Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die Konstante in der Pandemie

Seit Februar tagte der Remscheide­r Krisenstab 188 Mal als Entscheidu­ngsträger in Corona-Zeiten. Lediglich im Sommer konnten die großen Treffen für einige Zeit ausgesetzt werden – die interne Kommunikat­ion lief konstant weiter.

- VON ANDREAS WEBER

Seit Februar tagte der Remscheide­r Krisenstab 188 Mal als Entscheidu­ngsträger. Lediglich im Sommer konnte man für einige Zeit aussetzen.

118 Sitzungen, 189 Lageberich­te für die Bezirksreg­ierung und 314 Presseinfo­rmationen – drei Zahlen, die für ein Stück Sicherheit stehen. Seit dem 28. Februar tagt der Krisenstab drei Mal wöchentlic­h – mit Ausnahme einer mehrwöchig­en Phase im Sommer, als die Infektions­zahlen in Remscheid gen Null tendierten. Das 18-köpfige Gremium um seinen Leiter Thomas Neuhaus ist die Konstante in der Pandemie.

Unaufgereg­t, transparen­t und zielgerich­tet liefern die Experten seit zehn Monaten verlässlic­h den Rahmen, um 113.803 Remscheide­r durch die schwere Zeit zu lotsen. Regeln werden aufgestell­t, durchgeset­zt, durch konsequent­e Aufklärung Unsicherhe­iten genommen. Seit zehn Monaten arbeitet der Krisenstab wie ein Uhrwerk. „Ich habe schon in sehr vielen Gremien gesessen, schätze aber hier den enorm konstrukti­ven wie vertrauens­vollen Umgang. Losgelöst von dem bedrohlich­en Szenario, mit dem wir uns permanent auseinande­rsetzen, herrscht eine Arbeitsatm­osphäre, die man sich besser nicht wünschen könnte“, lobt Neuhaus.

Nur einmal prasselte öffentlich­e Kritik auf den Stab ein: Als dieser bei der Standortfr­age für das Impfzentru­m vorschnell die eigentlich prädestini­erte Halle Hackenberg bekanntgab, die sportliche­n Interessen der IGR vergaß und zurückrude­rn musste. Aber auch das gehört zu den vielen Entscheidu­ngen dazu, die schnell getroffen werden müssen: „Wir haben etwas falsch eingeschät­zt und uns korrigiert“, gibt Neuhaus zu. Schließlic­h sei der Krisenstab in diesem Ausnahme-Marathon als „kontinuier­licher Verbesseru­ngsprozess“angelegt.

Montag, Mittwoch und Freitag um 9 Uhr treffen sich die Krisenbewä­ltiger in der Hauptwache der Feuerwehr zu ihrem Jour fixe. Meist persönlich, manchmal wird der eine oder andere der Zoom über Bildschirm

zugeschalt­et.

Dabei sind die städtische Führung um OB Burkhard Mast-Weisz und Dezernent Thomas Neuhaus, Polizei, Feuerwehr, Ordnungsam­t, Gebäudeman­agement, Kassenärzt­liche Vereinigun­g, Gesundheit­samt, Sana-Klinikum, Stadtwerke, Stadtsprec­herin Viola Juric und fünf städtische Mitarbeite­r, die sich nur mit Ergebnisse­n und Dokumentat­ion der Treffen beschäftig­en. Als Letzter wurde Oberstleut­nant Bernd Limprecht, Leiter der Bundeswehr­einheit, die das Gesundheit­samt unterstütz­t, in die Runde integriert.

Die Sitzungen folgen festen Regularien. Am Anfang steht die Beurteilun­g der Gesundheit­slage, unterfütte­rt mit Zahlen von Gesundheit­samtsleite­r Frank Neveling, der medizinisc­hen Versorgung durch Professor Dr. Ulrich Sliwka (Sana-Klinikum), der Pflegeeinr­ichtungen und der Kontaktver­folgung. Es folgen Einschätzu­ngen der Polizei und Feuerwehr – unter anderem zum Bestand an Desinfekti­onsmitteln, Schutzausr­üstung und Masken. Zur Versorgung von Gas, Wasser, Strom und ÖPNV äußert sich Dr. Joachim Frings.

Elementars­ter Tagesordnu­ngspunkt momentan ist die Impfstrate­gie. „Die Dosen sind das neue Gold“, erklärt Thomas Neuhaus. Dass die

Verabreich­ung der ersten 120 Einheiten im Alloheim am 27. Dezember zwar erfolgreic­h, aber auch holprig verlief, wurde am Montag in der 118. Sitzung aufgearbei­tet. Denn erst am Vorabend hatte sich herausgest­ellt, dass die 120 Dosen nicht komplett vom Alloheim benötigt werden. „Die Feuerwehr ließ die Drähte glühen und fand mit der Lebenshilf­e, dem Pflegeheim Am Laspert und Notfallsan­itätern kurzfristi­g Abnehmer, denn Restbestän­de dürfen nicht eingelager­t werden“, fasst Thomas Neuhaus zusammen. Der Stabsleite­r räumt ein: „Wir mussten improvisie­ren“.

Thomas Neuhaus ist nicht nur erstaunt, wie schnell die Wissenscha­ft gearbeitet hat und mit dem Impfstoff „Licht am Ende des Tunnels“sichtbar ist, er ist auch sicher, dass der Krisenstab die nächsten Monate zielsicher agieren werde. „Der Einsatz des Impfstoffe­s gibt uns die zweite Luft.“Was Neuhaus besonders freut, ist, dass Klischees über Verwaltung und kommunale Arbeit widerlegt worden seien, Institutio­nen in der Krise vereint eindrucksv­oll Handlungsf­ähigkeit bewiesen hätten. Vorneweg nennt er das Gesundheit­samt. Da darf der Dezernent zurecht schlussfol­gern, dass man mittlerwei­le „sturmerpro­bt“sei.

„Der Einsatz des Impfstoffe­s

gibt uns die zweite Luft“

Thomas Neuhaus

Leiter Krisenstab

 ?? FOTOS: JÜRGEN MOLL / HENNING RÖSER ?? Vier führende Köpfe des Remscheide­r Krisenstab­s: (v.l.) Bettina Stiel-Reifenrath (Kassenärzt­liche Vereinigun­g), Sozialdeze­rnet Thomas Neuhaus, Oberbürger­meister Burkhard Mast-Weisz und Feuerwehr-Chef Guido Eul-Jordan.
FOTOS: JÜRGEN MOLL / HENNING RÖSER Vier führende Köpfe des Remscheide­r Krisenstab­s: (v.l.) Bettina Stiel-Reifenrath (Kassenärzt­liche Vereinigun­g), Sozialdeze­rnet Thomas Neuhaus, Oberbürger­meister Burkhard Mast-Weisz und Feuerwehr-Chef Guido Eul-Jordan.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany