mutter sicher durch die Geburt zu leiten.
Thomas Büsser, der seine Karriere vor 25 Jahren im Lenneper Krankenhaus begann, ist das schon sehr oft gelungen. Für rund 9000 Geburten war er bisher verantwortlich, weitere 20.000 Geburten hat er im Hintergrund begleitet – etwa die Hälfte davon in den Nachtstunden. „Die Kinder kennen eben keine Tageszeiten oder Feiertage“, sagt er mit einem Lachen. Nach wie vor, das merkt man dem Mediziner an, übt er seinen Beruf mit viel Herzblut und Leidenschaft aus. Obwohl es oft sehr hektisch zugeht. Gerade, wenn er intervenieren muss.
Am liebsten ist es ihm, wenn er sich bei einer Geburt im Hintergrund halten kann. Auf seinem Gymnastikball sitzend genießt er den Mo- ment, in dem Hebamme und Mutter das Kind zur Welt bringen. Auch nach all den Jahren sei das immer noch etwas sehr Ergreifendes. „Ich habe das Privileg, beim Urknall der Menschwerdung dabei zu sein“, betont der Facharzt. Wenn alles ruhig verläuft, genießt er den Zauber des Anfangs.
Bevor aber das Familienglück perfekt ist, geht es oft sehr turbulent zu. „Das ist dann wie ein Sturm auf hoher See, und wir müssen durch die Stromschnellen der Geburt. Wenn das Kind da ist, glätten sich die Wellen, und die Sonne scheint“, beschreibt Büsser. Sobald der erste Schrei des Neugeborenen zu hören ist, fällt die Anspannung ab. „Gestandene Männer, groß wie Schränke mit Tattoos, brechen in Tränen aus. Das ist schön anzusehen. Dafür lohnt es sich auch, nachts um halb drei aufzustehen“, sagt Büsser schmunzelnd. Für den Arzt ist jedoch erst alles überstanden, wenn die Mutter die für sie noch sehr gefährliche Plazentaphase ohne Komplikationen überstanden hat. Erst dann gratuliert er.
Normalerweise stößt der Nachwuchs bei vielen in den Sommermonaten dazu – ein Resultat der kalten Wintertage. Für Anfang 2021 rechnet der Experte aber mit mehr Geburten als für diese Zeit üblich. Dann dürften wohl die ersten „Corona-Lockdown-Babys“geboren werden. „In so unsicheren Zeiten wie diesen besinnen sich viele auf die Familie zurück.“Die Pandemie habe den Trend zum Kind nicht gebrochen, sondern noch bestärkt.
„Während der Geburt“, erklärt der Mediziner, „vermitteln wir das Gefühl, dass da draußen keine Pandemie ist.“Die Glückshormone nach der Geburt überwiegen ohnehin mögliche Angstgefühle. Zur Sicherheit aller Patientinnen gibt es einen Covid-Fragenbogen sowie einen Schnelltest. Zudem, betont Büsser, dürfen die Schwangeren in der Klinik bei der Geburt von Anfang an von einer Person ihres Vertrauens begleitet und nach der Geburt auch täglich besucht werden.
In diesem Jahr hat Thomas Büsser an Weihnachten ausnahmsweise keinen Dienst. Das zweite Mal in all den Jahren. „Ich werde Weihnachten gemütlich mit einer Tasse Tee und einem guten Buch unter dem Weihnachtbaum verbringen und bin neugierig auf das Neujahrsbaby“, sagt er. Über den Jahreswechsel ist er wieder im Einsatz.