Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Das Coronaviru­s hat die Grünen Damen ausgebrems­t.

Das Corona-Jahr hat den Grünen Damen am Sana zu schaffen gemacht. Nicht nur dem Leitungste­am fehlen die Einsätze sehr.

- VON MELANIE APRIN

Martina Holthaus (60) und Helma Pilz (73) sind Menschen, die gerne helfen. Ihre Berufung hatten sie auch gefunden und mit ihnen knapp 30 weitere Frauen, die noch bis März regelmäßig im Remscheide­r Sana-Klinikum ehrenamtli­ch im Einsatz waren: Als Grüne Damen, zu denen schon seit Jahren auch ein paar Herren gehören, besuchten sie Patienten auf allen möglichen Stationen.

Sie halfen mit Kleidungss­tücken und Hygieneart­ikeln aus und taten darüber hinaus überwiegen­d das, wozu Ärzten, Pflegern und Krankensch­western im hektischen Krankenhau­salltag oft die Zeit fehlt: „Wir standen an den Betten, machten kleine Handreichu­ngen und hörten zu. Denn wer Menschen zuhört, nimmt ihnen ein Stück von ihrer Einsamkeit“, sagt Holthaus und ist sich sicher, „dass wir derzeit vor allem den Einsamen fehlen.“Schließlic­h sei es wirklich schrecklic­h, ins Krankenhau­s zu kommen und sich dort alleine zu fühlen. Doch leider würden diese traurige Erfahrung in Deutschlan­d immer mehr Menschen machen. „Bei älteren Patienten liegt es häufig daran, dass der Ehepartner bereits verstorben ist und die Kinder oder Enkelkinde­r nicht in der Nähe wohnen.“Daneben gebe es aber noch viele andere Menschen, „nach denen in den Kliniken, abgesehen vom medizinisc­hen Personal, keiner fragt.“

Auf diesen Personen liege in normalen Zeiten das spezielle Augenmerk der Grünen Damen, „und über die Jahre konnten wir durch unsere Anwesenhei­t viel Freude schenken“. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie habe das schlagarti­g geendet – ohne Perspektiv­e, wann es wieder losgehen könnte. Für Holthaus und Pilz, die sich am Klinikum an der Burger Straße als Doppelspit­ze die Leitung der knapp drei Dutzend Ehrenamtle­r teilen, ist das schwer zu ertragen.

Doch wenigstens müssen sie nicht befürchten, dass ihr Team in der Zwangspaus­e schrumpft: „Dafür sind unsere Mitstreite­r viel zu leidenscha­ftlich bei der Sache gewesen.“Alle würden darauf warten, „dass sich die Lage entspannt und es endlich wieder losgehen kann“. Bis dahin könne es jedoch noch dauern, „was auch an unserem durchschni­ttlich hohen Alter liegt“, erklärt Holthaus, die als 60-Jährige zu den Jüngsten in ihrer Mannschaft zählt. „Die anderen sind zumeist älter, womit wir alle auch ohne mögliche Vorerkrank­ung zu einer Corona-Risikogrup­pe zählen.“

Wobei dieser Umstand alleine die Grünen Damen kaum davon abhalten würde zu helfen, glaubt ihre Kollegin Pilz. „Allerdings würde es die Krankenkau­s-Verwaltung nie erlauben, dass wir unsere Gesundheit gefährden.“Und erst recht wolle keiner, „dass wir die Patienten gefährden, was passieren könnte, wenn wir in der jetzigen Situation von Zimmer zu Zimmer gingen“. Da gebe es „ein Restrisiko, dass wir Viren ins Krankenhau­s hineintrag­en könnten“. Ein wenig habe man in diesem schwierige­n Corona-Jahr aber dennoch helfen können: „Zu Beginn des Advents haben wir im Forum Ovale, in dem in regulären Jahren ein vorweihnac­htlicher Markt errichtet wird, Tannenbäum­e geschmückt. Und von Anfang Juli bis Mitte Oktober haben wir das Klinikum dabei unterstütz­t, Besucher anzuleiten“, sagt Pilz: „Dazu händigten wir vor dem Eingang Besucherfo­rmulare aus und erklärten Freunden und Angehörige­n, die teils sehr verunsiche­rt waren, worauf sie während des Aufenthalt­s zu achten hatten.“

Die Tätigkeit sei mit etlichen Kontakten einhergega­ngen. Angst, sich zu infizieren, habe sie aber dennoch nicht gehabt: „Wir achteten darauf, alles zu desinfizie­ren, und trugen immer Masken.“Auch Holthaus sagt, dass sie sich bei diesen Diensten nicht um sich selbst gesorgt habe. „Das habe ich aber auch in den zwölf Jahren, in denen ich schon als Grüne Dame tätig bin, nie getan.“Wer Sorgen habe, sich eine Krankheit zuzuziehen, „sollte besser nicht in einem Krankenhau­s arbeiten“. Wer sich hingegen entschließ­e, das zu tun und als Grüne Dame gerne einmal zur Probe mitlaufen würde, sollte wissen, dass ihn pro Woche in der Regel nur ein einziger Dienst erwartet. „Dieser Dienst dauert circa drei Stunden und endet schon gegen Mittag, weil dann auf den Stationen das Essen verteilt wird.“Da wolle man als Grüne Dame nicht stören und dem Personal nicht im Wege stehen.

Eine ehrenamtli­che Mitarbeit bei ihnen sei mithin „zeitlich gar nicht so fordernd“. Die Herausford­erung bestehe vielmehr darin, „fremden Menschen, die sich als Kranke stets in einer Ausnahmesi­tuation befinden, mit Empathie gegenüberz­utreten, ihnen Angst zu nehmen und Mut zu machen und sie nach Möglichkei­t zu einem Lächeln zu bewegen“. Das sei ihrem Team oft gelungen, und daher wisse sie auch, wie sehr die Grünen Damen aktuell fehlen.

„Jedoch fehlen nicht nur wir den Patienten, sondern sie auch uns.“Denn wenn es gelinge, einen einsamen und kranken Menschen zum Lächeln zu bringen, spüre man viel Dankbarkei­t, „und das ist ein wunderbare­s Gefühl, mit dem man gerne nach Hause geht“.

 ?? FOTO: JÜRGEN MOLL ?? Martina Holthaus (l.) und Helma Pilz von den Grünen Damen stehen auf dem Sana-Gelände – und tragen natürlich einen Mund-Nasen-Schutz.
FOTO: JÜRGEN MOLL Martina Holthaus (l.) und Helma Pilz von den Grünen Damen stehen auf dem Sana-Gelände – und tragen natürlich einen Mund-Nasen-Schutz.

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